| 15 März 2017 |
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Anrufe über Anrufe zuhauf an meinem Geburtstag…
Freunde, es ist von euch echt lieb gemeint und es freut mich Eurer Anteilnahme (ohne Ironie!) , aber bedenkt eines: Leben (in der rein quantitativen Aneinanderreihung der Lebensjahre betrachtet) ist ein PASSIVER Vorgang.
Denkt bitte auch an den AKTIVEN Vorgang, der mich überhaupt möglich gemacht hatte, damals vor 43 Jahren!
Ja, es war meine Mutter vor 43 Jahren, die in einem durchaus aktiven (schmerzhaften!!! Press-)Vorgang mich empfangen hatte, nach 9-monatiger Schwangerschaftstortour, in einem Akt jenseits männlichen Schmerzbewusstseins, lebenselemantarer Nähe und Schwangerschaftsrückbildungsmaßnahmen.
Und ich, als Mann? Ich atme nur, als Beitrag zum Leben… echt super!
Auch auf die Gefahr hin, als Muttersöhnchen abgescholten zu werden, hätte ich eine Bitte: Ruft vielleicht einfach einmal zur Abwechselung bei meiner Mutter an und bedankt euch bei ihr für den schmerzhaften Geburtsvorgang und die -im Rahmen ihrer Möglichkeiten- geleisteten Erziehungsarbeit – weitgehend OHNE Mann!
Eine wissenschaftliche Abhandlung über Geburtswehen allerdings als Mann hier zu zelebrieren, halte ich nicht nur für unabgebracht, sondern schlichtweg für dreist!
Vielmehr sollte man generell den Muttertag ABSCHAFFEN und ERSATZWEISE indes DEN MÜTTERN zum schmerzhaften Geburtstag ihrer Kinder gratulieren und auch etwaiger Fehlgeburten anteilhaft gedenken?
Dies wäre viel dienlicher!
Aber was rede ich wiederum als Single mit fehlender Stimme im Reichtstag…
| 28 Dezember 2016 |
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Dieses Bild schreckt mich ab.
Man darf mutmaßen, ob Orpheus vielleicht die Nymphe Eurydike NICHT aus dem Schattenreich führt, sondern hinter sich (h)er-zieht und sie zu seinen Lebensentwürfen/-konzepten ziehen möchte, geradezu „schleift“.
Vielleicht hatte sich Eurydike mit der Unterwelt bereits arrangiert?
Vielleicht hatte sie sich in ihren Erdentagen bereits an Orpheus‘ melodiösem Säuselwind, der ihm ambrosisch durch sein Harfenspiel streifte, satt gelauscht?
Deutungsspielräume bleiben offen…
Man sollte die Menschen nicht zu sich er-ziehen, sondern sich mehr be-ziehen, auf gemeinsame Bezugspunkte, auf übereinstimmende Interessensfelder und auf Herzen hoffen, die den gleichen oder ähnlichen Blickwinkel auf eine Sache mit einem teilen. Und dieser Blickwinkel mag noch so schräg sein, für Gedankenexperimente gibt es kein zu schräg.
Es ist besser, alleine zu bleiben und – wie im Falle Orpheus‘ – zu den Tieren und Pflanzen zu singen, als Menschen auf seine Seite zu ziehen.
(Hin- und H)Er-Ziehung funktioniert nicht und mein pädagogischer Ehrgeiz geht diesbezüglich mittlerweile asymptotisch gegen Null!
Denn was sich von einem absondern will, sich an anderen Quellen laben möchte, wird dies auch tun.
Bäche werden hinab eilen, man kann und darf sie nicht aufhalten, weil es in ihrer Natur liegt.
Was einem immer bleibt, sind die treuen Zisternen Hoffnung verheißender Frische.
Wie Orpheus gilt es, dem angestimmten Harfenspiel mit seiner Lebensmelodie treu zu bleiben.
| 29 Januar 2016 |
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Unter Bildungsniveau verstehe ich nicht die sprachliche Kompetenz der Muttersprache, noch die kognitive Durchdringung mathematischer Zusammenhänge, noch die Wissensanhäufung in Geistes- oder Kulturwissenschaften.
Bildung (engl. „education“) meint Er-Ziehung, das Hin-Ziehen zu Normen und Werten einer menschlichen Gemeinschaft bis hin zu deren Verinnerlichung (Internalisierung).
Erziehungsberechtigte als auch gesetzliche Vorgaben erfüllen in Anlehnung an Erich Fromm nur die temporäre Funktion, Verhaltensweisen wach zu halten und durch ständige Präsenz (Außenwirkung) strukturgebend eigenes Verhalten dahin langfristig zu „installieren“, das die inneren Moralvorstellungen zu einem Konsens mit dem äußeren moralischen Kodex führt.
