Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

6 
 August 
 
2022


 

Musik:
Wolfgang Amadeus Mozart
Divertimento, KV 125c

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13/07/2011 (Überarbeitung)
Orpheus und Eurydike

Der Götter zweierlei Wohnstätte
Verstandesbildung vs. Herzensbildung

Eurydike
– schmeichelnd –

Lorbeerduftes Sängerhaupt,
wohl windet lieblich dir Apoll
in königskrönender Manier
grünzart schmückend den Siegeskranz.

Orpheus
– zärtlich erwidernd –

Gleichfalls jedoch streut Flora
blühend mit liebender Hand
ins untadlig Gemüte dir
knospenquell erstand’ne Blumenzier.

Oh schöne Seele,
vom taugenährten Lippensaum
träuft dir liebwallend Göttertrank
als kristallner Perlenzauber.

Eurydike
– geschmeichelt –

Musenentsandter,
Beseelter auf irdischem Kreise,
wie mundet köstlich mir dein Wonnetrunk,
die holden Worte süßer Traube,
weil Bacchus’ rege Winzerhand doch selbst
den Weinstock sorgend dir gepflanzt,
am Bergeshange des Olymp
in Ceres’ fruchtbarestem Schoße
sanft mit mütterlicher Acht gesenkt,
wo sein goldnes Füllhorn Helios
sich lichtesschwemmend weit ergießt
und reinster Himmelsäther wolkt.

Orpheus
– einstimmend –

Wo freie Wurzeln
sprossend mit Lustempfinden schlagen,
munter ins Erdreich tief sich wagen,
wo heit’res Purzeln
von scharigen Blütenpollen
entlegene Pfade erspüren wollen,
labt munter sich des Haines Wild
im gleisen Dämmertaugefild’
am schilfbewachs’nen Weiher.

Dort, oh Kind der süßen Triebe,
entschwebet deinem Lotusmund
als zarter Morgenschleier
der wahren Schönheit Nebeldunst.

Eurydike
– mich einem Lächeln belehrend –

Drum, erhab’ne Denkerstirn,
verschmäh’ das Zartgemüte nicht,
dem du auf sphärischem Geleis
im Geistesfluge kühn entschwebst!

Gleichwie der Huf des Pegasus‘
des Dichters brausen Geisterguss
entfesselnd aus dem Fels entlässt
und sprenget das steinerne Mieder,
so rauscht in Artemis’ Garten
auch mir mein Wunderquell.

Orpheus
– zuflüsternd –

Fürwahr,
gemählich ziehen unser beider Ströme
durchs Paradies der selben Brust
und einen sich im Ozeane
weiter Schauenslust.

 
 
5 
 August 
 
2022

abgelegt in
Figurengedichte

 

“Das Figurengedicht stellt einen der möglichen Formtypen der visuellen Poesie und gegebenenfalls auch der konkreten Poesie dar.”
— Quelle: WikiPedia

Der Textkörper bildet in diesem Gedicht sowohl ein Füllhorn als auch eine Traube dar.
Aufgrund der (noch) fehlenden grafischen Möglichkeiten in der Videobeschreibung auf YouTube ist die Darstellung der “realen Form” nur im Video möglich.
Notwendig wäre eine nichtproportionale Schriftart, auch Monospace-Schrift genannt.
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25/06/2011 (überarbeitet)

Zwi ** sch ** schen
Klopstocks Taktstock Maßesgabe
und Schillers füller Sangeskunst
jugendlichem Schlage
mischen im Gedankendunst
herbstend reif’rer Tage
die frischen, bisher nie
vernommenen, nun
mich befrommenden
Stimmen sich ein:
Pans Schalmei.
Töne fließend,
nun ergießend
wie ätherrei
ner Götter
wein
!

 
 
4 
 August 
 
2022


 

Bild:
Springbrunnen, unweit des Schlosses Belvedere (Weimar)

Musik:
Beethoven: Symphony No. 6 (Walter-Columbia SO)
Download: https://archive.org/details/BeethovenSymphonyNo.6walter-columbiaSo
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29/07/2018
Der Musenquell Hippokrene

Von den ewigen Wassern geglättet
strebt des Helikons Bergwand
steil zum Plateau heil’ger Stätte,
der Musen verblieb’nes Refugium.

Weithin gereist, nach kühnem Himmelsritt,
ermüden des Pegasus’ Schwingen
und mit gebotener Rast
weilt es an nämlichem Orte.

Zephyrs streicher Abendhauch
zähmt die unbändige Mähne.

Auf den zierlichen Leib,
der Schönheit Altar,
streut dämmerfall Selene
ihre lichten Gaben.

Vom milden Schauer
nunmehr gerührt,
schlägt der geschmeidige Huf
an geweihetem Fels.

Und siehe,
entfesselt des steinernen Mieders
wallet ein Strom erquickender Freude.