Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

10 
 Juni 
 
2017


 

Ich hätte einen “Schuss”, so sagte man, sei komisch, zu sehr verkopft, der sich meist selbst im Wege stehe.

Nun, so sei es: [sic!]
Interpunktionell richtig gelesen: ein Doppelpunkt (für meine weiteren Anmerkungen).

Denn egal auch, welche Position ich einnehme:

[1]
Verneine ich die Auffassung meiner sozialen Umwelt mit den Worten “Man versteht mich nur nicht und gebe sich auch nicht annähernd die Mühe, mich zu versehen”, müsste ich mich dem Gelächter aussetzen, ich würde als “unentdecktes Genie” mich posen.

[2]
Würde ich der Meinung meiner Mitmenschen allerdings beipflichten, so müsste ich mich selbst verneinen.

Ich werde daher weder das eine noch das andere tun, sondern still mich ergeben, nur dem “inneren Führer” (Hesse) folgen.

So sei es. [sic!] Nun setze ich den (Schluss-)Punkt.

Der alte Narr

    Ein Künstler auf dem hohen Seil,
    Der alt geworden mittlerweil,
    Stieg eines Tages vom Gerüst
    Und sprach: Nun will ich unten bleiben
    Und nur noch Hausgymnastik treiben,
    Was zur Verdauung nötig ist.
    Da riefen alle: »O wie schad!
    Der Meister scheint doch allnachgrad
    Zu schwach und steif zum Seilbesteigen!«
    Ha! denkt er. Dieses wird sich zeigen!
    Und richtig, eh der Markt geschlossen,
    Treibt er aufs neu die alten Possen
    Hoch in die Luft, und zwar mit Glück,
    Bis auf ein kleines Mißgeschick.
    Er fiel herab in großer Eile
    Und knickte sich die Wirbelsäule.
    »Der alte Narr! Jetzt bleibt er krumm!«
    So äußert sich das Publikum.

 

Textdichter Wilhelm Busch
Lesung Florian Friedrich

 
 
9 
 August 
 
2016

Schlagwörter

0

 

DICHTUNG Heinrich Heine
LESUNG Katharina Thalbach


 

Der Vorhang fällt, das Stück ist aus,
Und Herrn und Damen gehn nach Haus.
Ob ihnen auch das Stück gefallen?
Ich glaub, ich hörte Beifall schallen.
Ein hochverehrtes Publikum
Beklatschte dankbar seinen Dichter.
Jetzt aber ist das Haus so stumm,
Und sind verschwunden Lust und Lichter.

Doch horch! ein schollernd schnöder Klang
Ertönt unfern der öden Bühne,
Vielleicht, daß eine Seite sprang
An einer alten Violine.
Verdrießlich rascheln im Parterr
Etwelche Ratten hin und her,
Und alles riecht nach ranzgem Öle.
Die letzte Lampe ächzt und zischt
Verzweiflungsvoll und sie erlischt.
Das arme Licht war meine Seele.

 
 
6 
 September 
 
2015


 

PROSA Franz Kafka
LESUNG Axel Grube
BEREITSTELLUNG Aspasia16


 

 

Prosa von   
Lesung   

 

Wer verlassen lebt und sich doch hie und da irgendwo anschließen möchte, wer mit Rücksicht auf die Veränderungen der Tageszeit der Witterung, der Berufsverhältnisse und dergleichen ohne weiteres irgendeinen beliebigen Arm sehen will, an dem er sich halten könnte, – der wird es ohne ein Gassenfenster nicht lange treiben. Und steht es mit ihm so, daß er gar nichts sucht und nur als müder Mann, die Augen auf und ab zwischen Publikum und Himmel, an seine Fensterbrüstung tritt, und er will nicht und hat ein wenig den Kopf zurückgeneigt, so reißen ihn doch unten die Pferde mit in ihr Gefolge von Wagen und Lärm und damit endlich der menschlichen Eintracht zu.