Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

29 
 August 
 
2016

abgelegt in
Gedankenschau

 

Die Literatur (die Lyrik vermutlich explizit) bediente sich schon immer mehrerer Bedeutungsebenen und hat sich vielleicht auch gerade dadurch definiert.
Daher laufen von mir eingestellte oder verwiesene Texte immer Gefahr, fehlgedeutet/reduziert auf eine konkrete Situation zu werden.

Ich kann allerdings nicht jedes Wort auf seinen potentiellen Deutungsgehalt hin “abklopfen” und mittels fortwährender “Destillationsversuche” dadurch meine Sprache “kastrieren”.

Die Sprache ist ein Abenteuer-Spielplatz und kein Laufstall, meine Gedanken oft närrische Kinder mit unbändbarem Aktionsradius…

 
 
25 
 August 
 
2016

abgelegt in
Gedankenschau

 

Rilke wäre nicht Rilke, wenn man ihn nicht wie ein Kuchenrezept lesen könnte, indem Zucker ein Äquivalent für etwas Süßes und Eigelb Garant für einen appetitlichen Farbton ist.
Ich distanziere mich in diesem Zusammenhang von jedweder Diskrimnierung kuchenbackener Hausfrauen, zumal ich selbst keinen Kuchen backen kann bzw. das Endprodukt auf dem Prüfstand allgemeiner Verköstigung qualitativ noch weite Obergrenzen zuließe.

Rilkes Werk ist für mich hinsichtlich einer lebenspraktischen Sinnentnahme und Handlungsanweisung oft schwierig zu deuten und fürwahr: bei einer Deutung bleibt es meist.

Zur Königsdisziplin zählen hierbei sicherlich die Duineser Elegien, die mit ihrem Komplexitätsanspruch (Mehrschichtigkeit) einer polyphonen Bachfuge gleichen, auf der dunklen Klaviatur subtiler Bedeutungsebenen spielend: “Fremdes” ist oft “Vertrautes”, emotionale Zustände verdichten sich außerpersonell in der unbelebten Natur, Wirkungsprinzipien werden durch Analogien zum Ausdruck gebracht.

Wohl dem, der zur richtigen Lesart die Rilkebrille zur Hand hat!

Der Symbolismus möchte weder die gesellschaftliche Wirklichkeit, wie z. B. der Realismus, noch persönliche Empfindungen oder subjektive Reaktionen auf äußere Ereignisse, wie Romantik und Impressionismus, darstellen.
Er schafft eine ästhetische oder mystische Kunstwelt, die für ihn ebenso der „Realität“ entspricht; die symbolistische Dichtung bildet im gleichen Maße ab, wie sie bildet.

Quelle: Wikipedia

 
 
7 
 Oktober 
 
2012


 

DICHTUNG Erich Kästner
LESUNG Hermann Lause
BEREITSTELLUNG wortlover


 

Gustav Renner war bestimmt
die beste Kraft am Toggenburger Stadttheater.
Alle kannten seine weiße Weste,
alle kannten ihn als Heldenvater.

Alle lobten ihn, sogar die Kenner,
und die Damen fanden ihn sogar noch schlank.
Schade war nur, dass sich Gustav Renner,
wenn er Geld besaß, enorm betrank.

Eines Abends, als man Hamlet gab,
spielte er den Geist von Hamlets Vater,
Ach, er kam betrunken aus dem Grab,
und was man nur Dummes tun kann, tat er.

Hamlet war aufs äußerste bestürzt,
denn der Geist fiel gänzlich aus der Rolle,
und die Szene wurde abgekürzt.
Renner fragte, was man von ihm wolle?

Man versuchte hinter den Kulissen
ihn von seinem Rausche zu befreien,
legte ihn lang hin und gab ihm Kissen,
und dabei schlief Gustav Renner ein.

Die Kollegen spielten nun exakt,
weil er schlief und sie nicht länger störte.
Doch er kam! Und Zwar im nächsten Akt,
wo er absolut nicht hingehörte.

Seiner Gattin trat er auf den Fuß,
seinem Sohn zerbrach er das Florett,
und er tanzte mit Ophelia Blues,
und den König schmiss er ins Parkett.

Alle zitterten und rissen aus,
doch dem Publikum war das egal;
so etwas von donnerndem Applaus
gab’s in Toggenburg zum ersten Mal.

Und die meisten Toggenburger fanden:
Endlich hätten sie das Stück verstanden.