Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

3 
 April 
 
2016


 

 

Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum.
Dort wo die Kinder schläfern, heiß vom Hetzen,
dort wo die Alten sich zu Abend setzen,
und Herde glühn und hellen ihren Raum.

Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum.
Dort wo die Abendglocken klar verklangen
und Mädchen, vom Verhallenden befangen,
sich müde stützen auf den Brunnensaum.

Und eine Linde ist mein Lieblingsbaum;
und alle Sommer, welche in ihr schweigen,
rühren sich wieder in den tausend Zweigen
und wachen wieder zwischen Tag und Traum.

Aus: Frühe Gedichte

Dichtung Rainer Maria Rilke
Lesung Oskar Werner

 
 
4 
 September 
 
2012

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DICHTUNG Gottfried Benn
LESUNG Gottfried Benn



Astern – schwälende Tage,
alte Beschwörung, Bann,
die Götter halten die Waage
eine zögernde Stunde an.

Noch einmal die goldenen Herden,
der Himmel, das Licht, der Flor,
was brütet das alte Werden
unter den sterbenden Flügeln vor?

Noch einmal das Ersehnte,
den Rausch, der Rosen Du –
der Sommer stand und lehnte
und sah den Schwalben zu,

Noch einmal ein Vermuten,
wo längst Gewissheit wacht:
Die Schwalben streifen die Fluten
und trinken Fahrt und Nacht.

 
 
3 
 September 
 
2012

abgelegt in
Jürges, Holger

 

 

In schweren Zimmern leben,
wo langsam alle Zeit verrinnt; –
nach Zeitvertreib sie streben,
mit Augen, die erloschen sind.

Nur manchmal scheint dann Traurigkeit
wie unter einem Tuch heraus -,
dann tritt ein Ahnen groß und weit
in bittendes Verzeih’n hinaus.

Wo draußen wacht und atmet seine Erde,
verirrt sich dann und wann ein Kind -,
hält liebend Ausschau nach dem großen Erbe,
das leise streichelt wie ein Wind…

 

Textdichter Holger Jürges
Lesung Holger Jürges
Bereitstellung wortlover