| 29 Oktober 2017 |
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Charles Baudelaire (1821 – 1867)
In diesem Augenblick verschließ dem Lärm dein Ohr.
Die Stunde ists, da Gram und Schmerzen sich verschlimmern,
Da uns die finstre Nacht die Kehle würgt, und Wimmern
Die Hospitäler überfüllt, da still der Kranken Heer
Zum großen Abgrund wallt. – Ja, mancher kommt nie mehr
Und isst nie mehr die Suppe still, träumt, blickt ins Feuer
Ganz nah beim Herd und nah der Seele, die ihm teuer.
Charles Baudelaire (1821 – 1867)
Da sie entschlummert ruht tief unter Gras und Blüte,
Lasst ein paar Blumen uns ihr legen auf den Stein.
Die armen Toten, ach, sie leiden soviel Pein.
Wenn der Oktoberwind die alten Bäume schüttelt,
Traurige Lieder singt, an ihrem Grabstein rüttelt,
Dann finden sie gewiss, dass wir recht herzlos sind
In unsrem warmen Bett, geschützt vor Frost und Wind.
Wenn nun an dem Kamin, beim Knisterton der Scheite
Plötzlich die Magd der Kindheit säß an meiner Seite,
Ernsthaft und bleich wie aus der ewgen Nacht geschickt,
Aufs großgewordne Kind mit Mutteraugen blickt,
Was kann ich dann zu ihr, der frommen Seele, sprechen,
Aus deren hohlem Aug endlose Tränen brechen?
Charles Baudelaire (1821 – 1867)
Die Reize all, die deine Jugend schmücken.
Will malen deiner Schönheit Art,
Darin sich Kindlichkeit mit stolzer Reife paart.
Wenn leis im Wind dir deine Röcke wehen,
Glaub ich, ein Schiff in hoher Fahrt zu sehen,
Das segelschwer die Flut durchfliegt,
In sanftem Takt sich träg und weich und lässig wiegt.
Auf deinem runden Hals, den stolze Schultern tragen,
Seh ich dein schönes Haupt in seltner Anmut ragen.
Voll Sanftmut und doch stolzgesinnt
Gehst deines Weges du, ein majestätisch Kind.
Ich will dir schildern, du mein hold Entzücken,
Die Reize all, die deine Jugend schmücken.
Will malen deiner Schönheit Art,
Darin sich Kindlichkeit mit stolzer Reife paart.
Dein Busen, der sich wölbt, die Seide strafft, die feine,
Gleicht einem köstlichen und schöngeformten Schreine,
Auf dessen Fläche klar und licht
Wie auf metallnem Schild der Sonne Glanz sich bricht.
Verlockend Schilderpaar, bewehrt mit rosigen Spitzen!
Schrein, der voll Heimlichkeit viel Holdes muss beschützen,
Duft, Spezerei und dunklen Wein,
Draus süßer Taumel strömt in Herz und Hirn hinein!
Wenn leis im Wind dir deine Röcke wehen,
Glaub ich, ein Schiff in hoher Fahrt zu sehen,
Das segelschwer die Flut durchfliegt,
In sanftem Takt sich träg und weich und lässig wiegt.
Die edlen Beine, die des Kleides Falten jagen,
Erwecken dunkle Lust und dunkler Wünsche Plagen.
Zwei Zauberschwestern sind sie mir,
Voll schwarzem Liebestrank in tiefer Schale hier.
Die Arme könnten leicht mit jungen Riesen ringen,
Schimmernden Schlangen gleich, die stark und weich umschlingen,
Den Liebsten. Zu schmieden wie mit Erz
Ihn an die Brust, zu pressen ihn ins Herz.
Auf deinem runden Hals, den stolze Schultern tragen,
Seh ich dein schönes Haupt in seltner Anmut ragen.
Voll Sanftmut und doch stolzgesinnt
Gehst deines Weges du, ein majestätisch Kind.
| 3 Oktober 2017 |
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| DICHTUNG | Friedrich Hölderlin | |
| LESUNG | Christian Brückner |
Die Sagen, die der Erde sich entfernen,
Vom Geiste, der gewesen ist und wiederkehret,
Sie kehren zu der Menschheit sich, und vieles lernen
Wir aus der Zeit, die eilends sich verzehret.
