Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

1 
 März 
 
2016


 

 

Auf Flügeln des Gesanges,
Herzliebchen, trag ich dich fort,
Fort nach den Fluren des Ganges,
Dort weiß ich den schönsten Ort.

Dort liegt ein rotblühender Garten
Im stillen Mondenschein;
Die Lotosblumen erwarten
Ihr trautes Schwesterlein.

Die Veilchen kichern und kosen,
Und schaun nach den Sternen empor;
Heimlich erzählen die Rosen
Sich duftende Märchen ins Ohr.

Es hüpfen herbei und lauschen
Die frommen, klugen Gazelln;
Und in der Ferne rauschen
Des heiligen Stromes Welln.

Dort wollen wir niedersinken
Unter dem Palmenbaum,
Und Liebe und Ruhe trinken,
Und träumen seligen Traum.

 

Textdichter Heinrich Heine
Lesung Brigitte Trübenbach
Bereitstellung wortlover

 
 
26 
 Januar 
 
2016

Schlagwörter

1

 

 
Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein
 

Die rheinischen Weinbauern (2:08)
Georg Weerth (1822 – 1856)
An Ahr und Mosel glänzten
Die Trauben gelb und rot.
Die fleißgen Bauern meinten,
Nun wär vorbei die Not.
Da kamen die Herren der Banken
Herbei aus aller Welt:
»Wir nehmen ein Drittel der Ernte
Für unser geliehenes Geld!«
Da kamen die Herren Beamten
Aus Koblenz und aus Köln:
»Das zweite Drittel gehöret
Dem Staate an Steuern und Zölln!«
Und als die Bauern flehten
Zu Gott in höchster Pein,
Da schickt er ein Hageln und Wettern
Und brüllt: »Der Rest ist mein!«
Viel Leid geschieht jetzunder,
Viel Leid und Hohn und Spott,
Und wen der Teufel nicht peinigt,
Den peinigt der liebe Gott!
Das Hungerlied (3:50)
Georg Weerth (1822 – 1856)
Verehrter Herr und König,
Weißt du die schlimme Geschicht?
Am Montag aßen wir wenig,
Und am Dienstag aßen wir nicht.

Und am Mittwoch mussten wir darben,
Und am Donnerstag litten wir Not.
Und ach, am Freitag starben
Wir fast den Hungertod!

Drum lass am Samstag backen
Das Brot, fein säuberlich.
Sonst werden wir sonntags packen
Und fressen, o König, dich!

Pfingstlied (6:00)
Georg Weerth (1822 – 1856)
Sie herzten und sie küssten sich
Mit liebevoller Gebärde.
Der junge Herr Frühling wonniglich,
Der besuchte die schöne Frau Erde.

Er ist der guten, ehrlichen Frau
Mit eins an den Hals gesprungen,
Dass bis hinauf in den Himmel blau
Nur Lust und Jubel erklungen.

»Es freut mich, Geliebter, dass du hier!
Lang währte des Winters Tosen.
Meine Felder brauchen die goldne Zier,
Meine Gärten Lilien und Rosen.

Verstummt sind all meine Nachtigalln,
Seit ich dich verloren hatte.
Drum schmücke den Vögeln die grünen Halln
Und den Hirschen die blumige Matte.

Ich habe so oft an dich gedacht,
Wenn der Schnee fiel im nassgrauen Winter.
Doch sprich, was hast du mir mitgebracht
Für die lieblichen Menschenkinder?«

»Für die Menschenkinder?« versetzte da
Der junge Herr Frühling stutzend –
In die Tasche griff er behend: »Voilá!
Revolutionen ein Dutzend.«

 
 
9 
 Mai 
 
2015


 

 
Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein
 

Gedichte eines Lebendigen (Band 1) – Das Lied vom Hasse (1:44)
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Bekämpft sie ohne Unterlass,
Die Tyrannei auf Erden.
Und heiliger wird unser Hass
Als unsre Liebe werden.

Bis unsre Hand in Asche stirbt,
Soll sie vom Schwert nicht lassen.
Wir haben lang genug geliebt
Und wollen endlich hassen!

Aufruf (2:49)
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Reißt die Kreuze aus der Erden!
Alle sollen Schwerter werden!
Gott im Himmel wirds verzeihn.
Lasst, o lasst das Verseschweißen!
Auf den Amboss legt das Eisen!
Heiland soll das Eisen sein.

Gott im Himmel wirds verzeihn.
Gen Tyrannen und Philister!
Auch das Schwert hat seine Priester,
Und wir wollen Priester sein!
Reißt die Kreuze aus der Erden!
Alle sollen Schwerter werden!

Aus der Schweiz (3:43)
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Ich habe nun ein freies Land gefunden.
Doch nirgends sind auf Rosen wir gebettet,
Und ist mein Leib nicht eben angekettet,
Bleibt ewig mir die Seele doch ans Vaterland gebunden.
Gedichte eines Lebendigen (Band 1) – Leicht Gepäck (4:21)
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Ich bin ein freier Mann und singe
Mich wohl in keines Fürsten Gunst.
Und alles, was ich mir erringe,
Ist Gottes lieber Himmelsdunst.

Ich habe keine stolze Feste,
Von der man Länder übersieht.
Ich wohn als Vogel nur im Neste.
Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.

Gedichte eines Lebendigen (Band 1) – Wer ist frei? (5:01)
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Der ist allein ein freier Mann,
Und seiner sei gedacht,
Der sie sich selbst verdienen kann,
Die Freiheit in der Schlacht.
An den König von Preußen (6:13)
Georg Herwegh (1817 – 1875)
Einst hat Graf Platen es gewagt,
Mit seinem Lied, als du noch Kronprinz warst,
Vor dich zu treten.
Du weißt noch, wie er unverzagt
Die Tyrannei bei dir verklagt
Und dich um deinen Schutz gebeten.
Um Schutz für jenes Polenland,
Das blutend vor dem Himmel stand
Und keine, keine Hilfe fand
Als die Verzweiflung des Poeten.

Lebt Platen noch, er würde heut
Dich aus dem süßen Schlummer stören.
Obwohl die Welt dir Weihrauch streut
Und jeden Siegerkranz dir beut,
Sein stolzes Haupt würd sich empören.
Er spräch dem falschen Jubel Hohn
Und nahte zornig deinem Thron.
Tot ist dein Vater. Du, der Sohn,
Der mächtig ist, du solltest auf ihn hören.

Doch Platen schläft am fernen Meer,
Und Polen ist durch uns verloren.
In Ehrfurcht tret ich zu dir her.
Wirf nach dem Dichter nicht den Speer,
Weil eine Hütte ihn geboren.
Weil er vor dir, dem Fürst, den Mut
Zu flehn hat für dein eigen Gut,
Zu flehen für dein eigen Blut,
Fürs deutsche Volk, dem du geschworen!

Das ratlos auseinander irrt,
Mein Volk soll dir entgegenflammen.
Steh auf und sprich: »Ich bin der Hirt,
Der eine Hirt, der eine Wirt,
Und Herz und Haupt, sie sind beisammen!«