16 Dezember 2016 | |
Eine Benachteiligung von Senioren und damit eine klare Diskriminierung!
Ob die Banker von heute im Seniorenalter wohl auch – höherbetagt – eine Online-Überweisung in Mandarin, der vielleicht zukünftigen Weltsprache, ausfüllen werden, halte ich für fraglich.
Die Aneignung technokratischen Wissens wird allerdings heute von den Senioren abverlangt.
Es sind keine leichten Zeiten – weder für Banken, noch für ihre Kunden. Während die Verbraucher rätseln, wie sie angesichts niedriger Zinsen ihr Geld anlegen sollen, verdienen auch die Institute kaum noch am klassischen Einlagengeschäft. Die ersten Banken erhöhen deshalb ihre Gebühren: zum Beispiel für die handschriftliche Überweisung per Vordruck. Wer seine Rechnungen noch immer auf diese klassische Weise begleicht, muss künftig draufzahlen.
So verlangt die Postbank ab 1. April für jede Papierüberweisung, in der Fachsprache Überweisung per Beleg genannt, 99 Cent. Verschont bleiben nur Kunden, die ein Premium-Konto besitzen, für das sie entsprechend hohe Kontoführungsgebühren zahlen. Auch die Sparda-Bank Berlin kassiert ab: Seit 1. Januar verlangt sie 1,50 Euro pro Überweisungsträger, den Kunden handschriftlich ausfüllen und in der Filiale abgeben.
Einige Kunden wollen auf die Papier-Überweisungen nicht verzichten
Die Banken rechtfertigen diese hohen Gebühren damit, dass die Kunden Alternativen hätten. Sie können ihre Überweisungen schließlich online tätigen. Auch haben fast alle Institute in den Filialen Automaten stehen, an denen man seine Überweisungen eintippen oder einscannen kann. Nur: Das nutzen längst nicht alle Kunden. Es gibt immer noch eine Gruppe von Verbrauchern, die an der klassischen Überweisung per Papiervordruck festhält. Die Banken sehen das nicht gerne. Denn anders als beim Onlinebanking müssen die Mitarbeiter bei der Papierüberweisung jeden Beleg einzeln in die Hand nehmen und prüfen. „Uns entstehen dadurch hohe Kosten, die wir reduzieren wollen“, sagt Postbank-Sprecher Ralf Palm.
Verbraucherschützer halten diese Entwicklung für problematisch. Denn sie treffe vor allem Senioren sowie Niedrigverdiener, kritisiert Wolfgang Benedikt-Jansen, Rechtsanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden. Auch ist noch nicht geklärt, ob diese Gebühren überhaupt zulässig sind. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) erst kürzlich Gebühren, die Kunden pro Buchung zahlen, für rechtswidrig erklärt. Zwar lässt sich dieses Urteil nicht eins zu eins auf die Kosten für Überweisungen übertragen. Doch die Schutzgemeinschaft hat bereits angekündigt, den Fall zu prüfen und im Zweifel Klage einzureichen.
Was Kunden tun können
Verbraucher haben derweil vorerst kaum eine Möglichkeit sich gegen die Gebühren zu wehren – es sei denn sie wechseln das Institut. Zwar stellt die Postbank es ihren Kunden frei, Widerspruch einzulegen. Gleichzeitig behält sie sich für diesen Fall aber auch vor, das Konto von sich aus zu kündigen. Die Stiftung Warentest rät daher, die Bank anzuschreiben: Kunden sollten darauf hinweisen, dass sie die Regelung für unwirksam halten und sich daher vorbehalten, die Gebühren später zurückzufordern. Auf diese Weise sind sie auf der sicheren Seite: Sollte ein Gericht die Gebühren kippen, können Kunden sie sich dann nämlich leichter erstatten lassen – und zwar samt einer kleinen Zinsentschädigung.
Banken drängen Verbraucher zum Onlinebanking
Mit dem hohen Preis für die Überweisung per Beleg versuchen die Banken ihre Kunden auch dazu zu drängen, verstärkt das Onlinebanking zu nutzen. Doch ob das funktioniert, ist fraglich. Manche Kunden gewöhnen sich ungern um. Das zeigt das Beispiel der Sparda-Bank Berlin.
Früher hatte das Institut draußen an den Filialen spezielle Briefkästen angebracht. Dort konnten die Kunden ihre ausgefüllten Überweisungsbelege einwerfen. Das Problem war nur: Diese Kästen lassen sich leicht aufbrechen – mit der Folge, dass Kriminelle an Kontodaten und Unterschrift kommen. Aus Sicherheitsgründen hat die Bank die Kästen deshalb abgeschafft. Womöglich wollte das Institut die Kunden so auch sanft darauf hinweisen, dass sie ihre Überweisungen mittels eines Automaten einscannen können. Doch manche Kunden wollten sich einfach nicht umgewöhnen. Zum Teil sollen sie ihre ausgefüllten Vordrucke einfach unter der Tür durchgeschoben haben. Deshalb hat die Bank nun umgeschwenkt und in den Filialen neue Kästen für den Einwurf von Überweisungsträgern aufgestellt – und eben eine Gebühr von 1,50 Euro je Beleg eingeführt.
Die Institute dürften die Gebühren weiter erhöhenGlaubt man Oliver Mihm, Vorstandschef der Unternehmensberatung Investors Marketing, sind teure Überweisungen aber erst der Anfang. „Bei allen Banken ist die Erhöhung der Gebühren ein Thema“, sagt er. Die Institute müssten angesichts der niedrigen Zinsen zusehen, wie sie ihre Kosten in den Griff bekommen. Geld verdienen Banken im Privatkundengeschäft nämlich mit Zinsen und Provisionen. Doch an den Zinsen können sie nicht weiter drehen und die Provisionen zu erhöhen, verprellt die Kunden erst recht. „Deshalb kommen nun alle Leistungen rund ums Girokonto auf den Prüfstand“, sagt Mihm.
Quelle: Tagesspiegel