| 5 März 2017 | |
Dichterarena
Nicht Pindar preis‘ ich, noch Ibykos, noch Alkaios,
das Pferdegespann antiker Dichtung…
Apoll nur, dem Lenker des Wagens, gilt Ruhm!
Denn erst wenn die Gottheit
den Zügel der sprachlichen Wendung wohl führt,
dem Versfuß sodann galoppierende Gräzie befehligt,
vollenden Dichter im Wettstreitgemenge die Laufbahn,
grünt ihnen der Lorbeer.
→ Hephaistos‘ Kunstschmiede
| 16 Juni 2016 | |
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Ganz still und stumm,
Es hat von lauter Purpur
Ein Mäntlein um.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem purpurroten Mäntelein?
Das Männlein steht im Walde
Auf einem Bein,
Und hat auf seinem Haupte
Schwarz Käpplein klein.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem kleinen schwarzen Käpplein?
Das Männlein dort auf einem Bein,
Mit seinem roten Mäntelein
Und seinem schwarzen Käppelein
Kann nur die Hagebutte sein!
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Das watet durch die Sümpfe.
Es hat ein schwarz-weiß Röcklein an,
Und trägt auch rote Strümpfe.
Es fängt die Frösche schnapp, schnapp, schnapp,
Und klappert lustig klapperdiklapp.
Wer kann es mir verraten?
Ihr denkt, das ist der Klapperstorch,
Der watet durch die Sümpfe?
Weil er ein schwarzweiß Röcklein hat,
Und trägt auch rote Strümpfe?
Zwar fängt er Frösche schnapp, schnapp, schnapp
Und klappert lustig klapperdiklapp.
Doch es ist die Frau Störchin!
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Die hat der goldne Mond
Der hinter unsern Bäumen
Am Himmel droben wohnt.
Er kommt am späten Abend,
Wenn alles schlafen will,
Hervor aus seinem Hause
Am Himmel leis und still.
Dann weidet er die Schäfchen
Auf seiner blauen Flur:
Denn all die weißen Sterne
Sind seine Schäfchen nur.
Sie tun sich nichts zuleide,
Hat eins das andre gern,
Und Schwestern sind und Brüder
Da droben Stern an Stern.
Wenn ich gen Himmel schaue,
So fällt mir immer ein:
O lasst uns auch so freundlich
Wie diese Schäfchen sein!
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Aber dein Scheiden macht,
Dass jetzt mein Herze lacht.
Winter ade!
Gerne vergess ich dein,
Kannst immer ferne sein.
Gehst du nicht bald nach Haus,
Lacht dich der Kuckuck aus.
Winter ade!
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Lasset uns singen,
Tanzen und springen!
Frühling, Frühling wird es nun bald.
Kuckuck, Kuckuck lässt nicht sein Schrein:
Komm in die Felder,
Wiesen und Wälder!
Frühling, Frühling, stelle dich ein!
Kuckuck, Kuckuck, trefflicher Held!
Was du gesungen,
Ist dir gelungen:
Winter, Winter räumet das Feld.
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Die hatten großen Streit,
Wer wohl am besten sänge
Zur schönen Maienzeit.
Der Kuckuck sprach: »Das kann ich!«
Und hub gleich an zu schrein.
»Ich aber kann es besser!«
Fiel gleich der Esel ein.
Das klang so schön und lieblich,
So schön von fern und nah.
Sie sangen alle beide:
Kuku kuku ia!
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Alle Vögel, alle!
Welch ein Singen, Musizieren,
Pfeifen, Zwitschern, Tirelieren!
Frühling will nun einmarschieren,
Kommt mit Sang und Schalle.
Wie sie alle lustig sind,
Flink und froh sich regen!
Amsel, Drossel, Fink und Star
Und die ganze Vogelschar
Wünschet uns ein frohes Jahr,
Lauter Heil und Segen.
Was sie uns verkünden nun,
Nehmen wir zu Herzen:
Wir auch wollen lustig sein,
Lustig wie die Vögelein,
Hier und dort, feldaus, feldein
Singen, springen, scherzen!
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Und es muss geschieden sein:
Traurig ziehn wir unsre Straße.
Lebe wohl, mein Schätzelein!
Lauter Augen, feucht von Tränen,
Lauter Herzen, voll von Gram:
Keiner kann es sich verhehlen,
Dass er schweren Abschied nahm.
Kommen wir zu jenem Berge,
Schauen wir zurück ins Tal,
Schaun uns um nach allen Seiten,
Sehn die Stadt zum letzten Mal.
Wenn der Winter ist vorüber,
Und der Frühling zieht ins Feld,
Will ich werden wie ein Vöglein,
Fliegen durch die ganze Welt.
| 10 Mai 2016 | |
Verfügbare Instrumente durch sein Studium:
Philosophie: Logisch zu denken, Sachverhalte zu erkennen
Soziologie: Die richtige Frage zu stellen!
