| 29 Juli 2023 | |
| DICHTUNG | Ingeborg Bachmann | |
| LESUNG | Ingeborg Bachmann |
Die große Fracht des Sommers ist verladen,
das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit,
wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit.
Die große Fracht des Sommers ist verladen.
Das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit,
und auf die Lippen der Galionsfiguren
tritt unverhüllt das Lächeln der Lemuren.
Das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit.
Wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit,
kommt aus dem Westen der Befehl zu sinken;
doch offnen Augs wirst du im Licht ertrinken,
wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit.
| 4 Mai 2018 | |
| DICHTUNG | Wolfgang Borchert | |
| LESUNG | Florian Friedrich | |
| BEREITSTELLUNG | Florian Friedrich |
Auf dem Nachhausewege 1945
Die Apfelblüten tun sich langsam zu
beim Abendvers der süßen Vogelkehle.
Die Frösche sammeln sich am Fuß des Stegs.
Die Biene summt den Tag zur Ruh –
nur meine Seele
ist noch unterwegs.
Die Straße sehnt sich nach der nahen Stadt,
wo in der Nacht das Leben weiterglimmt,
weil hier noch Herzen schlagen.
Wer jetzt noch kein Zuhause hat,
wenn ihn die Nacht gefangen nimmt,
der muss noch lange fragen:
Warum die Blumen leidlos sind –
warum die Vögel niemals weinen –
und ob der Mond wohl auch so müde ist –
Und dann erbarmt sich leis ein Wind des einen,
bis er –im Schlaf– die Welt vergisst.
| 7 Januar 2018 | |
| DICHTUNG | Rudolf Hagelstange | |
| LESUNG | Jürgen Hentsch |
Denn was geschieht, ist maßlos. Und Entsetzen
wölkt wie Gewitter über jedem Nacken.
Es jagt der Tod mit flammenden Schabracken
durch Tag und Nacht, und seine Hufe fetzen,
was Werk und Leben heißt, zu tausend Stücken.
Sein Geißelhieb weiß jeden Leib zu finden.
Sein Atem läßt die Sehenden erblinden,
und Baum und Strauch verfällt vor seinen Blicken.
Bis in die Träume flackert sein Gelächter,
und in die Zukunft reiht er die Gebeine,
ein Mordbesessener und an Blut Bezechter.
Wer baut, wenn noch bei letzten Brandes Scheine
ein Gott dem Würger in die Zügel fällt,
aus diesem Chaos eine neue Welt?
| 29 Dezember 2017 | |
| DICHTUNG | Wolfgang Borchert | |
| LESUNG | Fritz Stavenhagen | |
| BEREITSTELLUNG | wortlover |
Großstadt
Die Göttin Großstadt hat uns ausgespuckt
in dieses wüste Meer von Stein.
Wir haben ihren Atem eingeschluckt,
dann ließ sie uns allein.
Die Hure Großstadt hat uns zugeplinkt –
an ihren weichen und verderbten Armen
sind wir durch Lust und Leid gehinkt
und wollten kein erbarmen.
Die Mutter Großstadt ist und mild und groß –
und wenn wir leer und müde sind,
nimmt sie uns in den grauen Schoß –
und ewig orgelt über uns der Wind!
| 25 Dezember 2012 | |
Ein Sternenmeer in Zärtlichkeit gehüllt
Zwei lieben, Erfüllung eines Traums
Ein Traum, von Schönheit nur erfüllt
Im dunklen Schatten eines Baums.
Die Liebe wie sie trägt und schwingt
In Herzen eingegraben, fest verkettet
Nur das, was Freude bringt
Erlöst, verschönt und rettet.
Man liebt nur einmal so
In Wind und Meer und allen Elementen
Einmal beginnt es irgendwo
Und einmal wird es enden.
| Dichtung | Rainer Werner Fassbinder | |
| Lesung | Ulrich Janeztki | |
| Bereitstellung | wortlover |
| 24 Dezember 2012 | |
Ein haar, ich streichle es und liebe
das haar und alles auf der welt
ich schwöre das ist keine lüge,
jetzt, unterm sternenzelt.
Ich war so grausam, früher,
immer, erst jetzt drang zu mir vor
ein winzig kleiner schimmer
von der erleuchtung, lebenstor.
Das meer, der wind
und aller wonne wogen,
wenn wir in freud zusammen sind, ist wahr
und nicht erlogen.
| Dichtung | Rainer Werner Fassbinder | |
| Lesung | Ulrich Janeztki | |
| Bereitstellung | wortlover |


































