13 Dezember 2019 |
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DICHTUNG | Matthias Claudius | |
KOMPONIST | Max Reger |
Und über mir
Selenes mondnes Haupt,
wo stumm der silbern Sichelmund
im wolken Feierkleid verweilt.
Nur ihrer Augensterne Liedchoral,
tönt lächelnd mild
mir schimmertrunken nieder,
und träuft in meines Anlitz‘ Nachtesweiher
ins dämmerschweigende Gefild.Auszug aus meiner Lesung: „LEA – Lesebühne Erfurter Autoren“
27 April 2019 |
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Das ist die Sehnsucht: wohnen im Gewoge
und keine Heimat haben in der Zeit.
Und das sind Wünsche: leise Dialoge
täglicher Stunden mit der Ewigkeit.Rainer Maria Rilke [2]aus: „Das ist die Sehnsucht“
Silberklang
Was birgt
der Genien Geisterreich?
Was wirkt
der Parzen [3]Gemeint ist insbesondere die Schicksalsgöttin Klotho,
die den Lebensfaden spinnt. Fingerstreich [4]Schicksalsstreich
am sausend Webgestühl
der Schicksalsgöttin Tyche?
Was bürgt
des Zwirnes wirrer Lebensfaden?
Was hält
Apollons [5]Gott der Dichtkunst und des Gesanges Saitenspiel,
die heit’ren und oft klagen Lieder, [6]die munt’ren und auf traur’gen Lieder
mir nun auf dumpfer Leier [7]auf missgestimmter Leier
wohl bereit?
* * *
In all dem brausend Weltgewühl,
wo finde tröstend ich mich ein?
An deiner treuen Seit‘,
Gefährtin Einsamkeit,
nun wieder?
* * *
Es rauscht
im stillern Hain [8][…], trostentlaubt
auf dunklen Herzenspfaden
der zagen Zweifel Nachtesschwinge. [9]der Zweifel zagen Nachtesschwinge
Es lauscht
vergeblich Hoffen,
für und für,
dem wehen Ruf aus trauter Ferne,
der hoffnungsfroh [10]windeseil an mich erginge… [11]die lebensmatte Brust durchpfeilt
* * *
Und über mir
Selenes mondnes Haupt,
wo stumm der silbern Sichelmund
im wolken Feierkleide weilt. [12]im wolken Feierkleid verweilt
Nur ihrer Augensterne Liedchoral,
tönt lächelnd mild
mir schimmertrunken [13]tönetrunken nieder,
und träuft [14]träumt in meines Anlitz‘ Nachtesweiher
aufs dämmerschweigende Gefild.
Vom gleisen Niedergange
lichter Quelle himmlisch Lauten,
schäumt meiner flauten Wange
die flüsternd Welle
und träumt im leisen Wogenklange, [15]Wogengange
enthoben [16]erlöset / zerstoben nun der nied’ren Qual nun von nied’rer Qual.
→ Pygmalions Werkstatt
Fußnoten
1 November 2017 |
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DICHTUNG | Gotthold Ephraim Lessing | |
LESUNG | Jürgen Goslar |
Die Ehre hat mich nie gesucht;
sie hätte mich auch nie gefunden.
Wählt man, in zugezählten Stunden,
ein prächtig Feierkleid zur Flucht?
Auch Schätze hab ich nie begehrt.
Was hilft es sie auf kurzen Wegen
für Diebe mehr als sich zu hegen,
wo man das wenigste verzehrt?
Wie lange währt′s, so bin ich hin,
und einer Nachwelt untern Füßen?
Was braucht sie wen sie tritt zu wissen?
Weiß ich nur, wer ich bin.