Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

18 
 August 
 
2016

Schlagwörter

1

 

DICHTUNG Georg Trakl
LESUNG Claudia Steiner
BEREITSTELLUNG Claudia Steiner


 

Vor seinem Löwengarten,
Das Kampfspiel zu erwarten,
Saß König Franz,
Und um ihn die Großen der Krone,
Und rings auf hohem Balkone
Die Damen in schönem Kranz.

Und wie er winkt mit dem Finger,
Auf tut sich der weite Zwinger,
Und hinein mit bedächtigem Schritt
Ein Löwe tritt,
Und sieht sich stumm
Rings um,
Mit langem Gähnen,
Und schüttelt die Mähnen,
Und streckt die Glieder,
Und legt sich nieder.

Und der König winkt wieder,
Da öffnet sich behänd
Ein zweites Tor,
Daraus rennt
Mit wildem Sprunge
Ein Tiger hervor,
Wie der den Löwen erschaut,
Brüllt er laut,
Schlägt mit dem Schweif
Einen furchtbaren Reif,
Und recket die Zunge,
Und im Kreise scheu
Umgeht er den Leu
Grimmig schnurrend;
Drauf streckt er sich murrend
Zur Seite nieder.

Und der König winkt wieder,
Da speit das doppelt geöffnete Haus
Zwei Leoparden auf einmal aus,
Die stürzen mit mutiger Kampfbegier
Auf das Tigertier,
Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen,
Und der Leu mit Gebrüll
Richtet sich auf, da wird’s still,
Und herum im Kreis,
Von Mordsucht heiß,
Lagern die gräulichen Katzen.

Da fällt von des Altans Rand
Ein Handschuh von schöner Hand
Zwischen den Tiger und den Leun
Mitten hinein.

Und zu Ritter Delorges spottenderweis
Wendet sich Fräulein Kunigund:
»Herr Ritter, ist Eure Lieb so heiß,
Wie Ihr mir’s schwört zu jeder Stund,
Ei, so hebt mir den Handschuh auf.«

Und der Ritter in schnellem Lauf
Steigt hinab in den furchtbarn Zwinger
Mit festem Schritte,
Und aus der Ungeheuer Mitte
Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger.

Und mit Erstaunen und mit Grauen
Sehen’s die Ritter und Edelfrauen,
Und gelassen bringt er den Handschuh zurück.
Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde,
Aber mit zärtlichem Liebesblick –
Er verheißt ihm sein nahes Glück –
Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.
Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht:
»Den Dank, Dame, begehr ich nicht«,
Und verlässt sie zur selben Stunde.

 
 
7 
 August 
 
2016


 

Goethe_(Stieler_1828)     Friedrich_Schiller_by_Ludovike_Simanowiz

Subjektivität vs. Objektivität, Emotionalität (“rechtshirnig”) vs. Rationaliät (“linkhirnig”) oder in Dichtergrößen formuliert:
Goethe, der empfindsame Erlebnislyriker, vs. Schiller, der reflexive Gedankenlyriker.

Es ist interessant, dass diese gegensätzlichen Aspekte auch im Hörbuch zum “Briefwechsel zwischen Goethe und Schiller” berücksichtigt wurden.

Briefwechsel-goethe-schiller

In der Stereo-Fassung wurde Goethe der linke Tonkanal (rechtshemisphärische Verarbeitung → Gefühle) mit dem Sprecher Gert Westphal zugewiesen, während Schiller der rechte Tonkanal (linkshemisphärische Verarbeitung → Logik) mit dem Sprecher Will Quadflieg zugedacht wurde.

Gut, dass ich (für eine private Sicherheitskopie) -wie bei Sprachaufnahme sonst üblich- ich nicht die Stereokanäle zu einem Monokanal zusammengefasst hatte.

 
 
28 
 Juli 
 
2016

abgelegt in
Gedankenschau

 

Ich vermisse den gefährlichsten Hai aller: den (Kredit-)Hai, der allerdings zur Spezies Mensch zählt und gemeinhin zu den aggressivsten Arten auf unserem Planeten.

Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist der Mensch in seinem Wahn.

aus: “Das Lied von der Glocke” (Friedrich Schiller)