Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

9 
 Oktober 
 
2016


 

DICHTUNG Friedrich Hölderlin
LESUNG Mathias Wieman
BEREITSTELLUNG wortlover


 

Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr die Euern all,
  O ihr Dankbaren, sie, euere Dichter schmäht,
    Gott vergeb’ es, doch ehret
      Nur die Seele der Liebenden.

Denn o saget, wo lebt menschliches Leben sonst,
  Da die knechtische jetzt alles, die Sorge, zwingt?
    Darum wandelt der Gott auch
      Sorglos über dem Haupt uns längst.

Doch, wie immer das Jahr kalt und gesanglos ist
  Zur beschiedenen Zeit, aber aus weißem Feld
    Grüne Halme doch sprossen,
      Oft ein einsamer Vogel singt,

Wenn sich mählich der Wald dehnet, der Strom sich regt,
  Schon die mildere Luft leise von Mittag weht
    Zur erlesenen Stunde,
      So ein Zeichen der schönern Zeit,

Die wir glauben, erwächst einziggenügsam noch,
  Einzig edel und fromm über dem ehernen,
    Wilden Boden die Liebe,
      Gottes Tochter, von ihm allein.

Sei gesegnet, o sei, himmlische Pflanze, mir
  Mit Gesange gepflegt, wenn des ätherischen
    Nektars Kräfte dich nähren,
      Und der schöpfrische Strahl dich reift.

Wachs und werde zum Wald! eine beseeltere,
  Vollentblühende Welt! Sprache der Liebenden
    Sei die Sprache des Landes,
      Ihre Seele der Laut des Volks!

 
 
16 
 September 
 
2012


 

Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr die Euern all,
O ihr Dankbaren, sie, euere Dichter schmäht,
Gott vergeb’ es, doch ehret
Nur die Seele der Liebenden.

Denn o saget, wo lebt menschliches Leben sonst,
Da die knechtische jetzt alles, die Sorge, zwingt?
Darum wandelt der Gott auch
Sorglos über dem Haupt uns längst.

Doch, wie immer das Jahr kalt und gesanglos ist
Zur beschiedenen Zeit, aber aus weißem Feld
Grüne Halme doch sprossen,
Oft ein einsamer Vogel singt,

Wenn sich mählich der Wald dehnet, der Strom sich regt,
Schon die mildere Luft leise von Mittag weht
Zur erlesenen Stunde,
So ein Zeichen der schönern Zeit,

Die wir glauben, erwächst einziggenügsam noch,
Einzig edel und fromm über dem ehernen,
Wilden Boden die Liebe,
Gottes Tochter, von ihm allein.

Sei gesegnet, o sei, himmlische Pflanze, mir
Mit Gesange gepflegt, wenn des ätherischen
Nektars Kräfte dich nähren,
Und der schöpfrische Strahl dich reift.

Wachs und werde zum Wald! eine beseeltere,
Vollentblühende Welt! Sprache der Liebenden
Sei die Sprache des Landes,
Ihre Seele der Laut des Volks!

 

Hier findet Sprach’ und Musik sich vereint, geschwisterlich traut!

 

Textdichter Friedrich Hölderlin
Lesung Christian Brückner
Musik Edward Elgar – Enigma Variationen – nimrod (adagio)
Bereitstellung 59Berger

 
 
3 
 Juni 
 
2012


 
Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

Tausend Dank an Lutz Görner für die Einstellung auf YouTube!
Eventuelle Kommentare zum Video-Clip bitte direkt auf YouTube!

 

 

Wenn ich an deinem Hause (0:07)
Heinrich Heine (1797 – 1856)

Wenn ich an deinem Hause
Des Morgens vorüber geh,
So freuts mich, du liebe Kleine,
Wenn ich dich am Fenster seh.

Mit deinen schwarzbraunen Augen
Siehst du mich forschend an:
»Wer bist du, und was fehlt dir,
Du fremder, kranker Mann?«

»Ich bin ein deutscher Dichter,
Bekannt im deutschen Land.
Nennt man die besten Namen,
So wird auch der meine genannt.

Und was mir fehlt du Kleine,
Fehlt manchem im deutschen Land.
Nennt man die schlimmsten Schmerzen,
So wird auch der meine genannt.«

 

 
Wenn ich an deinem Hause (0:07)
Heinrich Heine (1797 – 1856)

[Auszug]
Leise zieht durch mein Gemüt
Liebliches Geläute.
Klinge, kleines Frühlingslied,
Kling hinaus ins Weite.

Kling hinaus, bis an das Haus,
Wo die Blumen sprießen.
Wenn du eine Rose schaust,
Sag, ich lass sie grüßen.
___________

Hör ich das Liedchen klingen,
Das einst die Liebste sang,
So will mir die Brust zerspringen
Vor wildem Schmerzensdrang.

Es treibt mich ein dunkles Sehnen
Hinauf zur Waldeshöh.
Dort löst sich auf in Tränen
Mein übergroßes Weh.
___________

Ich hab im Traum geweinet.
Mir träumte, du lägest im Grab.
Ich wachte auf, und die Träne
Floss noch von der Wange herab.

Ich hab im Traum geweinet.
Mir träumt, du verließest mich.
Ich wachte auf, und ich weinte
Noch lange bitterlich.

Ich hab im Traum geweinet.
Mir träumte, du bliebest mir gut.
Ich wachte auf, und noch immer
Strömt meine Tränenflut.
___________

Aus meinen Tränen sprießen
Viel blühende Blumen hervor,
Und meine Seufzer werden
Ein Nachtigallenchor.

Und wenn du mich lieb hast, Kindchen,
Schenk ich dir die Blumen all,
Und vor deinem Fenster soll klingen
Das Lied der Nachtigall.
___________

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Knospen sprangen,
Da ist in meinem Herzen
Die Liebe aufgegangen.

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Vögel sangen,
Da hab ich ihr gestanden
Mein Sehnen und Verlangen.
___________

Du bist wie eine Blume,
So hold und schön und rein.
Ich schau dich an, und Wehmut
Schleicht mir ins Herz hinein.

Mir ist, als ob ich die Hände
Aufs Haupt dir legen sollt,
Betend, dass Gott dich erhalte,
So rein und schön und hold.
___________

Ich wollte, meine Lieder
Das wären Blümelein:
Ich schickte sie zu riechen
Der Herzallerliebsten mein.

Ich wollte, meine Lieder
Das wären Küsse fein:
Ich schickt sie heimlich alle
Nach Liebchens Wängelein.

Ich wollte, meine Lieder
Das wären Erbsen klein:
Ich kocht eine Erbsensuppe,
Die sollte köstlich sein.
___________

Himmlisch wars, wenn ich bezwang
Meine sündige Begier.
Aber wenns mir nicht gelang,
Hatt ich doch ein groß Pläsier.
___________

Anfangs wollt ich fast verzagen,
Und ich glaubt, ich trüg es nie.
Und ich hab es doch getragen –
Aber fragt mich nur nicht, wie?
___________

Teurer Freund! Was soll es nützen,
Stets das alte Lied zu leiern?
Willst du ewig brütend sitzen
Auf den alten Liebes-Eiern?

Ach! das ist ein ewig Gattern,
Aus den Schalen kriechen Küchlein,
Und sie piepsen und sie flattern,
Und du sperrst sie in ein Büchlein.