Lyrik-Klinge

Wintergewand

17/18.02.96, » 23.00 h

Der Berglandschaft üppiger Konturen,
bedeckt mit des weißen Leintuchs’ Schimmerglanz,
das unbefleckt und ohne Spuren
genäht ward von den Schneekristallen nächtlichen Tanz’,
erschufen ein strahlend schillerndes Festgewand,
das das Herz mir stahl und die Sinne bannt’.

Doch lenke nun dein Augenmerk
fernab von diesem bepuderten Zuckerwerk
gen Sternenhimmel schneeflockengeschmückt,
himmlischen Sphären nähergerückt :

Die weiße Flocke, wie sie gleitet,
sanft getragen von dem Wind,
von einem zarten Lüftelein geleitet
hinab zum schönen Erdenkind.

Doch wo läßt er sich nieder, der Schneekristall,
er findet Platz denn überall ?

Auf der Wiese, der Tanne, dem alten Dach,
oder im Walde, am rauschenden Bach?

Gesteh’ mir leis’ die holde Stätte,
mit der die Flocke Gefallen hätte!

Sie wär’ erfüllt mit süßem Dank,
fiel’ sie auf deine Fensterbank.
Zu schau’n dein Antlitz, das wäre gelind,
dort weht ein kühler, frischer Wind.

Dort isset auch erfüllt die Luft,
gewürzt mit Deinem Rosenduft.

Dann müsst’ vor Liebe ich zergeh’n,
weil du denn Wärme spendest,
und sie bei mir auch fändest,
und hülfe auch kein Fleh’n,
so möcht’ ich schmelzen zur Wasserträne,
zur Trauer dem Mädchen, nachdem ich mich sehne.

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