Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

11 
 März 
 
2012

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

Tausend Dank an Lutz Görner für die Einstellung auf YouTube!
Eventuelle Kommentare zum Video-Clip bitte direkt auf YouTube!

 

 
Der Blinde und der Lahme (1:21)
Christian Fürchtegott Gellert (1715 – 1769)

Der Zufall ließ einst einen Blinden
Einen Gelähmten auf der Straße finden.
Der Blinde hofft drum freudenvoll,
Dass ihn der Lahme leiten soll.

»Dir« spricht der Lahme »beizustehn?
Ich armer Mann kann zwar nicht gehn,
Doch scheints, dass du zu einer Last
Noch sehr gesunde Schultern hast.

Entschließe dich, mich fortzutragen,
So will ich dir die Wege sagen.
So wird dein starker Fuß mein Bein,
Mein helles Aug wird deines sein.«

Der Lahme hängt, mit seinen Krücken,
Sich auf des Blinden breiten Rücken.
Vereint wirkt also dieses Paar,
Was einzeln keinem möglich war.

Du hast das nicht, was andre haben,
Und andern mangeln deine Gaben?
Aus dieser Unvollkommenheit
Entspringet die Geselligkeit.

 

 
Nicht jede Besserung ist Tugend (3:15)
Christian Fürchtegott Gellert (1715 – 1769)

Nicht jede Besserung ist Tugend.
Oft ist sie nur das Werk der Zeit.
Die wilde Hitze roher Jugend
Wird mit den Jahren Sittsamkeit.
Und was Natur und Zeit getan,
Sieht unser Stolz als Besserung an.

 

 
Das Kutschpferd (4:31)
Christian Fürchtegott Gellert (1715 – 1769)

Ein edler Hengst sah einen Gaul den Pflug im Acker ziehn
Und wiehernd voller Stolz blickt er herab auf ihn.
Nun, sprach er und fing an, die Schenkel schön zu heben,
Nun, Freund, kannst du dir solches Aussehn geben
Und wirst, wie ich, bewundert in der Welt?
Schweig, rief der Gaul, und lass mich ruhig pflügen.
Denn baute nicht mein Fleiß das Feld,
Wo würdest du den Hafer kriegen,
Der deiner Schenkel Aussehn dir erhält?
Die ihr uns Niedern so verachtet,
Vornehme Müßiggänger, wisst,
Dass selbst der Stolz, mit dem ihr uns betrachtet,
Ja, euer Vorzug selbst, aus dem ihr uns verachtet,
Auf unsern Fleiß gegründet ist!
Gesetzt, du hättest wirklich bessre Sitten,
So wär der Vorzug doch nicht dein.
Denn stammtest du aus unsren Hütten,
So hättest du auch unsre Sitten,
Und was du bist, und mehr, das würden wir auch sein,
Wenn wir wie du erzogen wären.
Dich kann die Welt sehr leicht, uns aber nicht entbehren.

 

 
Der Tanzbär (6:58)
Christian Fürchtegott Gellert (1715 – 1769)

Ein Bär, der lang sein Brot sich hat ertanzen müssen,
Entfloh und kam in seine Heimat bald.
Die Freunde grüßten ihn mit brüderlichen Küssen
Und brummten freudig durch den Wald.
Und wo ein Bär den andern sah,
So hieß es: Petz ist wieder da!
Darauf erzählte der, was er in fremden Landen
Für Abenteuer ausgestanden.
Was er gesehn, gehört, getan!
Und fing auf polnisch schön zu tanzen an.

Die Bären, die ihn auf zwei Beinen sahn,
Bewunderten die Wendung seiner Glieder,
Und gleich versuchten es die Brüder,
Wie er zu tanzen und zu gehn.
Doch konnten Sie kaum aufrecht stehn,
Und mancher fiel der Länge lang darnieder.
In voller Grazie ließ sich Petz nun sehn.
Jedoch sein Tanz verdross den blöden Haufen.
»Fort«, schrien alle, »fort mit dir!
Du Narr, willst klüger sein als wir?«
Und zwangen ihn davon zu laufen.

Sei ungeschickt, und niemand wird dich hassen,
Weil dir ein jeder ähnlich ist.
Doch je geschickter du vor all den andern bist,
Je mehr nimm dich in acht, dich prahlend sehn zu lassen.
Wahr ists, man wird auf kurze Zeit
Von deinen Künsten rühmlich sprechen.
Doch trau dem Braten nicht, bald folgt der Neid
Und macht deine Geschicklichkeit
Zum unverzeihlichen Verbrechen.

 
 
24 
 Februar 
 
2012

abgelegt in
Briefe | Gedankenschau

 

Aber letztlich legitimiert doch gerade die Christenlehre, sich die “Erde untertan zu machen”, was in unserem letzten Gespräch wunderbar -im wahrsten Sinne des Wortes- mit der gewendeten Ackerscholle (“Umbrechen” / Begünstigung der Bodenerosion) veranschauchlicht werden könnte mittels des Bildes der Feldbestellung:

  • Umwälzung (Umkrempelung ökologischer Tatsachen)
  • Durchkneten der Bodenaggregate (Vermischung subjektiv-verfärbter Meinungen zu einem “Einheitsbrei”)
  • Erosion (Abtragung eines ethischen Wertesystems)

Wo führt das hin? Hätten wir doch auf den Bäumen bleiben sollen?

Im Pantheismus wäre diese “Vergewaltigung” der Mutter Erde vielleicht undenkbar.
Ich darf aus einem “Theaterstück” von mir zitieren (metrische Unebenheiten bitte tolerieren):

Der Mensch, er presst aus meinem Schoß
der immer reichen Gabenfülle
mit unnachgieb’gem Würgegriff
die reichen Ernten
und füllt damit die Scheunen der Zufriedenheit.

Im Pantheismus, in der Beseelung aller Natur und Aufbau eines “Ehrfurchtsgefühls” zur derselben (emotionale Bindung, “Patenschaft”) sehe ich eine ökologische Chance, nicht in einer Offenbarungsreligion (Judentum, Islam, Christentum), die sich vielleicht (?) um die diesseitige
(Um-)Welt weniger kümmert, vertröstet sie doch auf eine durch Gott erneuerte/erneuernde Welt oder dem bereits Vorhandensein einer jenseits harmonischen.

Offenbarungsreligionen wurden schon zu oft für den menschlichen Egoismus instrumentalisiert, als Sedierung des ökologischen Gewissens.

 
 
7 
 Februar 
 
2012

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Wie herrlich leuchtet
mir die Natur!
Wie glänzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!
Es dringen Blüten
aus jedem Zweig
und tausend Stimmen
aus dem Gesträuch.

Und Freud und Wonne
aus jeder Brust.
O Erd, o Sonne!
O Glück, o Lust!
O Lieb, o Liebe!
So golden schön,
wie Morgenwolken
auf jenen Höhn!

Du segnest herrlich
das frische Feld,
im Blütendampfe
die volle Welt.

O Mädchen, Mädchen,
wie lieb ich dich!
Wie blinkt dein Auge!
Wie liebst Du mich!

So liebt die Lerche
Gesang und Luft,
und Morgenblumen
den Himmelsduft,
wie ich dich liebe
mit warmem Blut
die du mir Jugend
und Freud und Mut
zu neuen Liedern
und Tänzen gibst.
Sei ewig glücklich,
wie du mich liebst!

 

Textdichter Johann Wolfgang von Goethe
Lesung Gerd Wameling
Bereitstellung wortlover