Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

9 
 März 
 
2017


 

Herbstender Sommerhain

Oh, entflieht doch, ihr schweigsamen,
mir einst teuren Gefilden,
entfremdeter Natur betöret mich ferner
Chloris’ [1] Chloris ist die Göttin der Blüte welkes Blumenband
jenseits heiler Kunst!

Mehr verlanget mir
nach eines fühlend’ Herzens kühlem Schattenhaine,
wo des Sängers totgeschwiegener Geist frei wandeln darf,
wo lausches Ohr ihm zugeneigt
und bäldigste Genesung wird zuteil
durch heiliger Lippen balsamischer Rede.

Nur dort frohlockt,
erbebt die matte Brust in sel’gem Jubilieren,
wiegt sich beflügelter Gedanken zwitschernder Reigen
in höchsten Tannenwipfeln.

Und des spendenden Trostes treues Geleit
stützt der Bürde schweren Gang,
auf dem rauen Steg der wirren Zeit.

Heil den Trösterworten,
die mit wahrem Frühlingstau
die Wunden lindernd mir benetzen,
die befiedert als zwitschernd und fächelnde Schar
mich mit süßem Singspiel sonnen
und zarter Worthauch mich zugleich bekühlet.

Ewigerschallender Hymnengesang
dem reinen Gedankenweben heiliger Empfindung,
dessen Worte Blumenlese mit duftender Entsendung
vermag das fahle Haupt mir schmückend zu bekränzen,
liebgeflochten die Schläfe adelnd zu umwinden.

Doch er welkte dahin, der mattgewordene Rosenblick,
flaut kehrte sich die ambrosische Brise ihrer Seele Zauberhauch.

* * *

Scheidend löst ein buntes Blatt sich vom Geäste
munter tanzend in den gold’nen Morgenlüften,
lockt es eifernd zu dem letzen Freudenfeste
Laubgesell’n, in ihren farbenfrohen Klüften,
um nach berauschtem Himmelsritt
kühn im stählernen Blau,
gleitend zu landen im spinnbenetzten Gräsertau.

Der milde Sommer im Busen verstreicht
und weicht
dem fahlen Welken muntrer Tage.

→ zu Mnemosynes Geleit
Eherne Welt

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7 
 März 
 
2017


 

Des Glückes Sold
Tribut für die unbeschwerten Kindestage

Dumpf steigt aus kühler Herzensgruft
der bersten Glocke Leidgesang,
der luftgewogen durch die kalte Geistesnacht
gespenstisch raunt und Tränenzoll erheischt.
Gewiss, Tränenzoll,
als Preisgeld heitrer Erdenstunden.

Oh Hades,
Du schmuckerpichter Schattenfürst,
dem’s selbst an prächtigem Gewand ermangelt!

Wie lang, wie lang gedenkst Du noch,
dass mit der Seele heiligen Tränenflut
ich Dir die unbeschwerten Kindestage löhne,
mit salziger Perlenzier
die Halseskette mühesam Dir fädle,
dass sie mit prunkem Tränenschimmer
Dich lieblicher erstrahlen möge?

Zier’ mit dieser Ruhmeskette
doch Deiner Gattin marmorweißen Hals,
dass ehrend sie zum holden Dank
mit ihrem duft’gen Wiesenzauber
den welken Garten Deiner fernen Jugend
wieder grünen lässt
und sende mir indes
Zephyros’ milden Wonnehauch!

Lass Deine grauen Wolkenschleier fallen,
mich Helios’ gold’nes Antlitz schaun,
den frostigen Gedankenschauer,
der mir in bangem Busen wintert
in seinem Gnadenlichte schmelzen,
beströmend seiner lichten Segensgabe
die eisen Herzensquellen tauend brechen!

→ zu Mnemosynes Geleit
Hephaistos’ Kunstschmiede
 
 
6 
 März 
 
2017


 

Entsagung der Waffengewalt

Gedenkt nicht meiner Drangsal
auf rauem Kampfgefilde,
denn stets hat sich die Muse
doch selbst ihr Schild geschmiedet.

Fromm wehr’ ich drum Poseidons
beschirrtem Ross, entsage
mit Hohn [1]Spott Artemis’ Köcher,
der angefüllt mit flinken Pfeilen und der
Athene Schild, das Haupt der Medusa führend.

Denn hell ertönt der Lyrik Klinge
verzaubert mit der süßen Schärfe
und Allmacht sanfter Götterschwinge [2]Schwinge als Feder(Kiel) und Waffe,
dass feind’scher Mächte Krallengriff
durch himmlisch’ Harfenspiel sich löset.

Sodann erhoff’ ich keinen Kriegssold,
dem Söldnerseelen nur verfall’n.
Beglückt damit die dürft’gen Armen,
besalbt der Waisen klaffe Wunden
und huldigt Helios ihn ehrend mit redlicher Tat.

Der feilen Brust indes verwehr’ ich
die Blüte meines Geistes. Nie
darf meiner Worte Lauterkeit
beschmücken [3]besprengen nied’rer Gesinnungen Opferaltar.

Denn frei und keusch soll erschallen der Musen Geschenk,
mit gold’nen Lettern angehaucht [4]mit gold’nem Worthauch dunstumrankt
die kindlich reinen Herzenstafeln.

→ zu Mnemosynes Geleit
Hephaistos’ Kunstschmiede

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