Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

31 
 Juli 
 
2018


 

Apollon und Marsyas
Wettstreit zwischen
Marsyas mit Aulos
und
Apollon mit Kithara und Gesang begleitend


 

Marsyas, der als Begleiter der rasenden und Trommeln schlagenden Kybele durch Phrygien zog, fand die von Athene weggeworfene Doppelflöte, erlernte dessen Spiel und war schließlich so von seiner Kunst überzeugt, dass er Apollon zum Wettkampf forderte.

Die Musen, welchen das Schiedsamt zufiel, sahen zunächst Marsyas als den Überlegenen an.

Als jedoch Apollo seinem Kitharspiel noch den Gesang hinzufügte, konnte dieser als Sieger hervorgehen.

Quelle: Wikipedia

Vorzuspielen war:

Epithalamion – Sapphos Brautlied

ἴψοι δἡ τὁ μἐλαθρoν,
ὑμἠναoν,
ἁἐρρετε, τἐκτoνες ἄνδρες·
ὑμἠναoν,
γάμβρoς εἱς ἐρχεται ἶσoς Ἄρευι,
ὑμἠναoν,
ἄνδρoς μεγάλω πoλυ μἐσδων.
ὑμἠναoν.
Oh Himmelsgewölbe
singe Hymnen,
erhebt euch, Meister,
singet Hymnen,
der Bräutigam kommt wie Ares, [1] Gott des Krieges
singet Hymnen,
ein Mann, größer als ein großer Mann.
Singet Hymnen.

 

 


Apollons Triumphgelächter

 
Singulärer Klang
schwang sich entlang
geländerten
Balkens im Aug’
eig’ner Betrachtung,
narzistisch verstiegen,
liebsäuselnd
um’s eigene Haupt.

 
SELBSTLAUT nur,
Vokalis immer schon ge-Wesen …

 
[2]Wiederholung ad libitum

𝄆 G#-reif’ zum Ak- -ko- -rd
höherer Einheit!
Walle, erschalle
im rein gesellten Halle!
𝄇

 

 
… oder
verstumme
nur
im Weltengerausche
als dumme

 
𝄐
[3]Fermate
[…]oder dem Solisten signalisiert,
diese Stelle nach seinem individuellen Bedürfnis zu verzieren[…]


selbstverliebte Partitur
wohl kastrierter Klänge!

→ zu Mnemosynes Geleit
Hephaistos’ Kunstschmiede

Fußnoten[+]

 
 
15 
 August 
 
2016

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

 

Zum Lazarus (0:53)
Heinrich Heine (1799– 1856)
Herr,
Lass die heilgen Parabolen,
Lass die frommen Hypothesen –
Suche die verdammten Fragen
Ohne Umschweif uns zu lösen.

Warum schleppt sich blutend, elend,
Unter Kreuzlast der Gerechte,
Während glücklich als ein Sieger
Trabt auf hohem Ross der Schlechte?

Woran liegt die Schuld? Bist etwa
Du, Herr, doch nicht ganz allmächtig?
Oder treibst du selbst den Unfug?
Ach, das wäre niederträchtig.

Also fragen wir beständig.
Bis du uns mit einer Handvoll
Erde endlich stopfst die Mäuler –
Aber ist das eine Antwort?

Die Launen der Verliebten (1:52)
Heinrich Heine (1799– 1856)
(Eine wahre Geschichte, aufs Neue wieder erzählt
und in schöne deutsche Reime gebracht)

