Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

8 
 Mai 
 
2019


 


Säule 1

Des Herzens Feuerschale
Verwirrung aus Verwechslung



Aus den Briefen Epiktets [1]fiktiv
an Lucius Flavius Arrianus [2]Zusammenfassung aus: “Handbüchlein der Moral”
Verlage: Ad Fontes, Reclam, Anaconda
Erdensohn, nimm dir zu Herzen, dass der Gestirne beseelte
Lauf höher’m Plane nur folgt, nicht der gewiesenen Bahn [3] der gedachten Bahn
deiner Wünsche. Denn so du des Himmels Gewalt unterjochst zu
deiner Gefolgschaft – weh dir – bist du ein nichtswürd’ger Tor!
Wirst dies auch bleiben, scheidest du nicht das Fremde vom Eignen:
Fremder Waldungen Forst, eig’nen Garten Bezirks!

Statt mit frevelnder Axt am Gehölz deinen Vorrat zu mehren, [4]Stunden im Garten” von Hermann Hesse,
vgl. auch das “Das Gleichnis vom reichen Kornbauer
Lukas 12; 16 ff.

pflege des Geists Paradies, Jovis Garten, und erfreu’
keimender Hoffnung dich doch, in stiller Erwartung! Genügsam
säume der Buchs dein Gefild heiter, befriedeter Schau:

        Prächtig gedeihen des Edelsinns Rosen, duftend ensteigt die
        Wohlrede feinem Geblüm, Sanftmut umschmieget den Dorn…

Nichts wird bestürmen [5] verheeren die blühenden Beete, noch Kummergewölk dir
grauen der Stirn Horizont, reiner das lichttrunk’ne Aug’!
→ zu Mnemosynes Geleit
→ Zenons Wandelhalle
Die stoischen Siegessäulen

Fußnoten[+]

 
 
1 
 November 
 
2016


 

In seiner Fülle ruhet der Herbsttag nun,
Geläutert ist die Traub und der Hain ist roth
Vom Obst, wenn schon der holden Blüthen
Manche der Erde zum Danke fielen.

Und rings im Felde, wo ich den Pfad hinaus
Den stillen wandle, ist den Zufriedenen
Ihr Gut gereift und viel der frohen
Mühe gewähret der Reichtum ihnen.

Vom Himmel bliket zu den Geschäfftigen
Durch ihre Bäume milde das Licht herab,
Die Freude theilend, denn es wuchs durch
Hände der Menschen allein die Frucht nicht.

Und leuchtest du, o Goldnes, auch mir, und wehst
Auch du mir wieder, Lüftchen, als seegnetest
Du eine Freude mir, wie einst, und
Irrst, wie um Glükliche, mir am Busen?

Einst war ichs, doch wie Rosen, vergänglich war
Das fromme Leben, ach! und es mahnen noch,
Die blühend mir geblieben sind, die
Holden Gestirne zu oft mich dessen.

Beglükt, wer, ruhig liebend ein frommes Weib,
Am eignen Heerd in rühmlicher Heimath lebt,
Es leuchtet über vestem Boden
Schöner dem sicheren Mann sein Himmel.

Denn, wie die Pflanze, wurzelt auf eignem Grund
Sie nicht, verglüht die Seele des Sterblichen,
Der mit dem Tageslichte nur, ein
Armer, auf heiliger Erde wandelt.

Zu mächtig ach! ihr himmlischen Höhen zieht
Ihr mich empor, bei Stürmen, am heitern Tag
Fühl ich verzehrend euch im Busen
Wechseln, ihr wandelnden Götterkräfte.

Doch heute laß mich stille den trauten Pfad
Zum Haine gehn, dem golden die Wipfel schmükt
Sein sterbend Laub, und kränzt auch mir die
Stirne, ihr holden Erinnerungen!

Und daß mir auch zu retten mein sterblich Herz,
Wie andern eine bleibende Stätte sei,
Und heimathlos die Seele mir nicht
Über das Leben hinweg sich sehne,

Sei du, Gesang, mein freundlich Asyl! sei du
Beglükender! mit sorgender Liebe mir
Gepflegt, der Garten, wo ich, wandelnd
Unter den Blüthen, den immerjungen,

In sichrer Einfalt wohne, wenn draußen mir
Mit ihren Wellen allen die mächtge Zeit
Die Wandelbare fern rauscht und die
Stillere Sonne mein Wirken fördert.

Ihr seegnet gütig über den Sterblichen
Ihr Himmelskräfte! jedem sein Eigentum,
O seegnet meines auch und daß zu
Frühe die Parze den Traum nicht ende.

 

Textdichter Friedrich Hölderlin
Lesung Christian Brückner

 
 
12 
 November 
 
2015


 


Schöne Nacht,
Gestirne wandeln
Heilig über dir,
Und des Tags bewegtes Handeln,
Stillt zum Traum sich hier.

Was ich sehne,
Was ich fühle,
Ist nun doppelt mein,
Ach, in deiner keuschen Kühle,
Wird es gut und rein.

Und so bringst du
Diese Erde,
Bringst mein Herz zur Ruh,
Dass es still und stiller werde,
Schöne Nacht wie du.


Textdichter Carl Busse
Musik Wilhelm Nagel