Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

27 
 November 
 
2016


 

DICHTUNG Johann Wolfgang von Goethe
LESUNG PoetaChristianus

 
Im Grenzenlosen sich zu finden,
Wird gern der einzelne verschwinden,
Da löst sich aller Überdruß;
Statt heißem Wünschen, wildem Wollen,
Statt lästgem Fordern, strengem Sollen,
Sich aufzugeben ist Genuß.

Weltseele, komm, uns zu durchdringen!
Dann mit dem Weltgeist selbst zu ringen,
Wird unsrer Kräfte Hochberuf.
Teilnehmend führen gute Geister,
Gelinde leitend höchste Meister
Zu dem, der alles schafft und schuf.

Und umzuschaffen das Geschaffne,
Damit sich’s nicht zum Starren waffne,
Wirkt ewiges, lebendiges Tun.
Und was nicht war, nun will es werden
Zu reinen Sonnen, farbigen Erden;
In keinem Falle darf es ruhn.

Es soll sich regen, schaffend handeln,
Erst sich gestalten, dann verwandeln;
Nur scheinbar steht’s Momente still.
Das Ewige regt sich fort in allen:
Denn alles muß in Nichts zerfallen,
Wenn es im Sein beharren will.

 
 
3 
 August 
 
2016

abgelegt in
Schubert, Franz

 

Kein Komponist ist näher an Gott als Schubert – so hat es der große Schubert-Pianist Artur Schnabel formuliert. Schuberts Notturno für Klaviertrio ist einer dieser klingenden Gottesbeweise.

Beethoven, Schubert, Chopin … wenn der Weltgeist spricht, sollte der Patriot schweigen, wie es dem Sterblichen gebührt!

 
 
1 
 November 
 
2011


 

Wie jede Blüte welkt
und jede Jugend
dem Alter weicht,
blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit
auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und
darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in and’re, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegensenden,
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

 

Dichter Hermann Hesse   |   Sprecher Gottfried John