Der Käfer saß auf dem Zaun, betrübt.
Er hatte sich in eine Fliege verliebt.
»Du bist, o Fliege meiner Seele,
Die Gattin, die ich auserwähle.
Heirate mich und sei mir hold!
Ich hab einen Bauch von eitel Gold.
Mein Rücken ist eine wahre Pracht.
Da flammt der Rubin, da glänzt der Smaragd.«
»O, dass ich eine Närrin wär!
Einen Käfer nehm ich nimmermehr.
Mich lockt nicht Gold, Rubin und Smaragd.
Ich weiß, dass Reichtum nicht glücklich macht.
Nach Idealen schwärmt mein Sinn,
Weil ich eine stolze Fliege bin.«
Der Käfer flog fort mit großem Grämen.
Die Fliege ging ein Bad zu nehmen.
»Wo ist denn meine Magd, die Biene,
Dass sie beim Waschen mich bediene.
Dass sie mir streichle die feine Haut,
Denn ich bin eines Käfers Braut.
Wahrhaftig, ich mach eine große Partie.
Viel schöneren Käfer gab es nie.
Sein Rücken ist eine wahre Pracht.
Da flammt der Rubin, da glänzt der Smaragd.
Sein Bauch ist gülden, hat noble Züge.
Vor Neid wird bersten gar manche Schmeißfliege.
Spute dich, Bienchen, und frisier mich.
Und schnüre die Taille und parfümier mich.
Reib mich mit Rosenessenzen, und gieße
Lavendelöl auf meine Füße,
Damit ich gar nicht stinken tu,
Wenn ich in des Bräutgams Armen ruh.
Schon flirren heran die blauen Libellen,
Und huldigen mir als Ehrenmamsellen.
Sie winden mir in den Jungfernkranz
Die weiße Blüte der Pomeranz.
Viel Musikanten sind eingeladen,
Auch Sängerinnen, vornehme Zikaden.
Rohrdommel und Horniss, Bremse und Hummel.
Die sollen trompeten und schlagen die Trummel,
Sie sollen aufspielen zum Hochzeitsfest –
Schon kommen die bunt beflügelten Gäst,
Schon kommt die Familie, geputzt und munter.
Gemeine Insekten sind viele darunter.
Heuschrecken und Wespen, Muhmen und Basen,
Sie kommen heran – Die Trompeten blasen.
Der Pastor Maulwurf im schwarzen Ornat
Da kommt er gleichfalls – es ist schon spat.
Die Glocken läuten, bim–bam, bim–bam –
Wo bleibt mein liebster Bräutigam? – –«
s, bim–bam, klingt Glockengeläute,
Der Bräutigam aber flog ins Weite.
Die Glocken läuten, bim–bam, bim–bam –
»Wo bleibt mein liebster Bräutigam?«
Der Bräutigam hat unterdessen
Auf einem fernen Misthaufen gesessen.
Dort blieb er sitzen sieben Jahr,
Bis dass die Braut verfaulet war.

Rückschau (6:02)
Heinrich Heine (1799– 1856)
Ich habe gerochen alle Gerüche
In dieser holden Erdenküche.
Was man genießen kann in der Welt,
Das hab ich genossen wie je ein Held!
Hab Kaffee getrunken, hab Kuchen gegessen,
Hab manche hübsche Puppe besessen.
Trug seidne Westen, den feinsten Frack,
Mir klingelten auch Dukaten im Sack.
Wie Gellert ritt ich auf hohem Ross.
Ich hatte ein Haus, ich hatte ein Schloss.
Ich lag auf der grünen Wiese des Glücks,
Die Sonne grüßte goldigsten Blicks.
Ein Lorbeerkranz umschloss die Stirn,
Er duftete Träume mir ins Gehirn,
Träume von Rosen und ewigem Mai –
Mir ward so selig zu Sinne dabei,
So dämmersüchtig, so sterbefaul –
Mir flogen gebratne Tauben ins Maul,
Und Englein kamen, und aus den Taschen
Sie zogen hervor Champagnerflaschen –
Das waren Visionen, Seifenblasen –
Sie platzten – Jetzt lieg ich auf feuchtem Rasen,
Die Glieder sind mir rheumatisch gelähmt,
Und meine Seele ist tief beschämt.
Ach, jede Lust, ach, jeden Genuss
Hab ich erkauft durch herben Verdruss.
Ich ward getränkt mit Bitternissen
Und grausam von den Wanzen gebissen.
Ich ward bedrängt von schwarzen Sorgen,
Ich musste lügen, ich musste borgen
Bei reichen Buben und alten Vetteln –
Ich glaube sogar, ich musste betteln.
Jetzt bin ich müd vom Rennen und Laufen,
Jetzt will ich mich im Grab verschnaufen.
Lebt wohl! Dort oben, ihr christlichen Brüder,
Ja, das versteht sich, dort sehn wir uns wieder.
 
