Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

2 
 März 
 
2024

abgelegt in
Tage in Weimar
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Sei’n Sie gegrüßt!
Gestatten: Rudolph, Privatsekretär Schillers,
die ‘rechte Hand’, wie zu sagen man pflegt, Gehilfe in Alltagsgeschäften!
Bin aber keineswegs Diener der üblichen Art, dem zum Beispiel oblieget…
1.) häuslicher Reinheit Verrichtung
2.) Pflege der höfischen Kleidung
3.) Botengänge zu hauf
4.) Küchenaushilfe gar auch
5.) und – nach eingedecketem Tische –
6.) sogleich die Servierung der Speisen,
wartend schon da, die ungeduldigen Gäste…

All jenes ziemet dem Amt eines üblich Bediensteten, mein Los
ist jedoch für mich von erfreulicher Art, bin ich zugleich auch
enger Vertrauter des Gnädigen Herren, der stets zum
heit’ren Gespräche geneigt, beim Diktieren von Briefen, Erstellen
zahlloser Abschriften seiner Gedichte und Dramenentwürfe…

Eins jedoch nach dem andern … mein Hausherr weilt seit geschlag’ner
Stunde bei Goethen! Sie führen – wie immer – fruchtbaren Austausch
über das hies’ge Theater und kehrt wohl nicht wieder vor Sechs… ver-
schafft mir – entschlagen der sonstigen Pflichten – die Muse ein wenig,
Zeit somit auch, Sie halbstündig nun durch das Hause zu führen.

 
 
27 
 Februar 
 
2024

abgelegt in
Tage in Weimar

 

Günstige Merkmale einer Museumsführung

  • Vortragsorganisation: Analog zum Loci-Raumsystem fungieren die einzelnen Museumsräume als Speicherräume, die in einer bestimmten Route abgelaufen werden, somit die Gesprächsinhalte verorten und chronologisch organisieren
  • Verhältnis zu den Kunstobjekten: Nebst dem ästhetischen und historischen Bezug der anschaulichen Exponate tritt beim Vortragenden insbesonders auch ein affines, geradezu vertrautes Verhältnis ein
  • Rollenübernahme: Der Museumsführer fungiert als eine Person aus dem sozialen Umfeld der vorzustellenden Kunstobjekte, z.B. als Familienangehöriger, Freund, Sekretär, Hausdiener.
    Eine dabei verehrende Haltung zeigt sich durchaus vorteilhaft.
  • Vortragsstil: Obgleich etwas gekünstelt wirkend, erfolgt vom Museumsführer die Übernahme eines rhythmischen Sprachduktus (Blankvers, Hexameter, Distichon)
  • Verteilung der Redeanteile: Abwechslung im Frontalvortrag mittels Einstreu von “lyrischen Intermezzi” kleinerer Erklärtexte (Zeitungsartikel, Zitate, …) durch ein “Vorlesen-Lassen” eines einbezogenen Führungsteilnehmers. Annäherung an “Shared-Reading” und somit einer ‘monologischen’ Dialogsituation
 
 
17 
 Februar 
 
2024

abgelegt in
Tage in Weimar

 

Cranach-Haus

Die Fassade

Ausgebreitet, kunstvoll verziert,
Ornamente verspielt,
prangt die vorgelad’ne Fassade
wie ein Pallast,
Dekor von Muscheln
in Nischen gewahrend,
der wandernde Blick!
… ladend zum schauenden Feste
ersonnener Freuden!

Der Pilaster

Himmelan strebend
gliedern Pilaster
das stolze Gebäu,
…zärtlich geschmiegt
an den Mauerverbund
erdenen Grundes.

Adam und Eva

Adam und Eva
wie wellende Reiter
auf schaukelnden Wogen
hier nun zugegen,
wallend zum gezirkelten Rund
paradiesischer Einheit.

Das Kranzgesims

Du thronend Kranzgesims
konturenreicher Zierde!

Der Säulenfuß

Oh, Säulenfuß,
Garant der edlern Lasten Stütze.

Das Bogenfenster

Hoch wölbt der Bogen des schmucken Fensters sich
gewähret Einlass
der Sonne gastendem Strahl
und verwundert
mit tagendem Lichte
der im inneren Saale
Versammelten Antlitz!