Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

31 
 August 
 
2017


 

DICHTUNG Johann Wolfgang von Goethe
LESUNG Gert Westphal


 

Des Menschen Seele gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es,
und wieder nieder zur Erde muß es, ewig wechselnd.

Strömt von der hohen, steilen Felswand der reine Strahl,
dann stäubt er lieblich in Wolkenwellen zum glatten Fels,
und leicht empfangen, wallt er verschleiernd,
leisrauschend zur Tiefe nieder.

Ragen Klippen dem Sturz entgegen,
schäumt er unmutig stufenweise zum Abgrund.

Im flachen Bette schleicht er das Wiesental hin,
und in dem glatten See weiden ihr Antlitz alle Gestirne.

Wind ist der Welle lieblicher Buhler;
Wind mischt vom Grund aus schäumende Wogen.

Seele des Menschen, wie gleichst du dem Wasser!
Schicksal des Menschen, wie gleichst du dem Wind!

 
 
10 
 Juni 
 
2017


 

Ich hätte einen “Schuss”, so sagte man, sei komisch, zu sehr verkopft, der sich meist selbst im Wege stehe.

Nun, so sei es: [sic!]
Interpunktionell richtig gelesen: ein Doppelpunkt (für meine weiteren Anmerkungen).

Denn egal auch, welche Position ich einnehme:

[1]
Verneine ich die Auffassung meiner sozialen Umwelt mit den Worten “Man versteht mich nur nicht und gebe sich auch nicht annähernd die Mühe, mich zu versehen”, müsste ich mich dem Gelächter aussetzen, ich würde als “unentdecktes Genie” mich posen.

[2]
Würde ich der Meinung meiner Mitmenschen allerdings beipflichten, so müsste ich mich selbst verneinen.

Ich werde daher weder das eine noch das andere tun, sondern still mich ergeben, nur dem “inneren Führer” (Hesse) folgen.

So sei es. [sic!] Nun setze ich den (Schluss-)Punkt.

Der alte Narr

    Ein Künstler auf dem hohen Seil,
    Der alt geworden mittlerweil,
    Stieg eines Tages vom Gerüst
    Und sprach: Nun will ich unten bleiben
    Und nur noch Hausgymnastik treiben,
    Was zur Verdauung nötig ist.
    Da riefen alle: »O wie schad!
    Der Meister scheint doch allnachgrad
    Zu schwach und steif zum Seilbesteigen!«
    Ha! denkt er. Dieses wird sich zeigen!
    Und richtig, eh der Markt geschlossen,
    Treibt er aufs neu die alten Possen
    Hoch in die Luft, und zwar mit Glück,
    Bis auf ein kleines Mißgeschick.
    Er fiel herab in großer Eile
    Und knickte sich die Wirbelsäule.
    »Der alte Narr! Jetzt bleibt er krumm!«
    So äußert sich das Publikum.

 

Textdichter Wilhelm Busch
Lesung Florian Friedrich

 
 
15 
 März 
 
2013


 

Des Menschen Seele gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es,
und wieder nieder zur Erde muß es, ewig wechselnd.

Strömt von der hohen, steilen Felswand der reine Strahl,
dann stäubt er lieblich in Wolkenwellen zum glatten Fels,
und leicht empfangen, wallt er verschleiernd,
leisrauschend zur Tiefe nieder.

Ragen Klippen dem Sturz entgegen,
schäumt er unmutig stufenweise zum Abgrund.

Im flachen Bette schleicht er das Wiesental hin,
und in dem glatten See weiden ihr Antlitz alle Gestirne.

Wind ist der Welle lieblicher Buhler;
Wind mischt vom Grund aus schäumende Wogen.

Seele des Menschen, wie gleichst du dem Wasser!
Schicksal des Menschen, wie gleichst du dem Wind!

 

Textdichter Johann Wolfgang von Goethe
Lesung Ulrich Mühe
Bereitstellung 59Berger