Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

27 
 April 
 
2008


 

An Diotima
 
Götter wandelten einst bei Menschen, die herrlichen Musen
und der Jüngling, Apoll, heilend, begeisternd wie du.

Und du bist mir, wie sie, als hätte der Seligen Einer
mich ins Leben gesandt, geh ich, es wandelt das Bild
meiner Heldin mit mir, wo ich duld und bilde, mit Liebe
bis in den Tod, denn dies lernt ich und hab ich von ihr.

Laß uns leben, o du, mit der ich leide, mit der ich
innig und gläubig und treu ringe nach schönerer Zeit.

Sind doch wirs! Und wüßten sie noch in kommenden Jahren
von uns beiden, wenn einst wieder der Genius gilt,
sprächen sie: es schufen sich einst die Einsamen liebend
nur von Göttern gekannt ihre geheimere Welt.

Denn die Sterbliches nur besorgt, es empfangt sie die Erde,
aber näher zum Licht wandern, zum Aether hinauf
sie, die inniger Liebe treu, und göttlichem Geiste
hoffend und duldend und still über das Schicksal gesiegt.

Persönlicher Nachtrag
Moralische Konflikte stellen sich bei mir in diesem Gedicht trotzdem ein, zumal Hölderlin dieses Gedicht Susette Gontard, einer verheiratete Frau und seiner Geliebte zugleich, widmete.

 
 
17 
 Februar 
 
2008


 

Resümee meines ersten Poetry Slams in Heidelberg (16.02.08)

Man sollte sich und seiner Art immer treu bleiben, in jeder Beziehung.

Wieso?
Weil man dann authentisch wirkt, weil man eine Rolle nicht nur spielt, sondern sie auch ist.
Weil man mit jeder Faser seines Daseins dahintersteht, mit jedem Zucken oder Nichtzucken eines Gesichtsmuskels für den Text bürgt.

Das war die Erfahrung, die ich gestern in leicht gedrückter Stimmung machen durfte.

Nun gut, es war mein erster Slam und ich betrachte ihn als “Freischuss”, als Feintuning künftiger Auftritte.

Meine Textwahl-Strategie (die ich 2 Tage zuvor noch änderte) war folgende: “Bloß keinen schwerverdaulichen, mit Metaphern überfrachteten Text wählen, der im griechisch-elegischen Versmaß daher kommt und unbekannte Pfade der griechischen Mythologie beschreitet. Kurzum: keinen Text, der das Publikum überfordern könnte.”
Ich wollte einen publikumskonformen Text, lockig, flockigen Text, der leicht von den Lippen, noch leichter ins Ohr geht.

Deshalb griff ich auf einen älteren Text (in Knittelversen, gut verständlich), der allerdings auch schon um gute 8 Jahre gealtert war.
Vielleicht war er auch zu abgegriffen, zu simple, zu plagiathaft.

Jeder durchlebt ja beim Schreiben gewisse “Reife-Etappen” und mit dieser damaligen Stufe konnte ich mich ehrlich gesagt aus der Jetzt-Perspektive nicht mehr identifizieren.
Vielleicht habe ich ihn deshalb so geschnuddelt vorgelesen nebst der vielen Aufregung, trockenem Mund und den grellen Scheinwerfern, die ich im Vorfeld nicht einkalkuliert hatte.
Weiß der Geier…

Mein zweiter Text war vom November 2007 im Hexametermaß.
Gerade diesen etwas kleineren Text studierte ich zuhause im stillen Gemach auch gestikulierend und mit begleitender Stimmbetonung ein.
Doch zum Körpereinsatz kam es irgendwie nicht. Ich klebte förmlich am Mikrophon und es wäre wohl besser gewesen, wenn ich es abmontiert und in die Hand genommen hätte.

Ich fühlte mich unter Zeitdruck, obwohl die Moderation bei allen Slammern sehr toleranten Umgang mit dem Zeitlimit pflegte, was ich als sehr angenehm empfand.
Sehr sozial empfand ich auch das Publikum, keiner der Kandidaten wurde ausgebuht, jedem wurde applaudiert.
Die Veranstaltung war eh von einem gegenseitigen Respekt geprägt.

Sebastian 23 (Sieger!), nebst den vielen anderen, legte wieder einmal ein souveränes Auftreten an den Tag bzw. Abend.

Sebastian 23 ist Mitglied in der SMAAT, der ersten deutschsprachigen Poetry Slam-Boyband Deutschlands, der Schweiz und Österreichs.
Das Geheimnis seines Erfolgs liegt sicherlich nicht nur an seinen wortverspielten und kunstvoll vorgetragenen Texten.
NEIN, er spielt eben keine Rolle, er IST die Rolle und wirkt authentisch. That’s it!

Vielleicht sollte ich daran auch üben.
Nicht unbedingt, um an die hohe Qualität der anderen Texte und deren Performance heranzukommen.
Nein, zu hoch liegt die Latte und das ist auch nicht mein Bestreben.

Aber mich selbst zu sein, nicht mit Fackel, sondern Teelicht, nicht mit Megaphon, sondern Flüsterton.
Daran möchte ich arbeiten.

Vielleicht hätte ich dann auch den ursprünglich angestrebten Text
“Die Macht der Kategorie” vortragen können.
Allerdings fehlt mir hier noch eine Menge Portion Stimmbegabung, Vortragskunst und Abgebrühtheit.

“Die Zeit wird’s lehren” (Aus: “Der über uns” von Lessing).

 
 
16 
 November 
 
2007


 

DICHTUNG Friedrich Hölderlin
LESUNG Felicitas Barg
BEREITSTELLUNG olafzhh


 

Aus den Gärten komm ich zu euch, ihr Söhne des Berges!
Aus den Gärten, da lebt die Natur geduldig und häuslich,
Pflegend und wieder gepflegt mit dem fleißigen Menschen zusammen.
Aber ihr, ihr Herrlichen! steht, wie ein Volk von Titanen
In der zahmeren Welt und gehört nur euch und dem Himmel,
Der euch nährt` und erzog, und der Erde, die euch geboren.
Keiner von euch ist noch in die Schule der Menschen gegangen,

Und ihr drängt euch fröhlich und frei, aus der kräftigen Wurzel,
Unter einander herauf und ergreift, wie der Adler die Beute,
Mit gewaltigem Arme den Raum, und gegen die Wolken
Ist euch heiter und groß die sonnige Krone gerichtet.
Eine Welt ist jeder von euch, wie die Sterne des Himmels
Lebt ihr, jeder ein Gott, in freiem Bunde zusammen.
Könnt ich die Knechtschaft nur erdulden, ich neidete nimmer
Diesen Wald und schmiegte mich gern ans gesellige Leben.
Fesselte nur nicht mehr ans gesellige Leben das Herz mich,
Das von Liebe nicht läßt, wie gern würd ich unter euch wohnen.