 
17 
 Februar 
 
2008


 

Resümee meines ersten Poetry Slams in Heidelberg (16.02.08)

Man sollte sich und seiner Art immer treu bleiben, in jeder Beziehung.

Wieso?
Weil man dann authentisch wirkt, weil man eine Rolle nicht nur spielt, sondern sie auch ist.
Weil man mit jeder Faser seines Daseins dahintersteht, mit jedem Zucken oder Nichtzucken eines Gesichtsmuskels für den Text bürgt.

Das war die Erfahrung, die ich gestern in leicht gedrückter Stimmung machen durfte.

Nun gut, es war mein erster Slam und ich betrachte ihn als “Freischuss”, als Feintuning künftiger Auftritte.

Meine Textwahl-Strategie (die ich 2 Tage zuvor noch änderte) war folgende: “Bloß keinen schwerverdaulichen, mit Metaphern überfrachteten Text wählen, der im griechisch-elegischen Versmaß daher kommt und unbekannte Pfade der griechischen Mythologie beschreitet. Kurzum: keinen Text, der das Publikum überfordern könnte.”
Ich wollte einen publikumskonformen Text, lockig, flockigen Text, der leicht von den Lippen, noch leichter ins Ohr geht.

Deshalb griff ich auf einen älteren Text (in Knittelversen, gut verständlich), der allerdings auch schon um gute 8 Jahre gealtert war.
Vielleicht war er auch zu abgegriffen, zu simple, zu plagiathaft.

Jeder durchlebt ja beim Schreiben gewisse “Reife-Etappen” und mit dieser damaligen Stufe konnte ich mich ehrlich gesagt aus der Jetzt-Perspektive nicht mehr identifizieren.
Vielleicht habe ich ihn deshalb so geschnuddelt vorgelesen nebst der vielen Aufregung, trockenem Mund und den grellen Scheinwerfern, die ich im Vorfeld nicht einkalkuliert hatte.
Weiß der Geier…

Mein zweiter Text war vom November 2007 im Hexametermaß.
Gerade diesen etwas kleineren Text studierte ich zuhause im stillen Gemach auch gestikulierend und mit begleitender Stimmbetonung ein.
Doch zum Körpereinsatz kam es irgendwie nicht. Ich klebte förmlich am Mikrophon und es wäre wohl besser gewesen, wenn ich es abmontiert und in die Hand genommen hätte.

Ich fühlte mich unter Zeitdruck, obwohl die Moderation bei allen Slammern sehr toleranten Umgang mit dem Zeitlimit pflegte, was ich als sehr angenehm empfand.
Sehr sozial empfand ich auch das Publikum, keiner der Kandidaten wurde ausgebuht, jedem wurde applaudiert.
Die Veranstaltung war eh von einem gegenseitigen Respekt geprägt.

Sebastian 23 (Sieger!), nebst den vielen anderen, legte wieder einmal ein souveränes Auftreten an den Tag bzw. Abend.

Sebastian 23 ist Mitglied in der SMAAT, der ersten deutschsprachigen Poetry Slam-Boyband Deutschlands, der Schweiz und Österreichs.
Das Geheimnis seines Erfolgs liegt sicherlich nicht nur an seinen wortverspielten und kunstvoll vorgetragenen Texten.
NEIN, er spielt eben keine Rolle, er IST die Rolle und wirkt authentisch. That’s it!

Vielleicht sollte ich daran auch üben.
Nicht unbedingt, um an die hohe Qualität der anderen Texte und deren Performance heranzukommen.
Nein, zu hoch liegt die Latte und das ist auch nicht mein Bestreben.

Aber mich selbst zu sein, nicht mit Fackel, sondern Teelicht, nicht mit Megaphon, sondern Flüsterton.
Daran möchte ich arbeiten.

Vielleicht hätte ich dann auch den ursprünglich angestrebten Text
“Die Macht der Kategorie” vortragen können.
Allerdings fehlt mir hier noch eine Menge Portion Stimmbegabung, Vortragskunst und Abgebrühtheit.

“Die Zeit wird’s lehren” (Aus: “Der über uns” von Lessing).