Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

25 
 Juni 
 
2017

abgelegt in
Gedankenschau

 

Gute Zusammenfassung!
Das Maß ist voll, es reich(t) !

 
 
10 
 Juni 
 
2015

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein
 

Irgendwie lehnt Herweghs Gedichtspassage “Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will” an mein Gedicht “Zeittakt“:

Spitzengehälter über Gebühr auf höchster Etage,
karger Mindestlohn nur für die schuftende Hand!

Während der Stunde Zeiger der ob’ren Zehntausend gemä(c)hlich
Runde um Runde umkreist, hastet des kleineren Mann
Zeiger rastlos im Zirkel allmächt’ger Bestimmung, im Gleichschritt
einer getakteten Welt: Apparatur uns’rer Zeit.

Führen die kleinen Momente nied’rer Verrichtung nicht erst die
große heroische Tat wundersam wirkend herbei?
Hemmt der Minuten Lauf im menchan’schen Getriebe doch nur, so
schlägt dem Großen auch nicht tönend die glorreiche Stund’!

Bundeslied für den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein (3:10)
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Mann der Arbeit, aufgewacht!
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will.

Bet und arbeit! Ruft die Welt,
Bete kurz! Denn Zeit ist Geld.
An die Türe pocht die Not –
Bete kurz! Denn Zeit ist Brot.

Und du ackerst und du säst,
Und du nietest und du nähst,
Und du hämmerst und du spinnst –
Sag, o Volk, was du gewinnst!

Mann der Arbeit, aufgewacht!
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will.

Wirkst am Webstuhl Tag und Nacht,
Schürfst im Erz- und Kohlenschacht,
Füllst des Überflusses Horn,
Füllst es hoch mit Wein und Korn.

Alles ist dein Werk! O sprich,
Alles, aber nichts für dich?
Und von allem nur allein,
Die du schmiedst, die Kette, dein?

Mann der Arbeit, aufgewacht!
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will.

Der schlimmste Feind (5:10)
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Dies Volk, das seine Bäume wieder
Bis in den Himmel wachsen sieht
Und auf der Erde platt und bieder
Am Knechtschaftskarren weiter zieht.

Dies Volk, das auf die Weisheit dessen
Vertraut, der Ross und Reiter hält,
Und mit Ergebenheitsadressen
Frisch, fromm und fröhlich rückt ins Feld.

Es lässt gleich Kindern sich betrügen,
Bis es zu spät erkennt, o weh! –
Die Wacht am Rhein wird nicht genügen,
Der schlimmste Feind steht an der Spree.

Grabschrift (6:03)
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Sein oder Nichtsein ist hier keine Frage.
Ich bin gewesen, was ich konnte sein:
Kein Schelm und Schuft, bei Gott ein Narr allein,
Der auch sein Lämpchen brannt am hellen Tage.

Kein Turner wie der Vater Jahn, doch auch von deutschem Schlage.
Und wär mein Vers wie meine Hände rein,
So ruhete dies dichterlich Gebein
Dereinst in einem stolzen Sarkophage.

Mir war mein Leben wie ein Würfelspiel.
Zwar hab ich manches Mal verloren,
Doch hatt ich oft des Glücks mehr als zuviel.

Und triebs, ein Tor, wie tausend andre Toren.
Doch, glücklicher als einstmals Freund Schlemihl,
Hab niemals meinen Schatten ich verloren.

 
 
9 
 April 
 
2012


 

Wer behält Recht?

1.) Der allgemeine Volksmund, der subjektiv geleitet und mit saloppem Sprachgebrauch meist plumpe, nicht begrifflich-scharf abgegrenzte “suboptimale” Aussagen trifft, wenn nicht sogar fälschliche (“Die Erde ist eine Scheibe!”)?

2.) Oder die Wissenschaft, die sich an messbare, objektive Fakten hält (“Die Erde ist ein Globus!”)?

 

Ein Beispiel: Obst und Gemüse

Volksmund
In der Küche unterscheidet man zwischen Obst und Gemüse wahrscheinlich nach Zuckergehalt und ob man das betreffende Nahrungsmittel z.B. kochen muss oder ob es roh verzehrt werden kann.

Wissenschaft
Eine präzise Unterscheidung von Obst und Gemüse ist in der Biologie (genauer: in der Botanik) nicht (eindeutig) festgelegt, d.h. mehr oder weniger gibt es sie nicht.
Eher hat die Küche diese Bezeichnungen erfunden, denn in der Botanik gibt es nur Früchte (Kirschen, Zucchini usw.), Knollen (Kartoffeln), Zwiebeln (Zwiebeln :-)) und Blätter (Spinat).

Stückweit ist die Einteilung daher eine Einteilung des Gartenbaus und des Handels, also konstruiert und dient mit der Klassifizierung lediglich einer strukturierteren (und damit erleichterten) Wahrnehmung.
In der Wissenschaft selbst gibt es keine spezifische Unterscheidung, dort wird gemObst (Kofferwort aus Gemüse und Obst).

 

Ein weiteres Beispiel: Mensch und Tier

Volksmund
Angeblich sei der Mensch das edlere, empfindsamere Wesen gegenüber dem Tier und damit “besser(gestellt)”, woraus eine hierarchische Ordnung abgeleitet wird.
Die Diskriminierung (von lat.: discriminare = trennen, unterscheiden) der Tiere ermöglicht zunächst eine künstliche Trennung/Abspaltung von den (Säuge-)Tieren.
Der damit geschaffene Abstand zum Andersartigen kann man sich dann zu Nutzen machen, zur “Befriedigung seiner leiblichen Bedürfnisse töten” (Mahatma Ghandi).
Die Ausblendung von tierischer Leidensfähigkeit begünstigt eine “ertragbare kognitiven Verarbeitung” fehlerhaften Verhaltens.

Wissenschaft
Der Mensch (Homo sapiens) ist innerhalb der biologischen Taxonomie ein Säugetier aus der Ordnung der Primaten (Primates). Er gehört zur Unterordnung der Trockennasenaffen (Haplorhini) und dort zur Familie der Menschenaffen (Hominidae).
Eine Unterscheidung (“Diskriminierung”) zwischen dem Tier und dem Menschen gibt es in der Zoologie daher nicht und berechtigt einem ethisch handelnden Wesen wie den Menschen daher auch nicht eine Unterscheidung zum eigenen Vorteil vorzunehmen.

 

 
Eine Unterscheidung zwischen Mensch und Tier ist daher nur ein selbstdienliches Konstrukt und “Volksmund-Gesappere”.
Angemerkt sei noch, dass “Unterscheidungen” im Grunde ein wesentliches Strukturierungsprinzip unseres Gehirn darstellen und in einer als chaotisch empfundenen (Um-)Welt “lebensnotwendig” sind.
Allerdings sollte eine Unterscheidung nicht zur Benachteiligung anderer führen.