Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

29 
 Juni 
 
2012

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DICHTUNG Andreas Gryphius
LESUNG Ritter von Schönhering
BEREITSTELLUNG Ritter von Schönhering


 

AVff Todten! auff! die Welt verkracht in letztem Brande!
Der Sternen Heer vergeht! der Mond ist dunckel-rott /
Die Sonn’ ohn allen Schein! Auff / ihr die Grab vnd Kott
Auff! ihr die Erd vnd See vnd Hellen hilt zu pfande!

Ihr die ihr / lebt komm’t an: der HErr / der vor in Schande
Sich richten ließ / erscheint / vor Ihm laufft Flamm’ vnd Roth
Bey Ihm steht Majestätt / nach ihm / folgt Blitz vnd Tod /
Vmb ihn / mehr Cherubim als Sand an Pontus Strande.
Wie lieblich spricht Er an / die seine Recht’ erkohren.

Wie schrecklich donnert Er / auff diese / die verlohren
Vnwiderrufflich Wort / kommt Freunde / Feinde fliht!
Der Himmel schleußt sich auff! O GOtt! welch frölich scheiden!
Die Erden reist entzwey. Welch Weh / welch schrecklich Leiden.
Weh / Weh dem / der verdamm’t: wol dem / der JEsum siht!

 
 
8 
 April 
 
2012


 

https://www.youtube.com/watch?v=saDFNki4KIw

 

Gott, du bester Kriegzerbrecher,
Mache Fried, Fried, es ist Zeit,
Mein Reich wird ja stündlich schwächer
Durch den Länderfresserstreit.
Ach, ich bin des Krieges müde,
Friedemacher, mache Friede!

Ihr, ihr hohen Potentaten,
Haupt und Glieder, groß und klein,
Helfet doch zum Friede raten,
Lasset doch die Titel sein.
Lasset alles ungerochen,
Was man hat bisher verbrochen.

Ich bitt euch um Gottes willen,
Stecket doch die Degen ein,
Dass sich Meer und Länder stillen,
Dass die Straßen werden rein,
Dass man kann zu Wasser handeln,
Sicher auf die Messen wandeln.

Seit man Kriegen hat getrieben,
Land und Stand geblasen an,
Sind nur auf der Walstatt blieben
Hundert tausend tausend Mann.
Was für Mord hat man erfahren
In den dreimal zehen Jahren?

Wieviel Tausend sind verloren
Hier zu Wasser, dar zu Land,
Wieviel Tausend sind erfroren,
Wieviel Tausend sind verbrannt,
Wieviel Tausend sind geblieben,
Die der Hunger aufgerieben?

Was ist sonst im Feld gestorben
Von der Peste, von der Ruhr,
Wieviel Tausend sind verdorben
Ohne Labsal, ohne Kur,
Wieviel haben auf der Straßen
Müssen Leib und Leben lassen?

Waisen, Witwen, Jammerlechzen
Ohne Vater, ohne Mann,
Witwen wie die Tauben ächzen,
Waisen, Fremden untertan,
Essen Tränenbrot mit Wimmern
Und sich fast zu Tode kümmern.

 

Dichtung Johann Klaj
Lesung Jürgen Holtz
Bereitstellung wortlover

 
 
6 
 April 
 
2012


 

Die Zeit ist, was ihr seyd
Gedancken über der Zeit

Ihr lebet in der Zeit
und kennt doch keine Zeit
So wisst Ihr Menschen nicht
von und in was
Ihr seyd.

Diß wisst Ihr
daß ihr seyd
in einer Zeit gebohren.
Und daß ihr werdet auch
in einer Zeit verlohren.

Was aber war die Zeit
die euch in sich gebracht?
Und was wird diese seyn
die euch
zu nichts mehr macht?

Die Zeit ist was
und nichts.
Der Mensch in gleichem Falle.
Doch was dasselbe was
und nichts sey zweifeln alle.

Die Zeit die stirbt in sich
und zeucht sich auch aus sich.
Diß kommt
aus mir und dir
von dem du bist und ich.

Der Mensch ist in der Zeit;
sie ist in ihm ingleichen.
Doch aber muß der Mensch
wenn sie noch bleibet
weichen.

Die Zeit ist was ihr seyd
und ihr seyd was die Zeit
Nur daß ihr wenger noch
als was die Zeit ist
seyd.

Ach daß doch jene Zeit
die ohne Zeit ist
kähme
Und uns aus dieser Zeit
in ihre Zeiten nähme.

Und aus uns selbsten uns
daß wir gleich köndten seyn
Wie der itzt
jener Zeit
die keine Zeit geht ein.

 

Dichtung Paul Fleming
Lesung Christian Brückner
Bereitstellung wortlover