Werden also gewisse Gesellschaftsregeln menschlichen Umgangs eingehalten, einem Normenkatalog gefolgt, so kann man auch bei einem Menschen mit einer geistigen Behinderung von einem hohen Bildungsniveau durchaus sprechen, wobei ein Akademiker mit sozial unverträglichem Verhalten in diesem Zusammenhang ein niedriges Bildungsniveau aufweist.
| 11 März 2012 |
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Der Blinde und der Lahme (1:21)
Christian Fürchtegott Gellert (1715 – 1769)
Der Zufall ließ einst einen Blinden
Einen Gelähmten auf der Straße finden.
Der Blinde hofft drum freudenvoll,
Dass ihn der Lahme leiten soll.
»Dir« spricht der Lahme »beizustehn?
Ich armer Mann kann zwar nicht gehn,
Doch scheints, dass du zu einer Last
Noch sehr gesunde Schultern hast.
Entschließe dich, mich fortzutragen,
So will ich dir die Wege sagen.
So wird dein starker Fuß mein Bein,
Mein helles Aug wird deines sein.«
Der Lahme hängt, mit seinen Krücken,
Sich auf des Blinden breiten Rücken.
Vereint wirkt also dieses Paar,
Was einzeln keinem möglich war.
Du hast das nicht, was andre haben,
Und andern mangeln deine Gaben?
Aus dieser Unvollkommenheit
Entspringet die Geselligkeit.
Nicht jede Besserung ist Tugend (3:15)
Christian Fürchtegott Gellert (1715 – 1769)
Nicht jede Besserung ist Tugend.
Oft ist sie nur das Werk der Zeit.
Die wilde Hitze roher Jugend
Wird mit den Jahren Sittsamkeit.
Und was Natur und Zeit getan,
Sieht unser Stolz als Besserung an.
Das Kutschpferd (4:31)
Christian Fürchtegott Gellert (1715 – 1769)
Ein edler Hengst sah einen Gaul den Pflug im Acker ziehn
Und wiehernd voller Stolz blickt er herab auf ihn.
Nun, sprach er und fing an, die Schenkel schön zu heben,
Nun, Freund, kannst du dir solches Aussehn geben
Und wirst, wie ich, bewundert in der Welt?
Schweig, rief der Gaul, und lass mich ruhig pflügen.
Denn baute nicht mein Fleiß das Feld,
Wo würdest du den Hafer kriegen,
Der deiner Schenkel Aussehn dir erhält?
Die ihr uns Niedern so verachtet,
Vornehme Müßiggänger, wisst,
Dass selbst der Stolz, mit dem ihr uns betrachtet,
Ja, euer Vorzug selbst, aus dem ihr uns verachtet,
Auf unsern Fleiß gegründet ist!
Gesetzt, du hättest wirklich bessre Sitten,
So wär der Vorzug doch nicht dein.
Denn stammtest du aus unsren Hütten,
So hättest du auch unsre Sitten,
Und was du bist, und mehr, das würden wir auch sein,
Wenn wir wie du erzogen wären.
Dich kann die Welt sehr leicht, uns aber nicht entbehren.
Der Tanzbär (6:58)
Christian Fürchtegott Gellert (1715 – 1769)
Ein Bär, der lang sein Brot sich hat ertanzen müssen,
Entfloh und kam in seine Heimat bald.
Die Freunde grüßten ihn mit brüderlichen Küssen
Und brummten freudig durch den Wald.
Und wo ein Bär den andern sah,
So hieß es: Petz ist wieder da!
Darauf erzählte der, was er in fremden Landen
Für Abenteuer ausgestanden.
Was er gesehn, gehört, getan!
Und fing auf polnisch schön zu tanzen an.
Die Bären, die ihn auf zwei Beinen sahn,
Bewunderten die Wendung seiner Glieder,
Und gleich versuchten es die Brüder,
Wie er zu tanzen und zu gehn.
Doch konnten Sie kaum aufrecht stehn,
Und mancher fiel der Länge lang darnieder.
In voller Grazie ließ sich Petz nun sehn.
Jedoch sein Tanz verdross den blöden Haufen.
»Fort«, schrien alle, »fort mit dir!
Du Narr, willst klüger sein als wir?«
Und zwangen ihn davon zu laufen.
Sei ungeschickt, und niemand wird dich hassen,
Weil dir ein jeder ähnlich ist.
Doch je geschickter du vor all den andern bist,
Je mehr nimm dich in acht, dich prahlend sehn zu lassen.
Wahr ists, man wird auf kurze Zeit
Von deinen Künsten rühmlich sprechen.
Doch trau dem Braten nicht, bald folgt der Neid
Und macht deine Geschicklichkeit
Zum unverzeihlichen Verbrechen.



























