27 Dezember 2018 |
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Stapfen (0:14)
Conrad Ferdinand Meyer (1825 – 1898)
Conrad Ferdinand Meyer (1825 – 1898)
In jungen Jahren wars. Ich brachte dich
Zurück ins Nachbarhaus, wo du zu Gast,
Durch das Gehölz. Der Nebel rieselte,
Du zogst des Reisekleids Kapuze vor
Und blicktest traulich mit verhüllter Stirn.
Nass ward der Pfad. Die Sohlen prägten sich
Dem feuchten Waldesboden deutlich ein,
Die wandernden. Du schrittest auf dem Rain,
Von deiner Reise sprechend. Eine noch,
Die längre, folge drauf, so sagtest du.
Dann scherzten wir, der nahen Trennung klug
Das Angesicht verhüllend, und du schiedst,
Dort wo die Ulmen nah dem Hause stehn.
Ich ging denselben Pfad gemach zurück,
Leis schwelgend noch in deiner Lieblichkeit,
In deiner wilden Scheu, und wohlgemut
Vertrauend auf ein baldig Wiedersehn.
Vergnüglich schlendernd, sah ich auf dem Rain
Den Umriss deiner Sohlen deutlich noch
Dem feuchten Waldesboden eingeprägt.
Die kleinste Spur von dir, die flüchtigste,
Und doch dein Wesen: wandernd, reisehaft,
Schlank, rein, walddunkel, aber o wie süß!
Die Stapfen schritten jetzt entgegen dem
Zurück dieselbe Strecke Wandernden:
Aus deinen Stapfen hobst du dich empor
Vor meinem innern Auge. Deinen Wuchs
Erblickt ich mit des Busens zartem Bug.
Vorüber gingst du, eine Traumgestalt.
Die Stapfen wurden jetzt undeutlicher,
Vom Regen halb gelöscht, der stärker fiel.
Da überschlich mich eine Traurigkeit:
Fast unter meinem Blick verwischten sich
Die Spuren deines letzten Gangs mit mir.
Zurück ins Nachbarhaus, wo du zu Gast,
Durch das Gehölz. Der Nebel rieselte,
Du zogst des Reisekleids Kapuze vor
Und blicktest traulich mit verhüllter Stirn.
Nass ward der Pfad. Die Sohlen prägten sich
Dem feuchten Waldesboden deutlich ein,
Die wandernden. Du schrittest auf dem Rain,
Von deiner Reise sprechend. Eine noch,
Die längre, folge drauf, so sagtest du.
Dann scherzten wir, der nahen Trennung klug
Das Angesicht verhüllend, und du schiedst,
Dort wo die Ulmen nah dem Hause stehn.
Ich ging denselben Pfad gemach zurück,
Leis schwelgend noch in deiner Lieblichkeit,
In deiner wilden Scheu, und wohlgemut
Vertrauend auf ein baldig Wiedersehn.
Vergnüglich schlendernd, sah ich auf dem Rain
Den Umriss deiner Sohlen deutlich noch
Dem feuchten Waldesboden eingeprägt.
Die kleinste Spur von dir, die flüchtigste,
Und doch dein Wesen: wandernd, reisehaft,
Schlank, rein, walddunkel, aber o wie süß!
Die Stapfen schritten jetzt entgegen dem
Zurück dieselbe Strecke Wandernden:
Aus deinen Stapfen hobst du dich empor
Vor meinem innern Auge. Deinen Wuchs
Erblickt ich mit des Busens zartem Bug.
Vorüber gingst du, eine Traumgestalt.
Die Stapfen wurden jetzt undeutlicher,
Vom Regen halb gelöscht, der stärker fiel.
Da überschlich mich eine Traurigkeit:
Fast unter meinem Blick verwischten sich
Die Spuren deines letzten Gangs mit mir.
Die Füße im Feuer 2:54)
Conrad Ferdinand Meyer (1825 – 1898)
Conrad Ferdinand Meyer (1825 – 1898)
Wild zuckt der Blitz. In fahlem Lichte steht ein Turm.
Der Donner rollt. Ein Reiter kämpft mit seinem Ross,
Springt ab und pocht ans Tor und lärmt. Sein Mantel saust
Im Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest.
Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhell
Und knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann.
»Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschickt
Nach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock!«
»Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmerts mich?
Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier!«
Der Reiter tritt in einen dunkeln Ahnensaal
Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt.
Und je nach seines Flackerns launenhaftem Licht
Droht hier ein Hugenott im Harnisch, dort ein Weib,
Ein stolzes Edelweib, aus braunem Ahnenbild.
Der Reiter wirft sich in den Sessel vor dem Herd
Und starrt in den lebendgen Brand. Er brütet, gafft.
Leis sträubt sich ihm das Haar. Er kennt den Herd, den Saal …
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut …
Mit Linnen blendend weiß deckte den Abendtisch
Die greise Schaffnerin. Das Edelmägdlein half.
