28 Juli 2017 | |
[ Bemerkung zum Text ] [2] Ich distanziere mich explit zu Bezügen aus meinem privaten Umfeld, die rein zufällig wären und der Text darüberhinaus dem Jahre 1999(?) entstammt. Lediglich die Verortung im Gedichtezyklus “Mnemosynes Geleit” war angedacht.
Orpheus’ Trost
Im tanzenden gleisen Morgenlichte
des munteren Lebenstaumels
schimmert silberner Inschrift
kühl der Marmor:
Heil der schönen Trösterseele,
dein wahrer Glanz verblasset nie!
Dein Erdenstreif umging den Pfad
der unbeschwerten Sinneslust,
beschritt getreu den Dornenweg,
den schmalen Steig der Tugendlast.
Allzu früh im Jugendgarten
flammte dir der Toteninsel
Fackelruf! Ein köstlich Los ward
dir zuteil, der Götter Liebling,
die treu die Ihren im Schoße empfangen.
Wohlan, Teure, Morpheus’ Lager rufet dich,
hebe dich getrost in Charons sich’ren Kahn!
* * *
Eines Wanderers forschendes Auge
streifet über die flüsternden Lettern
und wieget bedächtig das Herz.
Der stählerne Blick, er zerbricht
und schmilzt bestürmt zur Tränensaat.
Die heilige Erde,
benetzt von dem salzigen Kleinod,
sie atmet und haucht der Verstorbenen Geist
mit rankem Bemüh’n in das Ohr:
„Siehe,
wie rings umher auf lichtgeschwellter Heide
der reichen Apfelbäume Blütenschar
an Helios’ Liebesstreiche sich erlabt,
dass jedes weilend Auge sich
mit trunk’nem Sinn daran erfreuet.
Auch dieses Schmuckgewande welkt,
entweicht und muss entweichen höher’m Glücke,
das waltende Zepter dazureichen
der eigentlichen Segensfrucht.
Wenn des Samens fahle Hülle nicht erstirbt,
vermag der Spross aus ewigem Schattenreiche
nimmer sich erheben.
Es ziert der Venus wahre Gunst,
wenn flücht’ger Dunst der nieder’n Kunst
entflieht und Schönes Schöneres gebiert.“
Orpheus’ Trost
Im tanzenden gleisen Morgenlichte
des munteren Lebenstaumels
schimmert silberner Inschrift
kühl der Marmor:
Heil der schönen Trösterseele,
dein wahrer Glanz verblasset nie!
Dein Erdenstreif umging den Pfad
der unbeschwerten Sinneslust,
beschritt getreu den Dornenweg,
den schmalen Steig der Tugendlast.
Allzu früh im Jugendgarten
flammte dir der Toteninsel
Fackelruf! Ein köstlich Los ward
dir zuteil, der Götter Liebling,
die treu die Ihren im Schoße empfangen.
Wohlan, Teure, Morpheus’ Lager rufet dich,
hebe dich getrost in Charons sich’ren Kahn!
* * *
Eines Wanderers forschendes Auge
streifet über die flüsternden Lettern
und wieget bedächtig das Herz.
Der stählerne Blick, er zerbricht
und schmilzt bestürmt zur Tränensaat.
Die heilige Erde,
benetzt von dem salzigen Kleinod,
sie atmet und haucht der Verstorbenen Geist
mit rankem Bemüh’n in das Ohr:
„Siehe,
wie rings umher auf lichtgeschwellter Heide
der reichen Apfelbäume Blütenschar
an Helios’ Liebesstreiche sich erlabt,
dass jedes weilend Auge sich
mit trunk’nem Sinn daran erfreuet.
Auch dieses Schmuckgewande welkt,
entweicht und muss entweichen höher’m Glücke,
das waltende Zepter dazureichen
der eigentlichen Segensfrucht.
Wenn des Samens fahle Hülle nicht erstirbt,
vermag der Spross aus ewigem Schattenreiche
nimmer sich erheben.
