1 August 2017 |
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Herrschaft der Willkür
Was soll der Götter laun’sches Narrenspiel,
das unentwegt mit heißem Lustgefühl
begehrt, dem siechend’ Erdensohn zu drängen?
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Kühlt sich des Zeuses Brust, die ruhmerglühte,
mit Tränenflut menschlicher Trauergesängen?
Füllst du, Poseidon, denn die Weltenmeere, trübsalserpicht,
Menschenzähr’ um Menschenzähre?
Raubst, Helios, du das Lächeln deiner Siegesstrahlen
denn vom erlosch’nen Augenlicht gefall’ner Helden
in rauer Heeresschlacht, um fremdbeprunkt zu prahlen?
Trittst, Chloris, du Kunstbemühte,
nun hinzu, um reinlich dann der Rosen Gewand
im Pril verfloss’nen Streiterbluts zu tränken?
***
Oh soll doch an des Aulis‘ Strande Abendhimmel
sich Helios Götteraug’ ins schwarze Weltmeer senken
und Nyx mit finst’rem Blick allmählich nachten!
Dem Glückverschmähten tränbegoss’nes Trachten
scheuet nicht der eise Würgegriff,
des Ares’ glatter Lanzenstich
lüstern in die matte Brust gerammt,
ja, löscht nichts, was eh’ schon ward verflammt.
***
Wähne dich glücklich, oh eitles Herrschergeschlecht, denn erhaben
thronest du! Siegesgewiß waltet dein Zepter der Macht,
teilst mit der Themis entheiligtem Schwert der Gemeinen
Länderbesitz und beglückst Fürstenverwalter damit,
zwingst des Freien geschändetes Haupt unters Joch des verhängten
Frones und nährest dich wohl von der Gepeinigten Müh’.
→ Eherne Welt
Fußnoten
21 Juni 2017 |
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Scherenschnitt
Margarete Schreiber[1]Foto: Margarete Schreiber. In: “Das Himmelsvolk” von Waldemar Bonsels
Musik
Wolfgang Amadeus Mozart [2]Klavierkonzert Nr. 23 – Adagio
Die Lichtung
Hüll’ mich umarmend in der Geborgenheit lichtem Gewande!
Hebe den scheuen Farn strähner Wimpern,
den Silbertau klarer Augen liebfunkelnd mir strahle!
Wohlduft entsteige der Wangen samt‘ges Moos,
trunk’ne Süße reiche der Lippen Holunder!
Und aus berauschter Sinne umlagernden Nachtesflor
rankt sich
deiner zarthalm‘gen Finger Akelei,
knospenquell blühend
mir ambrosisch entatmend
des Balsamhauchs linder Entsendung.
→ Morpheus’ Schoß
Fußnoten
7 Juni 2017 |
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DICHTUNG | Eduard Mörike | |
LESUNG | Oskar Werner | |
BEREITSTELLUNG | wortlover |
Wenn ich, von deinem Anschaun tief gestillt,
Mich stumm an deinem heilgen Wert vergnüge,
Dann hör ich recht die leisen Atemzüge
Des Engels, welcher sich in dir verhüllt.
Und ein erstaunt, ein fragend Lächeln quillt
Auf meinem Mund, ob mich kein Traum betrüge,
Daß nun in dir, zu ewiger Genüge,
Mein kühnster Wunsch, mein einzger, sich erfüllt?
Von Tiefe dann zu Tiefen stürzt mein Sinn,
Ich höre aus der Gottheit nächtger Ferne
Die Quellen des Geschicks melodisch rauschen.
Betäubt kehr ich den Blick nach oben hin,
Zum Himmel auf – da lächeln alle Sterne;
Ich kniee, ihrem Lichtgesang zu lauschen.