5 April 2017 |
|
DICHTUNG | Rainer Maria Rilke | |
LESUNG | Matthias Habich | |
BEREITSTELLUNG | LYRIK & MUSIK |
Der Abend wechselt langsam die Gewänder,
die ihm ein Rand von alten Bäumen hält;
du schaust: und von dir scheiden sich die Länder,
ein himmelfahrendes und eins, das fällt;
und lassen dich, zu keinem ganz gehörend,
nicht ganz so dunkel wie das Haus, das schweigt,
nicht ganz so sicher Ewiges beschwörend
wie das, was Stern wird jede Nacht und steigt –
und lassen dir (unsäglich zu entwirrn)
dein Leben bang und riesenhaft und reifend,
so dass es, bald begrenzt und bald begreifend,
abwechselnd Stein in dir wird und Gestirn.
15 November 2016 |
|
Jede Erscheinung auf Erden ist ein Gleichnis,
und jedes Gleichnis ist ein offenes Tor,
durch welches die Seele, wenn sie bereit ist,
in das innere der Welt zu gehen vermag,
wo du und ich und Tag und Nacht alles eines sind.
Dichtung | Hermann Hesse | |
Lesung | Matthias Habich | |
Musik | P. Tschaikowsky – String Quartett- Op.39 | |
Bereitstellung | Lyrik & Musik |
26 Juni 2016 |
|
DICHTUNG | Hermann Hesse | |
LESUNG | Matthias Habich | |
BEREITSTELLUNG | LYRIK & MUSIK |
Nachts im Traum die Städt’ und Leute,
Ungeheuer, Luftgebäude,
Alle, weißt du, alle steigen
Aus der Seele dunklem Raum,
Sind dein Bild und Werk, dein eigen,
Sind dein Traum.
Geh am Tag durch Stadt und Gassen,
Schau in Wolken, in Gesichter,
Und du wirst verwundert fassen:
Sie sind dein, du bist ihr Dichter!
Alles, was vor deinen Sinnen
Hundertfältig lebt und gaukelt,
Ist ja dein, ist in dir innen,
Traum, den deine Seele schaukelt.
Durch dich selber ewig schreitend,
Bald beschränkend dich, bald weitend,
Bist du Redender und Hörer,
Bist du Schöpfer und Zerstörer.
Zauberkräfte, längst vergeßne,
Spinnen heiligen Betrug,
Und die Welt, die unermeßne,
Lebt von deinem Atemzug.