6 August 2018 |
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MUSIK | Falkenstein | |
BEREITSTELLUNG | Test Elektroservice |
Die große Göttin
Sag, wer bist du, wunderbare
hohe heilige Götterfrau.
Die im Schmuck der goldnen Haare
wandelt durch den deutschen Gau?
Viele Namen hör ich nennen,
anders stets nach Ort und Frist.
Doch es ahnen, die dich kennen,
dass du stets die Selbe bist.
Magst du Flockenberge türmen,
Winterschutz der jungen Saat.
Mag in Herbst- und Frühlingsstürmen
durch die Lüfte gehn dein Pfad.
Oder ob der goldne Wagen
leicht dich trägt von Haus zu Haus.
Immer, wo dir Herzen schlagen,
streust du vollen Segen aus.
Bald als Berchta mit dem Rocken
gehst du um zur Winterzeit.
Und verwirrst die vollen Wocken
und belohnst die fleissige Meid.
Bald als Holda-Rockenmuhme
streifst du heimlich durchs Gefild.
Und es neigt sich Blatt und Blume,
und des Kornfelds Ãhre schwillt.
Wieder dann auf heiligen Hainen
fährst als Nerthus du durchs Land.
Und es kündet dein Erscheinen
Glück und Frieden jedem Stand.
Eisen schläft, die Waffen schweigen,
und gestorben ist das Weh.
Froh darfst du zum Bade steigen
im geheimnisvollen See.
Oft auch tief im Waldesschatten
hat man weinend dich erblickt.
Wie einst Freya ihrem Gatten
goldne Tränen nachgeschickt.
Bist du Freya, die den Frohen
Freude bringt trotz eigner Qual?
Bist du gar des höchsten Hohen,
bist du Wodans Lichtgemahl?
Lodert frommen Herdbrands Feuer
doch auch dir in heilger Glut.
Und wie jener ist dir teuer
junger Ehe köstlich Gut.
Oder muss ich tiefer dringen
bis zu Hel durch Gruft und Grab?
Steigst du, Leben zu erzwingen,
gar zur Totenwelt hinab?
Denn dort ruhen die Ungeborenen,
wartend, dass du sie befreist..
Wie du auch den Frühverlorenen
dort zurück die Pfade weist.
Und so knüpfen deine Hände
der Vollendung grossen Ring:
Tod und Leben, Anfang, Ende,
alles kommt auf deinen Wink.
Heilige Göttin, vielgestaltig
wandelst du auf deutschem Grund.
Und im Wirken mannigfaltig
wird uns deine Gottheit kund.
Wer du sein magst, Frigga, holde,
zählst du Hellias Reiche zu:
Mir, im Haar von lichtem Golde
bist Allmutter Erde du.
Sei gesegnet, Mutter Erde,
die uns alle rief zum Licht.
Die in Not uns und Beschwerde
Frucht und Blütenkränze flicht.
Sei gesegnet, Mutter Erde,
die uns wieder lind umfängt.
Bis das grosse Frühlings werde
einst des Helreichs Pforten sprengt.
6 November 2016 |
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DICHTUNG | Conrad Ferdinand Meyer | |
LESUNG | Jürgen Goslar | |
BEREITSTELLUNG | wortlover |
Trüb verglomm der schwüle Sommertag
Dumpf und traurig tönt mein Ruderschlag –
Sterne, Sterne – Abend ist es ja –
Sterne, warum seid ihr noch nicht da?
Bleich das Leben! Bleich der Felsenhang!
Schilf, was flüsterst du so frech und bang?
Fern der Himmel und die Tiefe nah –
Sterne, warum seid ihr noch nicht da?
Eine liebe, liebe Stimme ruft
Mich beständig aus der Wassergruft –
Weg, Gespenst, das oft ich winken sah!
Sterne, Sterne, seid ihr nicht mehr da?
Endlich, endlich durch das Dunkel bricht –
Es war Zeit! – ein schwaches Flimmerlicht –
Denn ich wusste nicht, wie mir geschah.
Sterne, Sterne, bleibt mir immer nah!
18 Juni 2016 |
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Edgar Allan Poe (1799– 1853)
Nur wenig Freudevolles birgt.
Ich klage nicht, dass ein Augenblick
Die Liebe der Mutter verwirkt.
Ich klage nicht, dass mehr an Glück
Der Einsame hat als ich,
Weil ihr ja sorgt um mein Geschick
Auf meines Lebens Wanderung – um mich!
Edgar Allan Poe (1799– 1853)
Ich sah nicht so, wie andre sahn.
Was mich ergriff zu Lust und Pein,
Das musste ungewöhnlich sein.
Edgar Allan Poe (1799– 1853)
Da war es, da lebte sie –
Lang, lang ist es her – und man hat sie gekannt
Mit dem Namen Annabel Lee.
Voll Schönheit – und mich liebte sie.
In dem Königreich an des Meeres Strand
Ein Kind war ich, war sie,
Doch wir liebten mit Liebe, die wir nur gekannt,
Nur ich und nur Annabel Lee –
Mit Liebe, dass strahlende Engel selbst
Beneideten mich um sie.
Und das war der Grund, dass im vorigen Jahr
Die Luft kalte Winde spie,
Die frostig durchfuhrn ihren Leib und das Haar
Meiner schönen Annabel Lee.
Und Engel kamen durch eisige Luft,
Und ach! Sie entführten mir sie,
Um sie einzuschließen in Grab und Gruft,
Meine schöne Annabel Lee.
Kein Mondenlicht blinkt, das nicht Träume mir bringt
Von der schönen Annabel Lee.
Jedes Sternlein, das steigt, hell die Augen mir zeigt
Von der schönen Annabel Lee.
Und so jede Nacht lieg zur Seite ich sacht
Bei der Geliebten in bräutlicher Pracht:
Am Meer dort bei Annabel Lee.
Im Grab dort bei Annabel Lee.
Edgar Allan Poe (1799– 1853)
Die Engel, wenn sie Liebe-Worte nennen,
Kein heiliger und sanfter Wort
Als »Mutter« flüstern können.
Bei diesem süßen Namen nannt ich jene,
Die mir einst mehr als eine Mutter war.
Nach der ich mich in allen Frauen sehne:
Virginia, Geliebte immerdar.