Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

13 
 August 
 
2011


 

Scheidend winkt des Liebeszaubers milder Flammenblick
verdüsternd letzten Loderschlag.

Das Lampenöl ist gänzlich aufgezehrt,
entsendet trägen Trauerflor
von irdisch verweilter Stätte
als dichtes Rauchgeschleier
mit schwerer Flügelschwinge.

Und mit ihr flieht das kühne Hoffen
entschwelgt, erkühlter Brust.

Der stumme Sterbensgruß
haucht eises Herzensregen
raut Glieder und den samt’gen Blick,
schallt jenen trauten Heimatruf,
der einst mit holder Himmelsmacht
im Taumel regen Busens
die Herzenssäulen wanken ließ.

Wo einst der Liebe Treueschwur
auf keucher Lippe glühte,
das Wangenbeet mit Rosenzier erblühte,
obsiegt nun äschern Schattenwurf,
drang Wollust sich ins Liebesreich
und Flammen der wilden Gelüste
entweihten dreist mit lohem Steppenbrand
der Wangen heil’ge Erde.

Gewiss, auch Dich, Eros,
Du mildbeflammter Seelenwächter,
entwaffnet rege Frevelhand des Mächtigen,
entreisst den sich’ren Schaft
der ölgetränkten Fackel Dir
und tauchet sie in Lethes Leidensstrom
mit kraller Bärenpranke nieder.

Oh, heilige Liebesbande,
deines festen Griffes Treugeleit
entglitt mir schon auf halbem Wege.

Denn gleich des Kometen verglühenden Glanzes,
als silberner Himmelsstreif flüchtiger Schöne
und Spielball der sphärischen Mächte,
so wandelt sich hier nun im Trauerland
der Liebenden tröstlicher Abendstern
grell niedergleisend zu Erdenstaub,
als Streu des launischen Windes.

 
 
24 
 Juli 
 
2011


 

Innerhalb des großen Feldes der Metrik (Verslehre) existiert der Begriff des alternierenden Verses.
Auf den Unterschied zwischen quantifizierenden und akzentuierender Metrik möchte ich hier nicht eingehen.
Um es in aller Knappheit zu erklären:
Im Deutschen gibt es betonte und unbetonte Silben, lange und kurze Silben.
Abgesehen von Vorsilben (Präfixe) oder dergleichen liegt die Betonung bei deutschen Wörtern immer auf der ersten Silbe.
Beispiel: Wie-se, Blu-me, Kin-der, Frau-en, Fecht-kunst.

Nebenei erwähnt -und zur Verdeutlichung- wird im Französischen meist endbetont,
Beispiel: par-don, mer-ci, bud-get, des-sert.

Fügt man mehrere Wörter zu einem Satz zusammen, so kann man bei richtiger Wortwahl einen Wechsel von betonten und unbetonten Silben, eine Hebung und Senkung der Satzmelodie erreichen, was den alternierenden Vers bezeichnet.

Beispiel: “Das Weib ist ein gebrechlich Wesen” (aus: “Maria Stuart” von Friedrich Schiller)

 

Jetzt gibt es aber auch Wörter, die je nach Sprachrhythmus in ihrer Betonung unterschiedlich betont ausgesprochen werden können.

Beispiel: “Weihnachtsgeld”
Ein deutsches Wort, daher Betonung am Anfang: “Weih-nachts-geld”.
Es handelt sich hierbei sogar um einen Daktylus: betont-unbetont-unbetont.

Das gleiche Wort kann allerdings auch anders betont werden,
zum Beispiel innerhalb der jambischen Zeile (unbetont-betont-unbetont-betont-…):
“Das Weihnachtsgeld macht alle glücklich!”

Die Betonung eines Wortes bezieht sich also nicht nur auf seine ureigene Betonung, sondern ist abhängig vom Kontext, vom “sprachrhythmischen Zusammenhang”.

Interessant fände ich daher, einmal das Eheversprechen genauer zu betrachten.
Welcher Silbenrhytmus liegt eigentlich vor auf die an den Bräutigam gerichteten Frage:
Willst du Anna nun zu deiner anvertrauten Frau heut’ nehmen,
so sprech’ laut vor aller Ohren: “Ja, ich will !” ?

Antwortet der Bräutigam jetzt aus Überzeugung -an den Sprachfluss angelehnt- mit “Ja, ich will !” (nicht mit einer Echolalie [1]die Wiederholung vorgesagter Phrase zu verwechseln!) ?
JA und WILL wären betont, somit betonungskonform und würden auf metrischer Ebene den gefassten Entschluss zur Ehe geradezu untermauern und die Absicht eines lebenslangen Bundes suggerieren.

Vielleicht ist die Redeformel aber auch daktylisch (betont-unbetont-unbetont): “Ja, ich will!”?
WILL‘ bliebe also unbetont und könnte alsbaldige Scheidungsabsichten signalisieren.

Fußnoten[+]

 
 
20 
 Juni 
 
2011


 


Auszug aus “Cyrano de Bergerac”

Wird man denn durch einen Kuss zum Diebe ?
Er ist ein trauliches Gelübde nur,
ein zart Bekenntnis, ein gehauchter Schwur.
Ein Rosenpünktchen auf dem “i” der Liebe,
ein Wunsch, dem Mund gebeichtet statt dem Ohr.
Ein liebliches Geräusch wie Bienensummen,
ein Traum der Ewigkeit, ein duftiges Verstummen,
die Seele schwebt zum Lippenrand empor
und gibt sich als ein süßes Naschwerk hin.