Die Bilder der Vergangenheit sind nicht verlassen
Von der Natur, als wie die Tag’ verblassen
Im hohen Sommer, kehrt der Herbst zur Erde nieder,
Der Geist der Schauer findet sich am Himmel wieder.
In kurzer Zeit hat vieles sich geendet,
Der Landmann, der am Pfluge sich gezeiget,
Er siehet, wie das Jahr sich frohem Ende neiget,
In solchen Bildern ist des Menschen Tag vollendet.
Der Erde Rund mit Felsen ausgezieret
Ist wie die Wolke nicht, die Abends sich verlieret,
Es zeiget sich mit einem goldnen Tage,
Und die Vollkommenheit ist ohne Klage.
| 5 April 2015 |
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Die Welten entstehen aus der Bewegung.
Die Erde sei das, was vom ursprünglich Feuchten an den hohlen Stellen der Erde übrig geblieben sei. Anaximander meinte, die Erde sei schwebend, von nichts überwältigt und in Beharrung ruhend infolge ihres gleichen Abstandes von allen Himmelskreisen. Ihre Gestalt sei rund, gewölbt und ähnele in der Art eines steinernen Säulensegments einem Zylinder. Wir stünden auf der einen ihrer Grundflächen; die andere sei dieser entgegengesetzt. Regengüsse bildeten sich aus der Ausdünstung, welche infolge der Sonnenstrahlung aus der Erde hervorgerufen werde. Blitze entstünden, indem der Wind sich in die Wolken hineinstürze und sie auseinander schlage.
Woraus aber für das Seiende das Entstehen ist, dahinein erfolgt auch ihr Vergehen gemäß der Notwendigkeit; denn sie schaffen einander Ausgleich und zahlen Buße für ihre Ungerechtigkeit nach der Ordnung der Zeit. [1]Die Vorsokratiker: Leben, Denken und Wirkungsgeschichte.
Ein Hörbuch von Axel Grube.
Die Erdscheibe werden vom Wasser gestützt und fahre wie ein Schiff.
Wenn die Erdscheibe erbebt, schwankt sie in Folge einer Bewegung des Wassers. [2]Die Vorsokratiker: Leben, Denken und Wirkungsgeschichte.
Ein Hörbuch von Axel Grube.
Fußnoten
| 3 November 2012 |
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Die zwei Gesellen (2:32)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)
Es zogen zwei rüstge Gesellen
Zum ersten Mal von Haus,
So jubelnd recht in die hellen,
Klingenden, singenden Wellen
Des vollen Frühlings hinaus.
Die strebten nach hohen Dingen.
Die wollten, trotz Lust und Schmerz,
Was rechts in der Welt vollbringen.
Und wem sie vorübergingen,
Dem lachten Sinnen und Herz. –
Der erste, der fand ein Liebchen.
Die Schwieger kauft Hof und Haus.
Der wiegte gar bald ein Bübchen
Und sah aus heimlichem Stübchen
Behaglich ins Feld hinaus.
Dem zweiten sangen und logen
Die tausend Stimmen im Grund,
Verlockend Sirenen, und zogen
Ihn in der buhlenden Wogen
Farbig klingenden Schlund.
Und wie er auftaucht vom Schlunde,
Da war er müde und alt.
Sein Schifflein, das lag im Grunde.
So still wars rings in der Runde.
Und über die Wasser wehts kalt.
Es singen und klingen die Wellen
Des Frühlings wohl über mir.
Und seh ich so kecke Gesellen,
Die Tränen im Auge mir schwellen –
Ach Gott, führ uns liebreich zu Dir!
Mondnacht (5:31)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nur träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder.
Die Ähren wogten sacht.
Es rauschten leis die Wälder.
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus.
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Es schienen so golden die Sterne (6:30)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)
Es schienen so golden die Sterne.
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leib entbrennte,
Da hab ich mir heimlich gedacht:
Ach, wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!
Lockung (7:02)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)
Hörst du nicht die Bäume rauschen
Draußen durch das stille Rund?
Lockts dich nicht, hinabzulauschen
Von dem Söller in den Grund?