Ein Knabe trug den Krug mit Wein. Der Kinder Blick
Hing schreckensstarr am Gast und hing am Herd entsetzt…
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.
Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal!
Drei Jahre sinds … Auf einer Hugenottenjagd …
Ein fein, halsstarrig Weib … »Wo steckt der Junker? Sprich!«
Sie schweigt. »Bekenn!« Sie schweigt. »Gib ihn heraus!« Sie schweigt.
Ich werde wild. Der Stolz! Ich zerre das Geschöpf.
Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sie
Tief mitten in die Glut. »Gib ihn heraus!« Sie schweigt,
Sie windet sich … Sahst du das Wappen nicht am Tor?
Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr?
Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich.
Eintritt der Edelmann. »Du träumst? Zu Tische, Gast.«
Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen Tracht
Und er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet.
Ihn starren sie mit aufgerissnen Augen an –
Den Becher füllt und übergießt er, stürzt den Trunk,
Springt auf: »Herr, gebt jetzt mir meine Lagerstatt!
Müd bin ich wie ein Hund!« Ein Diener leuchtet ihm.
Doch auf der Schwelle wirft er einen Blick zurück
Und sieht den Knaben flüstern in des Vaters Ohr.
Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach.
Fest riegelt er die Tür. Er prüft Pistol und Schwert.
Gell pfeift der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt.
Die Treppe kracht. Dröhnt hier ein Tritt? Schleicht dort ein Schritt?
Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht.
Auf seinen Lidern lastet Blei und schlummernd sinkt
Er auf das Lager. Draußen plätschert Regenflut.
Er träumt. »Gesteh!« Sie schweigt. »Gib ihn heraus!« Sie schweigt.
Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut.
Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt …
»Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt!«
Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt,
Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr – ergraut,
Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar.
Sie reiten durch den Wald. Kein Lüftchen regt sich heut.
Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad.
Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch.
Friedselge Wolken schwimmen durch die klare Luft,
Als kehrten Engel heim von einer nächtgen Wacht.
Die dunklen Schollen atmen kräftgen Erdgeruch.
Die Ebne öffnet sich. Im Felde geht ein Pflug.
Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln: »Herr,
Ihr seid ein kluger Mann und voll Besonnenheit
Und wisst, dass ich dem größten König eigen bin.
Lebt wohl. Auf Nimmerwiedersehn!«
»Du sagts! dem größten König eigen! Heut ward
Sein Dienst mir schwer. Gemordet hast du teuflisch mir
Mein Weib! Und lebst! Mein ist die Rache, redet Gott.«
Der Donner rollt. Ein Reiter kämpft mit seinem Ross,
Springt ab und pocht ans Tor und lärmt. Sein Mantel saust
Im Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest.
Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhell
Und knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann.
»Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschickt
Nach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock!«
»Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmerts mich?
Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier!«
Der Reiter tritt in einen dunkeln Ahnensaal
Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt.
Und je nach seines Flackerns launenhaftem Licht
Droht hier ein Hugenott im Harnisch, dort ein Weib,
Ein stolzes Edelweib, aus braunem Ahnenbild.
Der Reiter wirft sich in den Sessel vor dem Herd
Und starrt in den lebendgen Brand. Er brütet, gafft.
Leis sträubt sich ihm das Haar. Er kennt den Herd, den Saal …
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut …
Mit Linnen blendend weiß deckte den Abendtisch
Die greise Schaffnerin. Das Edelmägdlein half.
Ein Knabe trug den Krug mit Wein. Der Kinder Blick
Hing schreckensstarr am Gast und hing am Herd entsetzt…
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.
Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal!
Drei Jahre sinds … Auf einer Hugenottenjagd …
Ein fein, halsstarrig Weib … »Wo steckt der Junker? Sprich!«
Sie schweigt. »Bekenn!« Sie schweigt. »Gib ihn heraus!« Sie schweigt.
Ich werde wild. Der Stolz! Ich zerre das Geschöpf.
Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sie
Tief mitten in die Glut. »Gib ihn heraus!« Sie schweigt,
Sie windet sich … Sahst du das Wappen nicht am Tor?
Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr?
Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich.
Eintritt der Edelmann. »Du träumst? Zu Tische, Gast.«
Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen Tracht
Und er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet.
Ihn starren sie mit aufgerissnen Augen an –
Den Becher füllt und übergießt er, stürzt den Trunk,
Springt auf: »Herr, gebt jetzt mir meine Lagerstatt!
Müd bin ich wie ein Hund!« Ein Diener leuchtet ihm.
Doch auf der Schwelle wirft er einen Blick zurück
Und sieht den Knaben flüstern in des Vaters Ohr.
Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach.
Fest riegelt er die Tür. Er prüft Pistol und Schwert.
Gell pfeift der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt.
Die Treppe kracht. Dröhnt hier ein Tritt? Schleicht dort ein Schritt?
Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht.
Auf seinen Lidern lastet Blei und schlummernd sinkt
Er auf das Lager. Draußen plätschert Regenflut.
Er träumt. »Gesteh!« Sie schweigt. »Gib ihn heraus!« Sie schweigt.
Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut.
Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt …
»Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt!«
Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt,
Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr – ergraut,
Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar.
Sie reiten durch den Wald. Kein Lüftchen regt sich heut.
Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad.
Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch.
Friedselge Wolken schwimmen durch die klare Luft,
Als kehrten Engel heim von einer nächtgen Wacht.
Die dunklen Schollen atmen kräftgen Erdgeruch.
Die Ebne öffnet sich. Im Felde geht ein Pflug.
Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln: »Herr,
Ihr seid ein kluger Mann und voll Besonnenheit
Und wisst, dass ich dem größten König eigen bin.
Lebt wohl. Auf Nimmerwiedersehn!«
»Du sagts! dem größten König eigen! Heut ward
Sein Dienst mir schwer. Gemordet hast du teuflisch mir
Mein Weib! Und lebst! Mein ist die Rache, redet Gott.«
3 Dezember 2017 |
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DICHTUNG | Hermann Hesse | |
LESUNG | Ulrich Gebauer | |
BEREITSTELLUNG | LYRIK & MUSIK |
Wenn der Schnee auf Wald und Garten fällt,
Ist es nur ein leichtes Ruhedach,
Unter dem ermüdet diese Welt
Eine Weile schläft. Bald wird sie wach.
Wenn der Tod mir Blut und Glieder stillt,
Sprecht mit Lächeln euer Trauerwort!
Still in Trümmer sinkt ein flüchtig Bild;
Was ich bin und war, lebt fort und fort.
2 August 2017 |
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Apoll mit Kithara [1]Fresko, etwa 50 n. Chr., heute im Antiquarium auf dem Palatin in Rom
Musik
Wolfgang Amadeus Mozart [2]Klaviersonate Nr. 11 (Auszug)
[ Bemerkung zum Text ] [3] Ich distanziere mich explit zu Bezügen aus meinem privaten Umfeld, die rein zufällig wären und der Text darüberhinaus dem Jahre 1999(?) entstammt. Lediglich die Verortung im Gedichtezyklus „Mnemosynes Geleit“ war angedacht.
Gedankenflaute
Apoll,
Du geistbeseelter Sphärensänger,
entleih’ den melodiösen Säuselwind,
der hauchend dir durch’s gold’ne Harfenspiel
ambrosisch streift,
dem flauten Geistesregen,
meiner Seele matter Flügelschlag.
Die irdischen Banden löse,
dass kraftbefiedert
meines Geistes Späh’n
sich dann mit kühnem Argosblick erhebt,
zum reichbestirnten Firmamente strebt,
um derorts edle Sternenworte zu erhaschen.
Nur dort prangt
des Paradieses verbliebene Schöne,
legt Venus
adelnd ihre Maßesschnur.
Nicht des äußer’n Liebreizes flüchtiger Fülle,
den holden Widerscheine,
krönet Venus,
sie schmähet dem nichtigen Prunk,
dem Trugbild falscher Wonnen!
Dem Liebschall sanftgewogener Rosenworte
entsendet einzig sie das köstliche Heil.
Oh, Apoll,
so nimm dahin
den jüngst umwehenden Jungfernschleier,
das schmucke Liebespfand,
es sei dir eigen,
hiess flatternd zum Lohne des Dichters Banner
in deinem milden Geisteswinde sel’gem Reigen.
Gedankenflaute
Apoll,
Du geistbeseelter Sphärensänger,
entleih’ den melodiösen Säuselwind,
der hauchend dir durch’s gold’ne Harfenspiel
ambrosisch streift,
dem flauten Geistesregen,
meiner Seele matter Flügelschlag.
Die irdischen Banden löse,
dass kraftbefiedert
meines Geistes Späh’n
sich dann mit kühnem Argosblick erhebt,
zum reichbestirnten Firmamente strebt,
um derorts edle Sternenworte zu erhaschen.
Nur dort prangt
des Paradieses verbliebene Schöne,
legt Venus
adelnd ihre Maßesschnur.
Nicht des äußer’n Liebreizes flüchtiger Fülle,
den holden Widerscheine,
krönet Venus,
sie schmähet dem nichtigen Prunk,
dem Trugbild falscher Wonnen!
Dem Liebschall sanftgewogener Rosenworte
entsendet einzig sie das köstliche Heil.
Oh, Apoll,
so nimm dahin
den jüngst umwehenden Jungfernschleier,
das schmucke Liebespfand,
es sei dir eigen,
hiess flatternd zum Lohne des Dichters Banner
in deinem milden Geisteswinde sel’gem Reigen.
→ zu Mnemosynes Geleit
→ Eherne Welt
→ Eherne Welt
Fußnoten