Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

30 
 August 
 
2018


 


Säule 46

Des Herzens Feuerschale
Werke sind besser als Worte



Aus den Briefen Epiktets [1]fiktiv
an Lucius Flavius Arrianus [2]Zusammenfassung aus: “Handbüchlein der Moral”
Verlage: Ad Fontes, Reclam, Anaconda
Willst Philosoph du gar sein, so rühme dich nicht deiner Weisheit
schallend im Lobesgesang… SCHWEIGEN sei oberst Gebot!

Gleichwie im Müßiggange der Faule zur fleißigen Ameis’ sich
neigt und lernet von ihr, sei auch das Schaf dir Lektion!

Wie die geweideten Schafe gesättigt sogleich auch nicht ausspei’n
kostbare Nahrung und stolz herzeigen edelstes Gras,
sondern – verdauet – dessen Produkt sich rühmlicher preist in
wollenem Fell, süßer Milch. Sei dir dies Gleichnis Gewinn!

Schließ’ deine Worte, der Weisheit Juwelen, in des Herzens Schatulle,
streu’ in der Unordnung Wurf sie vor die Menge nicht hin!
Lass’ der Gedanken Rubine erglühen durch der Erkenntnis
letzten Schliff, Prunkstein an Prunkstein zur Kette gereiht.

Prunker jedoch zeigt sich edlere Rede in schimmernder Tat!
Verstumme im Wort und verleih’ Stimme allein nur dem Werk!
→ zu Mnemosynes Geleit
→ Zenons Wandelhalle
Die stoischen Siegessäulen

Fußnoten[+]

 
 
1 
 Januar 
 
2017

abgelegt in
Gedankenschau

 

Dieser Reichtum des Geistes zeigt sich darin, die Einsamkeit aushalten zu können. In der Einsamkeit kann der Mensch sich beweisen, was er an sich selbst hat: ob er abhängig von äußeren Reizen ist oder mit sich selbst und seinen Gedanken genug hat. Dies ist auch für den geistreichen Menschen der sichere Weg zum Glück.

Quelle: Philosophischleben

Der geistreiche Mensch wird vor allem nach Schmerzlosigkeit, Ruhe und Muße streben, folglich ein stilles, bescheidenes, aber möglichst unangefochtenes Leben suchen und demgemäß die Zurückgezogenheit und sogar die Einsamkeit wählen.

Gedanken von Schopenauer

 

Als Zarathustra dreissig Jahr alt war, verliess er seine Heimat und den See seiner Heimat und ging in das Gebirge. Hier genoss er seines Geistes und seiner Einsamkeit und wurde dessen zehn Jahre nicht müde. Endlich aber verwandelte sich sein Herz, — und eines Morgens stand er mit der Morgenröthe auf, trat vor die Sonne hin und sprach zu ihr also:

„Du grosses Gestirn! Was wäre dein Glück, wenn du nicht Die hättest, welchen du leuchtest!

Zehn Jahre kamst du hier herauf zu meiner Höhle: du würdest deines Lichtes und dieses Weges satt geworden sein, ohne mich, meinen Adler und meine Schlange.

Aber wir warteten deiner an jedem Morgen, nahmen dir deinen Überfluss ab und segneten dich dafür.

Siehe! Ich bin meiner Weisheit überdrüssig, wie die Biene, die des Honigs zu viel gesammelt hat, ich bedarf der Hände, die sich ausstrecken.

Ich möchte verschenken und austheilen, bis die Weisen unter den Menschen wieder einmal ihrer Thorheit und die Armen wieder einmal ihres Reichthums froh geworden sind.

Dazu muss ich in die Tiefe steigen: wie du des Abends thust, wenn du hinter das Meer gehst und noch der Unterwelt Licht bringst, du überreiches Gestirn!

Ich muss, gleich dir, untergehen, wie die Menschen es nennen, zu denen ich hinab will.

So segne mich denn, du ruhiges Auge, das ohne Neid auch ein allzugrosses Glück sehen kann!

Segne den Becher, welcher überfliessen will, dass das Wasser golden aus ihm fliesse und überallhin den Abglanz deiner Wonne trage!

Siehe! Dieser Becher will wieder leer werden, und Zarathustra will wieder Mensch werden.“

— Also begann Zarathustras Untergang.

 
 
4 
 Juli 
 
2016

abgelegt in
Gedankenschau

 

Einst im Seniorenheim sollten wir uns nicht über Fehler ärgern, die wir im Laufe unseres Lebens begangen haben, denn sogenannte “Fehltritte” waren notwendige Entwicklungsschritte zur ständigen Feinoptimierung unseres Verhaltens (“aus Fehlern wird man klug”).

Wir sollten uns vielmehr über nicht begangene Fehler ärgern, die wir nicht eingegangen sind und nicht bereit waren, “krumme” Wege einzuschlagen, weil sie sich unkonventionell anmuteten und vom sozialen Umfeld als Irrtum abgetan und abgescholten wurden und wir uns deshalb verunsichern ließen.

Wir sollten uns darüber ärgern, dass wir uns verunsichern ließen, über den zunächst temporär suboptimalen Nebenpfad des offiziell erklärten Fehlers zur Reichsstraße der eigenen Wahrheit gefunden zu haben und uns somit selbst der Pionierleistung unserer eigentlichen Lebensaufgabe berauben ließen.

„Die Wissenschaft von heute ist [doch selbst] der momentan geltende Irrtum“.