Wo die vielen Bäche gehen
Wunderbar im Mondenschein
Und die stillen Schlösser sehen
In den Fluss vom hohen Stein?
Kennst du noch die irren Lieder?
Aus der alten, schönen Zeit?
Sie erwachen alle wieder
Nachts in Waldeseinsamkeit.
Wenn die Bäume träumend lauschen
Und der Flieder duftet schwül
Und im Fluss die Nixen rauschen –
Komm herab, hier ists so kühl.
Das zerbrochene Ringlein (8:10)
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)
In einem kühlen Grunde,
Da geht ein Mühlenrad.
Meine Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.
Sie hat mir Treu versprochen.
Gab mir ein Ring dabei.
Sie hat die Treu gebrochen.
Mein Ringlein sprang entzwei.
Ich möcht als Spielmann reisen
Weit in die Welt hinaus
Und singen meine Weisen
Und gehn von Haus zu Haus.
Ich möcht als Reiter fliegen
Wohl in die blutge Schlacht.
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.
Hör ich das Mühlrad gehen:
Ich weiß nicht, was ich will –
Ich möcht am liebsten sterben,
Da wärs auf einmal still!
| 8 Juli 2012 |
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Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,
Aufgestanden unten aus Gewölben tief.
In der Dämmrung steht er, groß und unbekannt,
Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.
In den Abendlärm der Städte fällt es weit,
Frost und Schatten einer fremden Dunkelheit.
Und der Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.
Es wird still. Sie sehn sich um. Und keiner weiß.
In den Gassen faßt es ihre Schulter leicht.
Eine Frage. Keine Antwort. Ein Gesicht erbleicht.
In der Ferne zittert ein Geläute dünn,
Und die Bärte zittern um ihr spitzes Kinn.
Auf den Bergen hebt er schon zu tanzen an,
Und er schreit: Ihr Krieger alle, auf und an!
Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,
Drum von tausend Schädeln laute Kette hängt.
Einem Turm gleich tritt er aus die letzte Glut,
Wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut.
Zahllos sind die Leichen schon im Schilf gestreckt,
Von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt.
Über runder Mauern blauem Flammenschwall
Steht er, über schwarzer Gassen Waffenschall.
Über Toren, wo die Wächter liegen quer,
Über Brücken, die von Bergen Toter schwer.
In die Nacht er jagt das Feuer querfeldein,
Einen roten Hund mit wilder Mäuler Schrein.
Aus dem Dunkel springt der Nächte schwarze Welt,
Von Vulkanen furchtbar ist ihr Rand erhellt.
Und mit tausend hohen Zipfelmützen weit
Sind die finstren Ebnen flackend überstreut,
Und was unten auf den Straßen wimmelnd flieht,
Stößt er in die Feuerwälder, wo die Flamme brausend zieht.
Und die Flammen fressen brennend Wald um Wald,
Gelbe Fledermäuse, zackig in das Laub gekrallt,
Seine Stange haut er wie ein Köhlerknecht
In die Bäume, dass das Feuer brause recht.
Eine große Stadt versank in gelbem Rauch,
Warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.
Aber riesig über glühnden Trümmern steht,
Der in wilde Himmel dreimal seine Fackel dreht,
Über sturmzerfetzter Wolken Widerschein,
In des toten Dunkels kalten Wüstenein,
Dass er mit dem Brande weit die Nacht verdorr,
Pech und Feuer träufet unten auf Gomorrh.
| Textdichter | Georg Heym | |
| Lesung | Samuel Weiss | |
| Bereitstellung | wortlover |
| 5 Mai 2012 |
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Wir träumten voneinander
Und sind davon erwacht.
Wir leben, um uns zu lieben,
Und sinken zurück in die Nacht.
Du tratst aus meinem Traume,
Aus deinem trat ich hervor,
Wir sterben, wenn sich Eines
Im andern ganz verlor.
Auf einer Lilie zittern
Zwei Tropfen, rein und rund,
Zerfließen in Eins und rollen
Hinab in des Kelches Grund.
| Dichtung | Friedrich Hebbel | |
| Lesung | Max Volkert Martens | |
| Bereitstellung | wortlover |
























