Lyrik-Klinge

An mich selbst

Andreas Gryphius

Andreas Gryphius

Sonett // Andreas Gryphius // An sich selbst

 
An mich selbst

Mir grauet vor mir selbst, mir zittern alle Glieder,
Wenn ich die Lipp und Nas und beider Augen Kluft,
Die blind vom Wachen sind, des Atems schwere Luft
Betracht und die nun schon erstorbnen Augenlider.

Die Zunge, schwarz vom Brand, fällt mit den Worten nieder
Und lallt, ich weiß nicht was, die müde Seele ruft
Dem großen Tröster zu, das Fleisch ruft nach der Gruft.
Die Ärzte lassen mich, die Schmerzen kommen wieder.

Mein Körper ist nicht mehr als Adern, Fell und Bein.
Das Sitzen ist mein Tod, das Liegen meine Pein.
Die Schenkel haben selbst nun Träger wohl vonnöten.

Was ist der hohe Ruhm und Jugend, Ehr und Kunst?
Wenn diese Stunde kommt, wird alles Rauch und Dunst,
Und diese Not wird mich mit allem Vorsatz töten.

Die mobile Version verlassen