Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

18 
 Oktober 
 
2020

abgelegt in
Gedankenschau

 

Zahlen können leider nur die Quantität, nicht aber die (Lebens-)Qualität bei einer überstandenen Erkrankung aufgrund von möglichen Langzeitschäden aufzeigen.
Diese Lebensqualität sehe ich in den Zahlen aller Hochrechnungen (ob Pro- oder Contrapartei) leider nicht zum Ausdruck kommen.
Und Lebensqualität ist wichtig, vielleicht auch die Grundlage unseres Lebens selbst.
Was nützt einem Soldaten, wenn er den 1. Weltkrieg überlebt hat, er aber als Beinamputierter seinen zivilen Beruf nicht mehr aufnehmen kann oder durch einen Giftgasangriff lungenverätzt oder augengeblendet sonstige Einschränkungen hinnehmen muss?

Dass vielen Menschen die aktuellen Einschränkungen mittlerweile auf den Keks gehen, kann ich emotional und rational nachvollziehen,
aber hinsichtlich Maskenverweigerung nicht einsehen.
Denn wenn 15% unserer Bevölkerung nicht immun sein sollte, dann skalieren eventuell die Spätfolgen Geschädigter im Millionenbereich.

 
 
11 
 Oktober 
 
2020


 

DICHTUNG Charles Baudelaire
LESUNG Christian Redl
BEREITSTELLUNG Lyrik für Puristen



Oft fangen die Matrosen, um sich zu vergnügen,
Den mächtigen Meeresvogel ein, den Albatros;
Den Schiffen, die den bittern Abgrund überfliegen,
Folgt er in gleichgemut der Fahrt geselltem Troß.

Kaum aber ist er hingezwungen auf die Planken,
Läßt dieser König des Azur in seiner Scham
Die großen weißen Flügel kläglich an den Flanken
Wie Ruder niederhängen, ungeschickt und lahm.

Wie linkisch er sich hinschleppt in der Flügel Steife!
Er, sonst so schön, wie ist er häßlich in der Schmach!
Den Schnabel neckt ihm einer mit der Stummelpfeife,
Ein andrer, hinkend, äfft den Flug des Krüppels nach!

Des Dichters Ebenbild ist dieser Fürst der Wolke,
Im Sturm ist er behaust, verlacht des Schützen Strang,
Verbannt zur Erde aber und umhöhnt vom Volke,
Hindern die riesenhaften Flügel seinen Gang.

 
 
1 
 Oktober 
 
2020


 

DICHTUNG Joseph von Eichendorff
LESUNG Mathias Wieman


 

Man setzt uns auf die Schwelle,
Wir wissen nicht, woher?
Da glüht der Morgen helle,
Hinaus verlangt uns sehr.

Der Erde Klang und Bilder,
Tiefblaue Frühlingslust,
Verlockend wild und wilder,
Bewegen da die Brust.

Bald wird es rings so schwüle,
Die Welt eratmet kaum,
Berg’, Schloß und Wälder kühle
Stehn lautlos wie im Traum,

Und ein geheimes Grausen
Beschleichet unsern Sinn:
Wir sehnen uns nach Hause
Und wissen nicht, wohin?