7 Mai 2018 | |
Säule 1 Des Herzens Feuerschale Unser Eigentum |
an Lucius Flavius Arrianus [2]Zusammenfassung aus: “Handbüchlein der Moral”
Verlage: Ad Fontes, Reclam, Anaconda
stehen in unserer Macht, andere wiederum nicht!
Über die wahren Besitztümer menschlichen Geistes gebietet,
herrscht die Vernunft, die da sind: Urteilsvermögen, Begehr
jedweder Art, Widerstreben und Bestreben all uns’res Tuns,
kurzum: der Willenskraft Werk, unseres Geistes Geblüm!
Nicht in uns’rer Gewalt, im Bezirke machtvollen Wirkens,
sind hingegen der Leib, gleichwohl von rühmlicher Kraft,
noch gehäuftes Vermögen, noch bekleidete Ämter,
Ansehn auch nicht, noch des Ruhms Liebschalle schmeichelnden Lobs!
Jenen Dingen entsage, nähr’n sie doch flüchtig dein Glück nur:
Freudiger Hoffnungen Wunsch flieht [3]entreißt sich der Verfügung Gewalt!
Fußnoten
30 Dezember 2016 | |
Glück ist eine rationale Angelegenheit.
Liebe indessen nicht.
Glück hat Wegweiser an den kartografisch erfassten Pfaden.
Liebe lässt dich im Dunkelwald spekulativer Ahnungen stehen.
Glück und Liebe sind demnach genauso wenig ein Geschwisterpaar wie einerseits der unerschütterliche Glaube an ein höheres Ordnungsprinzip und andererseits die institutionalisierte Form tradierten Denkens davon, auch “Kirche” genannt.
Dass der Begriff “Glück” primär mit “Liebe” in Verbindung gebracht wird, ist wohl dem weitverbreiteten, hartgesottenen Volksglauben geschuldet.
Nicht aber die Liebe, sondern das Glück ist die oberste Kategorie, ist oberstes Prinzip und die Liebe lediglich eine Unterabteilung davon.
So konfus/diffus und vor allem mystisch umrankt die Liebe oft dargestellt wird, sie kann entgleiten, sie kann – mit Änderung der Bedingungsfelder, mit Verlagerung der Gelingensfaktoren – entschwinden.
Wahres Glück indessen ist konstant, ist handgreiflich/real und bedarf der Nahrung.
Erfolgserlebnisse sind die Nahrung.
Und Erfolg stellt sich dann ein, wenn das äußere Anforderungsniveau der sozialen Umwelt mit dem Leistungsniveau der inneren Welt übereinstimmt (Kohärenz).
Erfolgreiches Handeln hängt daher im hohen Maße von der Selbstwirksamkeit, von der persönlichen Einflussnahme, von den aktiven (Mit-)Gestaltungsmöglichkeiten ab.
Vielleicht ist Glück Liebe zu sich selbst, Liebe zu seiner inneren Natur und Entfaltung derer im Rahmen seiner Möglichkeiten, all seiner Gestaltungsmittel?
10 Juni 2015 | |
Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein
Irgendwie lehnt Herweghs Gedichtspassage “Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will” an mein Gedicht “Zeittakt“:
Spitzengehälter über Gebühr auf höchster Etage,
karger Mindestlohn nur für die schuftende Hand!Während der Stunde Zeiger der ob’ren Zehntausend gemä(c)hlich
Runde um Runde umkreist, hastet des kleineren Mann
Zeiger rastlos im Zirkel allmächt’ger Bestimmung, im Gleichschritt
einer getakteten Welt: Apparatur uns’rer Zeit.Führen die kleinen Momente nied’rer Verrichtung nicht erst die
große heroische Tat wundersam wirkend herbei?
Hemmt der Minuten Lauf im menchan’schen Getriebe doch nur, so
schlägt dem Großen auch nicht tönend die glorreiche Stund’!
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will.
Bet und arbeit! Ruft die Welt,
Bete kurz! Denn Zeit ist Geld.
An die Türe pocht die Not –
Bete kurz! Denn Zeit ist Brot.
Und du ackerst und du säst,
Und du nietest und du nähst,
Und du hämmerst und du spinnst –
Sag, o Volk, was du gewinnst!
Mann der Arbeit, aufgewacht!
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will.
Wirkst am Webstuhl Tag und Nacht,
Schürfst im Erz- und Kohlenschacht,
Füllst des Überflusses Horn,
Füllst es hoch mit Wein und Korn.
Alles ist dein Werk! O sprich,
Alles, aber nichts für dich?
Und von allem nur allein,
Die du schmiedst, die Kette, dein?
Mann der Arbeit, aufgewacht!
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will.
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Bis in den Himmel wachsen sieht
Und auf der Erde platt und bieder
Am Knechtschaftskarren weiter zieht.
Dies Volk, das auf die Weisheit dessen
Vertraut, der Ross und Reiter hält,
Und mit Ergebenheitsadressen
Frisch, fromm und fröhlich rückt ins Feld.
Es lässt gleich Kindern sich betrügen,
Bis es zu spät erkennt, o weh! –
Die Wacht am Rhein wird nicht genügen,
Der schlimmste Feind steht an der Spree.
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Ich bin gewesen, was ich konnte sein:
Kein Schelm und Schuft, bei Gott ein Narr allein,
Der auch sein Lämpchen brannt am hellen Tage.
Kein Turner wie der Vater Jahn, doch auch von deutschem Schlage.
Und wär mein Vers wie meine Hände rein,
So ruhete dies dichterlich Gebein
Dereinst in einem stolzen Sarkophage.
Mir war mein Leben wie ein Würfelspiel.
Zwar hab ich manches Mal verloren,
Doch hatt ich oft des Glücks mehr als zuviel.
Und triebs, ein Tor, wie tausend andre Toren.
Doch, glücklicher als einstmals Freund Schlemihl,
Hab niemals meinen Schatten ich verloren.