Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

28 
 April 
 
2012

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

Tausend Dank an Lutz Görner für die Einstellung auf YouTube!
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»Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen, sondern außerdem die Poesie mit Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen.

Sie will und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig und
das Leben und die Gesellschaft poetisch machen.

Sie allein ist unendlich, wie sie allein frei ist, und das oberste Gesetz anerkennt, dass die Willkür des Dichters kein Gesetz über sich leide. Denn das ist der Anfang aller Poesie, den Gang und die Gesetze der vernünftig denkenden Vernunft aufzuheben
und uns wieder in die schöne Verwirrung der Phantasie, in das ursprüngliche Chaos der menschlichen Natur zu versetzen, für das ich kein schöneres Symbol kenne, als das bunte Gewimmel der alten Götter.«

Friedrich Schlegel

 

 

Hymne an die Nacht (3:36)
Novalis (1772 – 1801)

Hinüber wall ich,
Und jede Pein
Wird einst ein Stachel
Der Wollust sein.

Noch wenig Zeiten
So bin ich los
Und liege trunken
Der Lieb im Schoß.

Unendliches Leben
Wogt mächtig in mir,
Ich schaue von oben
Herunter nach dir.

An jenem Hügel
Verlischt dein Glanz –
Ein Schatten bringet
Den kühlenden Kranz.

O! sauge, Geliebte,
Gewaltig mich an,
Dass ich entschlummern
Und lieben kann.

Ich fühle des Todes
Verjüngende Flut,
Zu Balsam und Äther
Verwandelt mein Blut –

Ich lebe bei Tage
Voll Glaube und Mut
Und sterbe die Nächte
In heiliger Glut.

 

 
Wunder der Liebe (5:02)
Ludwig Tieck (1773–1853)

Mondbeglänzte Zaubernacht,
Die den Sinn gefangen hält,
Wundervolle Märchenwelt,
Steig auf in alter Pracht!

Liebe lässt sich suchen, finden,
Niemals lernen oder lehren.
Wer da will die Flamm entzünden,
Ohne selbst sich zu verzehren,
Muss sich reinigen von Sünden.

Liebe denkt in süßen Tönen,
Denn Gedanken stehn zu fern.
Nur in Tönen mag sie gern
Alles, was sie will, verschönen.

 

 
Die Sprache der Liebe – Erste Weise (6:21)
August Wilhelm Schlegel (1770 – 1843)

Worte sind nur dumpfe Zeichen,
Die Gemüter zu entziffern,
Und mit Zügen, Linien, Ziffern
lässt sich Wissenschaft erreichen.
Doch seht! Aus des Äthers Reichen
Lässt ein Bild des ewgen Schönen
Nieder zu der Erde Söhnen
Sich in Bild und Ton nun schicken.
Liebe spricht in hellen Blicken,
Liebe denkt in süßen Tönen.

Liebe stammt vom Himmel oben,
Und so lehrte sie der Meister,
Welchen seine hohen Geister
In der selben Sprache loben.
Denn beseelt sind jene Globen.
Strahlend redet Stern mit Stern
Und vernimmt den andern gern,
Wenn die Sphären rein erklingen.
Ihre Wonn ist Schaun und Singen,
Denn Gedanken stehn zu fern.

Stumme Zungen, taube Ohren,
Die des Wohllauts Zauber fliehn,
Wachen auf zu Harmonien,
Wenn die Lieb sie neu geboren.
Angeschienen von Auroren,
Deren Strahlen leis und fern,
Haucht die Lieb aus starrem Kern
Ihre Sehnsucht aus in Liedern.
Und der Sonne Gruß erwidern,
Nur in Tönen mag sie gern.

Töne sind die Kunst der Liebe.
In der tiefsten Seel empfangen,
Aus entflammendem Verlangen
Mit der Demut heilgem Triebe.
Dass die Liebe treu sich bliebe,
Zorn und Hass sich ihr versöhnen,
Mag sie nicht in raschen Tönen,
Nur mit heitrer Jugend scherzen.
Sie kann Tod auch, Trauer, Schmerzen
Alles, was sie will verschönen.

 
 
3 
 Oktober 
 
2008


 

Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein


 
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Rezitierte Gedichte

 
Auf die Gesundheit meiner LIebsten (1:33)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Was ich schlafe, was ich wache,
was mir träumet für und für,
was mir Angst macht, was Begier,
was ich lasse, was ich mache,
was ich weine, was ich lache;
was ich nehm’ an Kost zu mir,
schreibe, lese, denke hier
die und die und diese Sache,
was ich nicht tu, was ich tu,
Nichts und Alles, reis’ und ruh’,
Angst und Freuden, Lust und Schmerzen,
dieses Alles, Alles das
tu ich hier ohn’ Unterlaß
auf Gesundheit meines Herzen.

