Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

11 
 August 
 
2018

abgelegt in
Gedankenschau

 

Über die ambivalent gelagerten
romantischen Vorstellungen der Geschlechter

 
Frauen projezieren Romantik in sinnlich-situative und sozial-pragmatische Momente.
Eine Frau möchte ihre Sinne erfreut wissen und sich innerhalb eines Sozialgefüges wertgeschätzt wissen und von ihren rollenzementrierten “Aufgaben” befreit fühlen.
Bekocht z.B. der Mann eine Frau mit einem selbst zugerichteten Abendessen -Liebe geht bekanntlich durch den Magen-, so werden nicht nur die Sinne der Frau bedient (kerzenbeflammter, dekorativ eingedeckter Tisch bei melodiösem Säuselwind und wohlduften, beschauchlichen Blumen), sondern der Mann kann auch beim anschließenden Alleingang des Abspülens die Frau bei häuslichen Tätigkeiten entlasten, während sich diese bereits zum gemeinsamen Fernsehabend auf dem Sofa niederlässt.

Männer sind eher bestrebt, schon aus der überlieferten Tradition des Jägers heraus, Gefühle und Gedanken zu verinnerlichen.
Die strategische Planung einer Jagd auf Mammuts kann nicht praktisch am lebenden Objekt vollzogen werden. Der Verlust des eigenen Lebens oder eines jagdzielerhöhenden Teampartners und damit die Gefährdung der eigenen Sippe durch Verlust einer Nahrungsquelle wäre bei einem Misserfolg zu hoch.
Der Mann vergeistigt daher sein Innenleben, wo er sanktionsfrei seine Ideen wälzen kann und projeziert sie auf nicht-sinnliche Objekte.
Zwangsläufig geht damit stückweit ein Realitätsverlust und ein fehlender Pragmatismus einher.

Die Lösung liegt vermutlich auch hier im goldenen Mittelweg: realitätsbezogene weibliche Wahrnehmung und fantasie-enthobene männliche Wirklichkeit.
Z.B. könnte der Mann die Frau beim Haushalt entlasten, indem er nicht einfach die Wohnung saugt und mit einem erhöhten Reinlichkeitsgrad den sinnlichen Aspekt der Frau befriedigt. Nein, er könnte dieses Vorhaben zu einer (heiligen) “Mission” erklären, den Sohnemann mit einem Handstaubstauger ausrüsten und mit diesem gemeinsam auf Staubkornjagd sich begeben. Somit könnte der Mann seine steinzeitlichen Triebe gleichfalls befreidigen und nebenbei noch mit der sinnvollen, zukunftsorientierten Beschäftigung des Kindes die Frau von der Aufsicht des Kindes erleichtern.

Frauen sind anders. Männer übrigens auch.
Diese Ambivalenz ist allerdings nicht immer leicht zu überbrücken, die Gegenpole zu vereinen, mitunter schwer umsetzbar.
Beide kommen jeweils aus einem anderen geistigen Kulturkreis und haben eine andere Sicht auf die Welt.
Keines der Geschlechter ist weder besser noch schlechter, sondern nur eben anders.
Und keines will mitunter nicht nachgeben…

Cyrano
Schöne Frauen, Himmelslicht,
Herabgesandt, uns Wonnen einzuhauchen,
Bezauberndes Geschlecht, wir Dichter brauchen
Zwar euren Reiz doch euer Urteil nicht.

Ich schreibe daher Frauen generell nicht (mehr) an, weil zwischen Frau und Mann unterschiedliche romantische Vorstellungen vorherrschen, die diametral auseinandergehen und meist zu Missverständnissen und Frustrationserlebnissen führen.

 
 
28 
 April 
 
2012


 
Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

Tausend Dank an Lutz Görner für die Einstellung auf YouTube!
Eventuelle Kommentare zum Video-Clip bitte direkt auf YouTube!

 

 

»Von Rechts wegen sollte dieses Büchlein in jedem Hause, am Fenster, unterm Spiegel, oder wo sonst Gesang- und Kochbücher zu liegen pflegen, zu finden sein, um aufgeschlagen zu werden in jedem Augenblick der Stimmung oder Unstimmung.«

Johann Wolfgang von Goethe
über: “Des Knaben Wunderhorn”

 

 
Schwere Brombeeren (2:34)
Achim von Arnim (1781 – 1831)

Es wollt ein Mägdlein früh aufstehn,
Drei Stündlein vor dem Tag.
Wollt in den grünen Wald naus gehen,
Brombeerlein brechen ab.