(„Eine gut gestellte Frage ist schon halb beantwortet.“)
| 23 Mai 2011 | |
Nicht Klopstock preis‘ ich, noch Goethe, noch Schiller, das Pferdegespann der Weimarer Klassik! Apoll nur, dem Lenker des Wagens, gilt Ruhm.
Denn erst wenn die Gottheit den Zügel der sprachlichen Wendung
wohl führt, dem Versfuß sodann galoppierende Gräzie befehligt,
vollenden Dichter im Wettstreitgemenge die Laufbahn,
grünt ihnen der Lorbeer.
| 1 Januar 1995 | |
im Widerstreit mit Apollo’s goldenen Harfenklängen
Ein Loblied auf die Vielfalt des Lebens,
die Wahrung der Identität trotz intellektueller Schwankungen
im Erdental tümmelnden MenschengevolksEs spielen
Thor
in moderner Befrackung wie T-Shirt, Bermuda-Hose, Sonnenbrille,
wanderträchtiges Schuhwerk (hochgeschnürte orthopädische Schuhe),
Haare eingegeelt und grüngefärbt
steht symbolisch für
(behinderte) Menschen mit motorischen (spastischen) Einbußen,
allerdings Höchstmaß an IndividualitätApollo
gegenwärtig in Gestalt eines liebsäuselnden Windstoßes
steht symbolisch für
das menschliche (utopische) Idealbild,
Nichtduldung „unterentwickelten“ Daseins,
Klischeedenken vieler „Normal-Menschen“ (Uniformität)
Einst ersann Thor, sich des Menschen Schlagzeug zu bemächtigen und trat bei Apollo in die Akademie der musischen Künste.
Thor, im Unterrichtssaal auf den Meister harrend und von tatendrängender Ungeduld getrieben, ließ sich wirkenden Sinnes hinter einem Schlagzeug nieder und versucht nun eigenmanierlich, dem Instrumente Töne zu entlocken.
Apollo kommt windesheulend bestürzt herbeigeeilt.
Apollo
Seht, seht ! Ein Jugendsproß, der dem Zeitgeist frönt,
dem musisches Taktgefühl gänzlich entwöhnt,
betäubet mir mein Zartgehör, bedrängt
die laue Magengrube und verrengt
mit Trommelwirbel und Paukenlärm
das sich verkrampfende Gedärm …
Thor
Dies Stöckeschlagen ist der Puls der Zeit,
der rasend schlägt und hämmernd Euch befreit
vom Packeis treibender Traditionen …
Apollo
leicht in Rage
… und dafür pfleg‘ ich keine Ambitionen !!!
– Pause – danach ernüchtert Thor belächelnd
Nehmt Euch doch selbst in Augenschein :
Die Haarestracht, verkrustet zu Zementgestein,
und grüngefärbt, mich dünkt sie schimmlich!
Der schnöde Kleidertand,
dies kostümierte Flattergewand,
erscheint vom Preis mir unerschwinglich,
weil selbst der Schneider teuren Stoff einsparte,
sodaß im Arm- und Beinbereich,
bloßgelegt das nackte Fleisch,
sowohl das zärtlich glatte als auch das kräuselnde behaarte !
Welch Nutzen zollen diese dunklen Augengläser ???
Seid ihr am grauen Star erkrankt ?
Plagt Euch ein körperlich‘ Gebrechen,
denn weil der schwanke Gang sonst wankt,
der keineswegs von Standvermögen ist beseelt
schnürt ihr das Schuhwerk, wie Efeupflanzen hochgerankt,
das Eure schlaffen Sehnenbänder stählt ?
Ein Ausbund modischer Vernarrtheit,
ein Schmückstück jeglichen Maskenballs
gibt Zeugnis unredlichen Modezerfalls,
des Menschen Wahnsinns wohl geweiht ?
Thor
Ihr schimpfet meine grelle Garderobe,
blanke Tändelei der Zeit,
doch seid gewiß, daß ich mit vollem Lobe
mich rühme dieser Kläglichkeit.
Apollo findet keine argumentative Erwiderung und läßt sich an der Harfe nieder
Apollo
Der Worte sind genug geflossen,
so laßt uns unbefangen, unverdrossen,
zu tätigem Werke nunmehr schreiten,
Euren ungebändigten Geiste striegeln,
den wildentflammten zum Gleichmaß zügeln,
sogleich in luft’ge Höhen aufzugleiten,
wo güld’ne Klänge uns entgegensonnen,
himmlische Harfenlaute uns bewonnen,
und von seliger Lauterkeit betört
des Herzen’s Einheit wiederkehrt,
die Ihr mit lautem Getöse entzweie schluget !!!
Ihr, Banausen-Hirn, schleicht Euch unbefuget
ins musikalische Konstrukto,
obwohl des Genius Mächten Euch entfloh.
Ihr schlürft aus seichten, stinkenden Tümpeln,
muß eines Besseren Euch belehr’n,
den geistigen Unrat zu entrümpeln,
das Herzensstübchen auszukehren.