 

 
Wie er wollet geküsset sein (2:38)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Nirgends hin, als auf den Mund:
Da sinkts in des Herzen Grund.
Nicht zu frei, nicht zu gezwungen,
Nicht mit gar zu faulen Zungen.

Nicht zu wenig, nicht zu viel:
Beides wird sonst Kinderspiel.
Nicht zu laut und nicht zu leise:
Bei der Maß’ ist rechte Weise.

Nicht zu nahe, nicht zu weit:
Dies macht Kummer, jenes Leid.
Nicht zu trocken, nicht zu feuchte,
Wie Adonis Venus reichte.

Nicht zu harte, nicht zu weich,
Bald zugleich, bald nicht zugleich.
Nicht zu langsam, nicht zu schnelle,
Nicht ohn’ Unterschied der Stelle.

Halb gebissen, halb gehaucht,
Halb die Lippen eingetaucht,
Nicht ohn Unterschied der Zeiten,
Mehr alleine denn bei Leuten.

Küsse nun ein jedermann,
Wie er weiß, will, soll und kann!
Ich nur und die Liebste wissen,
Wie wir uns recht sollen küssen.

 

 
An Elsabe – Elsgens treues Herz (3:44)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Ein getreues Herze wissen,
Hat des höchsten Schatzes Preis.
Der ist selig zu begrüßen,
Der ein treues Herze weiß.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Läuft das Glücke gleich zu Zeiten
Anders, als man will und meint,
Ein getreues Herz hilft streiten
Wider alles, was ist feind.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Sein Vergnügen steht alleine
In des andern Redligkeit,
Hält des andern Not für seine,
Weicht nicht, auch bei böser Zeit.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Gunst, die kehrt sich nach dem Glücke,
Geld und Reichtum, das zerstäubt.
Schönheit läßt uns bald zurücke;
Ein getreues Herze bleibt.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Eins ist da sein und geschieden,
Ein getreues Herze hält,
Gibt sich allezeit zufrieden,
Steht auf, wenn es niederfällt.
lch bin froh bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

Nichts ist Süßers, als zwei Treue,
Wenn sie eines worden sein.
Dies ists, daß ich rnich erfreue,
Und sie gibt ihr Ja auch drein.
Mir ist wohl bei höchstem Schmerze;
Denn ich weiß ein treues Herze.

 

 
Zur Zeit meiner Verstoßung (5:03)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Ein Kaufmann, der sein Gut nur einem Schiffe traut,
Ist hochgefählich dran, indem es bald kann kommen,
Daß ihm auf einen Stoß sein ganzes wird genommen.
Der fehlt, der allzuviel auf ein Gelücke traut.

Gedenk ich nun an mich , so schauret mir die Haut:
Mein Schiff, das ist entzwei, mein Gut ist weggeschwommen.
Nichts mehr, das ist mein Rest, das machet kurze Summen.
Ich habe Müh und Angst, ein andrer meine Braut.

Ich Unglückseliger! meine Herze wird zerrissen,
Mein Sinn ist ohne sich; meine geist zeucht von mir aus.
Mein Alles wird nun Nichts. Was wird doch endlich draus?

Wär eins doch übrig noch, so wollt ich alles missen.
Mein teuerster Verlust, der bin selbselbsten ich.
Nun bin ich ohne sie; nun bin ich ohne mich.

 

 
Grabinschrift (7:01)
Paul Fleming (1609 – 1640)

Ich war an Kunst und Gut und Stande groß und reich,
des Glückes lieber Sohn, von Eltern guter Ehren,
frei, meine, kunte mich aus meinen Mitteln nähren,
mein Schall floh über weit, kein Landsman sang mir gleich,

von Reisen hochgepreist, für keiner Mühe bleich,
jung, wachsam, unbesorgt. Man wird mich nennen hören,
bis daß die letzte Glut diß Alles wird verstören.
Diß, deutsche Klarien, diß Ganze dank’ ich euch.

Verzeiht mir, bin ichs wert, Gott, Vater, Liebste, Freunde,
ich, sag’ ench gute Nacht und trete willig ab.
Sonst Alles ist getan bis an das schwarze Grab.

Was frei dem Tode steht, das tu er seinem Feinde.
Was bin ich viel besorgt, den Othem aufzugeben?
An mir ist minder Nichts, das lebet, als mein Leben.