Und als sie in den Wald nein kam,
Begegnet ihr Jägers Knecht.
»Ei Mädchen, scher dich weg nach Haus,
Dem Herrn ist das nicht recht.«

Und als das Mädchen heimwärts kam,
Begegnet ihr Jägers Sohn:
»Ei Mädchen, pflück nur ohne Scham,
Einen Schoß voll gönn ich dir schon.«

»Einen Schoß voll den begehr ich nicht,
Eine Handvoll ist mir genug.«
Die Brombeeren standen dicht an dicht,
Sie suchten sie immerzu.

Und als ein halbes Jahr um war,
Die Brombeern wurden groß,
Und als drei viertel Jahr um war,
Saß ein Kindlein auf dem Schoß.

 

 
Herr Olof (4:42)
Johann Gottfried Herder (1744–1803)

Herr Olof reitet spät und weit,
Zu bieten auf seine Hochzeitsleut.

Da tanzen Elfen auf grünem Land,
Erlkönigs Tochter reicht die Hand.

»Willkommen, Herr Olof, was eilst du von hier?
Tritt her in den Reihen und tanz mit mir.«

»Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag,
Frühmorgen ist mein Hochzeitstag.«

»Hör an, Herr Olof, komm, tanz mit mir,
Zwei güldene Sporen schenk ich dir.

Ein Hemd von Seide so weiß und fein,
Meine Mutter bleichts im Mondenschein.«

»Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag,
Frühmorgen ist mein Hochzeitstag.«

»Hör an! Herr Olof komm tanz mit mir,
Einen Haufen Goldes schenk ich dir.«

»Einen Haufen Goldes nehm ich wohl,
Doch tanzen ich weder darf noch soll.«

»Und willst du Herr Olof, nicht tanzen mit mir,
Soll Seuch und Krankheit folgen dir.«

Sie tät einen Schlag ihm auf sein Herz,
Noch niemals fühlt er solchen Schmerz.

Sie hob ihn bleichend auf sein Pferd.
»Reit heim nun zu deinem Bräutlein wert.«

Und als er kam vor des Hauses Tor,
Seine Mutter zitternd stand davor.

»Hör an, mein Sohn, sag an mir gleich,
Wie ist deine Farbe blass und bleich!«

»Wie sollt sie nicht blass sein und bleich,
Ich war in des Erlenköniges Reich.«

»Hör an mein Sohn, mir lieb und traut,
Was soll ich denn sagen deiner Braut?«

»Sag ihr, ich sei im Wald zur Stund,
Zu erproben mein Pferd dort und den Hund.«

Frühmorgen als es Tag kaum war,
Da kam die Braut mit der Hochzeitschar.

Sie tranken Met, sie tranken Wein,
»Wo ist Herr Olof, der Bräutigam mein?«

»Herr Olof, er ritt in den Wald zur Stund,
Er erprobt allda sein Pferd und den Hund.«

Die Braut hob auf den Scharlach rot,
Da lag Herr Olof, und er war tot.

 

 
Das Wunderhorn (8:20)
aus: »Des Knaben Wunderhorn«
hrsg. von Achim von Armin und Clemens Brentano

Ein Knab auf schnellem Ross
Sprengt auf der Kaisrin Schloss.
Das Ross zur Erd sich neigt,
Der Knab sich zierlich beugt.

Wie lieblich, artig, schön
Die Frauen sich ansehn.
Ein Horn trug seine Hand,
Daran vier goldne Band.

Gar mancher schöne Stein
Gelegt ins Gold hinein.
Viel Perlen und Rubin
Die Augen auf sich ziehn.

Das Horn vom Elephant,
So gross man keinen fand,
So schön man keinen fing,
Und oben dran ein Ring.

Wie Silber blinken kann!
Und hundert Glocken dran
Vom feinsten Gold gemacht.
Aus tiefem Meer gebracht

Von einer Meerfei Hand
Der Kaiserin gesandt.
Zu ihrer Reinheit Preis
Weil sie so schön und weis.

Der Knabe sagte auch:
»Dies ist des Horns Gebrauch:
Ein Druck von Eurem Finger,
Ja, ja, von Eurem Finger

Und diese Glocken all
Sie geben süßen Schall,
Wie nie ein Harfenklang
Und keiner Frauen Sang,

Kein Vogel obenher,
Die Meerfei nicht im Meer
Noch schöner singen kann!«
Fort sprengt der Knab bergan,

Ließ in der Kaisrin Hand
Das Horn, so weltbekannt.
Ein Druck von ihrem Finger,
O süßes hell Geklinger!