Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

9 
 September 
 
2015


 

 
Johannes Kaup hat Eugen Drewermann anlässlich seines 70. Geburtstages nach seinem Glauben gefragt.

Wenn wir wie Petrus einen Moment lang nichts sehen als den Gang der Wogen, nichts anderes hören als das Brausen des Sturms und die Angst uns selber in den Abgrund zieht, dann wäre eine einzige Rettung: Wir schauen in die Augen der Person, die vom anderen Ufer auf uns zukommt.
Wenn wir das tun, hört die Angst auf, nur ein sterbliches Wesen zu sein, das im Kreislauf des Energiehaushaltes der Natur hervorgebracht und zurückgenommen wird nach bestimmter, kurzer Zeit. Wir bekommen eine Würde in unserem eigenen Leben.
Da ist ein Absolutes, das uns gemocht und gewollt hat und das uns bejaht in unserer Existenz und bei der Hand nimmt.
Das sind die Inhalte der ganzen Botschaft Jesu.

 
 
8 
 September 
 
2015


 

 

DICHTUNG Stefan George
LESUNG Ulrich Tukur

 
Authentische Liebe lässt Raum und Zeit für Wachstum.

Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, daß ihr meine Liebe nicht aufweckt noch regt, bis es ihr selbst gefällt.

Hohelied der Liebe: 8;4

Ich sah sie zum erstenmal…sie gefiel mir nicht:
Es ist an ihr nichts Schönes
Als ihre schwarzen schwarzen Haare.
Mein Mund berührte sie flüchtig eines Tags

Und sehr gefielen mir ihre Haare
Und auch ihre Hand…
Es ist an ihr nichts Schönes
Als ihre Haare – ja – und ihre feine Hand.

Ich drückte sie etwas wärmer eines Tags
Und sehr gefiel mir ihre Hand
Und auch ihr Mund.

Heute ist nichts mehr an ihr
Was mir nicht sehr gefiele
Was ich nicht glühend anbetete.

 
 
8 
 September 
 


 

 

DICHTUNG Antoine de Saint-Exupéry
LESUNG Oskar Werner

 
Stille, du Musikantin der Früchte!
Die du die Keller, die Kammern und Speicher bewohnst!
Du Gefäß voller Honig, den der
Fleiß der Bienen ansammelt!
Du Ruhe des Meeres in seiner Fülle!
Stille, in die ich die Stadt von
der Höhe der Berge einschließe,
ihren verstummten Wagenlärm,
ihre Schreie und den hellen Klang ihrer Schmiedehämmer!
Alle dies Dinge sind schon im Gefäße des Abends aufgehoben,
Gott wacht über unserem Fieber,
sein Mantel breitet sich über die Unruhe der Menschen.
O Stille der Frauen, in deren Fleisch die Frucht reift!
[…]
O Stille des Herzens.
O Stille der Sinne.
O Stille der inneren Worte, denn es
ist gut, wenn du Gott wiederfindest,
der die Stille im Ewigen ist.
Wenn alles gesagt, wenn alles getan ist.
[…]
Ich kenne aber die Liebe und weiß,
sie besteht darin, dass keine Frage mehr gestellt wird,
[…]