Senkt seinen Blick
Lauscht meinem zarten Windesspielen
und laßt den überhitzen Geist Euch kühlen,
der sonst in blinder Raserei verglüht,
denn nur wer ohne Unterlaß bemüht,
den dumpfen Hammerschlag schmetternder Stöckchen,
bleibeschwert,
verkehrt
in einen sanften Schwebeflug eiskristall’ner Flöckchen,
vermag durch bedächtiges Trommelstreicheln,
dem sinnenden Publikum genüßlich zu schmeicheln.
Ihr schürt verwegen
des Herzen’s Ofen voller Überschwang,
daß jede süße Speise überkocht.
Apollo’s Götterodem streicht belebend durch die aeolische Harfe
Apollo
Verspürt hingegen
der Seele leichten Wellengang,
der flehend an die Herzenspforte pocht,
Wie bunte, aufgestiegene Herbstwinddrachen
bricht helles, unbeschwertes Kinderlachen,
sich unaufhaltsam Bahn,
erkaltete Herzen sonnen sich warm,
es schmilzet jeglich Herzensgram,
süß verfallend diesem heiligen Wahn.
Thor mißachtet die belehrenden Worte und trommelt nach eigenem Gutdünken wild darauf los …
Apollo
Gemach, gemach,
als ob ein Bienenschwarm
Euch stach,
erlieget ihr der wilden Tobsucht,
mit voller, ungedämpfter Wucht,
dem Instrumente Klänge zu entlocken –
Und anstatt in Augenleuchten zu frohlocken,
muß mir der rauhe Atem stocken.
Laßt doch Eurer Stöcke Donnerbeben,
voller Anmut niederschweben.
Thor
Wenn mich der Muse Freudenschauer küßt,
so biet‘ ich auch die and’re Wange dar.
Doch wenn der Plagegeister Polterschar
mich bedränget, würgend brüst’t,
entfliehet der seligen Empfindung Überschwang.
Zerronnen ist der Seele hebender Lobgesang
und der Freude Jubelklang ermattet,
wenn Seelengrame schwängernd mich begattet.
Gewiß,
der mißratende Ton
klang holder schon.
Ihr seid lichtend rege in Euren Schädelwänden.
Ich leid‘ gichtend träge an schroffen Künstlerhänden.
Eure geistige Liebkosung
kündigt sich durch Flüsterung,
meidend jegliche Ertosung.
Meine aufgescheuchten Bässe
der Musen heiterer Exzesse
unholdsamen Kusses
gebieret des Musicuses
eintretende Blässe.
Ihr zupft der Musen goldene Saite,
das Harfenspiel auf himmlischer Weide
und schimpfet meine schlichten Künste
des Banausen närrischen Ausgedünste.
Sprecher
Doch wessen Gesanges rührende Kunst,
erntet des Hörer’s applaudierende Gunst ???
Der Rauscher schrillen ultimativen Trommelgeblänges ?
Der Flauscher stillen rezitativen Operngesänges ?
Totenbleich vegetieren ?
Farbenfroh brillieren ?
Rebellisch aufwühlsam ?
Höllisch einfühlsam ?
Dumpfes Bässe-Scheppern ?
leckeres Tönekleckern ?
Promptgebärender Regenprall ?
Ewigwährender Wasserfall ?
Ölige Sommerpfütze ?
Morgentau-Geklitze ?
Verhöhntes krönen ?
Verschöntes verpönen ?
Wem nun Schulterklopfen löhnen ?
Sind schon die abstrusen Klänge
Kind vom Musengeschwänge ???
Mehr ein mitleidbegossenes Sorgenkind
kunstbefrackter Ohrenschmauser
schwärmend reckend
für den melodiösen Säuselwind.
Ein abgelackter Ohrenbrauser
wärmend streckend
indes findend sich ersinnt
in den lautgebarenden Künsten wildem Gehege
des Donnerwaltens rauhem Stege
hagelschmetternden Gelautens
des Leben’s Fährte goldenem Wege.
Verschmähet die tiefragenden Gründe
der sanften ‚Streicher‘-Winde
still bewogten seligssprechenden Flautens.
Erfreut
sich jeglicher Dornensaat,
was reißend wunded,
wird ergötzlich befunded,
schwant seinem Herzen butterzart
und dünkt sich fest vertäut
im Hafen höchster Sinnesfreud‘.
So bricht sich selbst des Leben’s Woge Bahn :
Dem rauhen Geist sonnt Klingelglöckchen schlicht profan,
ihm wonnet mehr pompöses Glockengeläut.
Dem zarten Kind indes der seligen Musengötter,
entfliehet den Klängen lauttösendem Gewetter.
Es rühmet sich des Schöpfer’s Werke
in bunter, mannigfaltiger Gestalt
erlanget wahre Glanzesstärke
erst durch der Fülle wechselnder Gewalt.
Und so wie Flora tausendblütig farbenlichtern
die Waldbewohner brüderlich versühnt,
wird erst im trauten Bunde aller Stände,
der Wohlgewandeten und Schlichter’n,
durch Segensgruß lorbeerumwund’ner Hände
der Menschen Freunschaftsband begrünt.






















