Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

31 
 März 
 
2024

abgelegt in
Tage in Weimar

 

Hier nun betreten wir über das Hinterhaus Schillers Zuhause,
wo einst die Wirtschafts- und Lagerräume sich baulich befanden.
Vorrat an dienlichem Brennholz ward hier, vielleicht auch der Lebens-
mittel Verwahrung wie Mehl und Getreide, doch leztlich
wurde die Wäsche gewaschen, wie damals durchaus noch üblich
mit einem Waschbottich, einem Behälter mit feuererwärmtem
Wasser, darin die Kleider durchweichet mit Seife
und zugleich auf dem Waschbrett mit Händen gerieben, des Schmutzes
reinlich entledigt… ein mühsiges Tagwerk vor allem der Mägde!

All jenes blieb uns jedoch nicht erhalten. Stattdessen nun findet
hier im Gewölberaum sich die Dauerausstellung: Des Dichters
wichtige Lebensstationen, die Höhen und Tiefen. Denn stets war
Schillers unstetes Leben nach seiner Flucht doch geprägt von
Ortswechseln, ständiger Unrast. Die kühnen Pläne, Theater-
dichter in Mannheim zu werden, zerschlugen alsbald sich… und weiter
ging seine Reise, die ihn nach Thüringen trieb. Dort gewärt’ ihm
gastlich versorgt auf dem Gutshof in Bauerbach Unterschlupf nun die
Mutter des Schulkameraden Wilhelm. Befreit von drängender Sorge,
lastender Not um Obdach und Nahrung, fand Schiller
hier nun die nötige Ruhe zum Schreiben weiterer Dramen
wie “Kabale und Liebe” und mit vollendender Feder
auch den “Don Karlos”. Noch einmal führte sein Weg ihn nach Mannheim,
wollte und konnt’ er doch dort nicht bleiben. Folgte sodann der
Einladung Körners, vermögender Gönner und zeitlebens Freund, nach
Sachsen, verblieb dort zwei Jahre in Leipzig und Dresden und traf in
Weimar erstmals im Jahr 1787 ein. Umzug
schließlich nach Jena, dort als Professor im Fach der Geschichte
wirkend, erwarb dann Schiller käuflich dies Haus, wo er endlich
angekommen sich fühlte und lebte hierda bis zum Tode.

 
 
14 
 März 
 
2024

abgelegt in
Tage in Weimar

 

Hausstand, Familie, … all’ dies musst’ mein Herr gar lange entbehren.
14-jährig wurd’ er geschickt auf die Karlsschule, einer Erziehungs-
anstalt zu Stuttgart, eigens gegründet, um künft’ge Soldaten,
Hof- als auch Staatsbeamte dem Geiste des Herzogs Karl Eugen
dienlich zu machen. Schiller oblag dort die Laufbahn des Arztes
im Regimente des Fürsten. Doch Medizin konnte Schiller auf Dauer
nimmer befriedigen, zu stark war der Drang zur poetischen Feder.
Heimlich verfasste Schiller sodann ein Theaterstück mit dem Titel
“Die Räuber”, uraufgeführet in Mannheim … ein Riesenerfolg! Und
Schiller erlangte mit einem Schlage Berühmtheit. Der Zorn des
Fürsten jedoch blieb gleichfalls nicht aus! Denn erneut besuchte
Schiller – wiederum ohne Erlaubnis des Fürsten – die “Räuber”…
…aufflog die Dreistheit! Schiiller bekam nun zur Strafe Arrest,
Schlimmeres noch: “Striktes Schreibverbot!”. Das nun wollte und konnte
Schiller nicht hinnehmen. Schnell war gefasst der Entschluss zu der Flucht nun.
Was nun kostete Schiller “Die Räuber”? Nach eig’nem Geständnis:
150 Gulden an Schulden zum Druck jenes Stückes,
mehr noch! Verlust seiner Heimat, familienentwurzelt und stets in
Angst und ständ’ger Gefahr als Fahnengeflüchteter doch noch
dingfest erhaschet zu werden. – – – Mit Streicher, dem Freund und Gefährten,
hier auf dem Bilde zu sehen, lehnet sich Schiller erschöpft bei
sichtlicher Blässe an einen Baumstamm, bereits im Gepäck ein
neues Trauerspiel names “Fiesko”, unfertig noch, je-
doch beflügelt vom jüngsten Erfolge bereits ins Auge gefasst.

2.1. (Lesung durch einen Fürhungs-Besucher)
Die Aufführung löste einen Skandal aus. Ein Zeitzeuge berichtete: „Das Theater glich einem Irrenhaus, rollende Augen, geballte Fäuste, heisere Aufschreie im Zuschauerraum. Fremde Menschen fielen einander schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Tür. Es war eine allgemeine Auflösung wie ein Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung hervorbricht.“

2.2. (Lesung durch einen Fürhungs-Besucher)
Meine Räuber mögen untergehen!
Mein Fiesko soll bleiben!

 
 
27 
 Februar 
 
2024

abgelegt in
Tage in Weimar

 

Günstige Merkmale einer Museumsführung

  • Vortragsorganisation: Analog zum Loci-Raumsystem fungieren die einzelnen Museumsräume als Speicherräume, die in einer bestimmten Route abgelaufen werden, somit die Gesprächsinhalte verorten und chronologisch organisieren
  • Verhältnis zu den Kunstobjekten: Nebst dem ästhetischen und historischen Bezug der anschaulichen Exponate tritt beim Vortragenden insbesonders auch ein affines, geradezu vertrautes Verhältnis ein
  • Rollenübernahme: Der Museumsführer fungiert als eine Person aus dem sozialen Umfeld der vorzustellenden Kunstobjekte, z.B. als Familienangehöriger, Freund, Sekretär, Hausdiener.
    Eine dabei verehrende Haltung zeigt sich durchaus vorteilhaft.
  • Vortragsstil: Obgleich etwas gekünstelt wirkend, erfolgt vom Museumsführer die Übernahme eines rhythmischen Sprachduktus (Blankvers, Hexameter, Distichon)
  • Verteilung der Redeanteile: Abwechslung im Frontalvortrag mittels Einstreu von “lyrischen Intermezzi” kleinerer Erklärtexte (Zeitungsartikel, Zitate, …) durch ein “Vorlesen-Lassen” eines einbezogenen Führungsteilnehmers. Annäherung an “Shared-Reading” und somit einer ‘monologischen’ Dialogsituation