Es ziert der Venus wahre Gunst,
wenn flücht’ger Dunst der nieder’n Kunst
entflieht und Schönes Schöneres gebiert.“
→ zu Mnemosynes Geleit
→ Eherne Welt
→ Eherne Welt
Fußnoten
12 Juni 2017 | |
Fürwahr, sein dumpfer Augenschein war lichter schon entflammt und loderte einst den ungetrübten Wonneglanz muntrer Erdentage, damals auf dem unbeschwerten Pfad seiner Jugend.
Damals, als er im milden Wonnefluss der Dämmerröte mit heiterem Blick auf den heimischen Fluren durch die rankbewachsenen, thrakischen Bergwälder lustwandelte und mit frohem Schritte aller Banden gelöset sich dem ewigen Herzensfrieden anbefahl, frei vom Regelzwange einer gefühlserstarrten, mechanisch gefügigen Welt.
Nicht selten entfloh sein Zartgeist dem wirren Lärmen jener Welt, die in ihrer heillosen Geschäftigkeit mit eifernder Glut nach materieller Glückseligkeit gierte, die mit ihrer gutbürgerlichen Tüchtigkeit die berstenden Kammern häufender Habe zu füllen gedachte, um in des Geldstromes erquicklichem Bade das sorgende Jammern der Seele zu ertränken, anstatt des Herzens zartwurzelndem Sehnen nach höher’m Erdenglück gebührend zu stillen.
Ach, wie treu wogen Orpheus und Eurydike indes die stillen Momente im Heiligtum der empfangenden Natur, die sie in ihren blumen Purpurmantel bergend hüllte und beide im trauten Flüstertone Liebesworte fromm einander beichten durften.
Duftend offenbarte er sich ihnen, der milde Jugendtraum, der sich mit zarter Gravur tief in ihre kindbewahrten Herzenstafeln senkte.
Damals, als er im milden Wonnefluss der Dämmerröte mit heiterem Blick auf den heimischen Fluren durch die rankbewachsenen, thrakischen Bergwälder lustwandelte und mit frohem Schritte aller Banden gelöset sich dem ewigen Herzensfrieden anbefahl, frei vom Regelzwange einer gefühlserstarrten, mechanisch gefügigen Welt.
Nicht selten entfloh sein Zartgeist dem wirren Lärmen jener Welt, die in ihrer heillosen Geschäftigkeit mit eifernder Glut nach materieller Glückseligkeit gierte, die mit ihrer gutbürgerlichen Tüchtigkeit die berstenden Kammern häufender Habe zu füllen gedachte, um in des Geldstromes erquicklichem Bade das sorgende Jammern der Seele zu ertränken, anstatt des Herzens zartwurzelndem Sehnen nach höher’m Erdenglück gebührend zu stillen.
Ach, wie treu wogen Orpheus und Eurydike indes die stillen Momente im Heiligtum der empfangenden Natur, die sie in ihren blumen Purpurmantel bergend hüllte und beide im trauten Flüstertone Liebesworte fromm einander beichten durften.
Duftend offenbarte er sich ihnen, der milde Jugendtraum, der sich mit zarter Gravur tief in ihre kindbewahrten Herzenstafeln senkte.
→ zu Mnemosynes Geleit
→ Morpheus’ Schoß
→ Morpheus’ Schoß
Fußnoten
24 August 2012 | |
DICHTUNG | Nelly Sachs | |
LESUNG | Nelly Sachs | |
BEREITSTELLUNG | wortlover |
In der Flucht
welch großer Empfang
unterwegs –
Eingehüllt
in der Winde Tuch
Füße im Gebet des Sandes
der niemals Amen sagen kann
denn er muss
von der Flosse in den Flügel
und weiter –
Der kranke Schmetterling
weiß bald wieder vom Meer –
Dieser Stein
mit der Inschrift der Fliege
hat sich mir in die Hand gegeben –
An Stelle von Heimat
halte ich die Verwandlungen der Welt.