Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

29 
 Dezember 
 
2016

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Epikur

  • Das Wesentliche im menschlichen Leben ist das Glück.
    Zum Glück gehört die Vermeidung von Schmerz und – positiv gewendet – die Lust.
    Die Lust ist daher Ursprung und Ziel des glücklichen Lebens.
  • Lust darf nicht im Sinne grobsinnlichen Vergnügens verstanden werden.
    Lust richtet sich vielmehr auf die feineren Entzückungen des Geistes: das Gespräch, das Anhören von Musik, das Betrachten von Kunstwerken und insbesondere auf das Philosophieren.
  • Die wahre Lust und das wahre Vergnügen bestehen in einem ruhigen Gleichmaß der Seele.
    Dies ist allerdings nur zu erreichen, wenn man die Leidenschaften zum Schweigen bringt: die Furcht, die Begierde und den Schmerz, all diesen Wirbelsturm der Seele.
    Gelingt diese Beschwichtigung, dann schwindet alle Aufruhr aus unserer Seele.
  • Die Hauptaufgabe in der Philosophie liegt daher in der Lebenspraxis.
    Leer ist die Rede eines Philosophen, die nicht irgendeine Leidenschaft heilt, die nicht Leidenschaften aus der Seele vertreibt.
    Ist das erreicht, dann stellt sich die eigentliche philosophische Haltung ein: die Unerschütterlichkeit des Geistes, die Windstille der Seele, die Meeresstille.
  • Die Ataraxie (griechisch ἀταραξία ataraxía „Unerschütterlichkeit“, auch Ataraxis, von a-tárachos „unerschütterlich“) ist die Bezeichnung der Epikureer und Pyrrhoneer für das Ideal der Seelenruhe. Sie bezeichnet als seelischen Zustand die Affekt­losigkeit und die emotionale Gelassenheit gegenüber Schicksalsschlägen und ähnlichen Außeneinwirkungen, die das Glück des Weisen, die Eudaimonie, gefährden [1]WikiPedia.
  • Die Philosophie vermag nun Arznei der Seele zu sein, indem sie aus dem Feld der Leidenschaften hinaustritt und sich auf die Ebene der Vernunft begibt. Damit verlässt sie aber den Bereich der Lust nicht. Im Gegenteil: Eben aus der Vernunft entspringt der Seele die höchste Lust.
    Man kann nicht lustvoll lieben, ohne zugleich vernünftig zu lieben und umgekehrt nicht vernünftig ohne lustvoll zu lieben.
  • Die Philosophie wird verstanden als Einsicht und als Lebenspraxis zum Gipfel des menschlichen Daseins.
    Allein das klare Denken verschafft uns ein freudevolles Leben, die Vernunft ist unser höchstes Gut.
    Ist alles überwunden, was dem Frieden der Seele stören könnte, dann lebt man in Selbstgenügsamkeit, in der glücklichen Freiheit des Geistes.
    Die schönste Frucht der Selbstgenügsamkeit ist die Freiheit.
    Diese gewinnt der Mensch aber nur in der Unabhängigkeit von seiner Umwelt.
    Der Wahlspruch der Epikureer lautet daher: “Liebe im Verborgenen!”
  • Die Götter, die Bestimmer von irdischen Katastrophen als auch von himmlischen Belohnungen, werden nicht verleugnet, aber an den Rand des menschlichen Daseins gedrängt und somit der Einflussnahme “unterbunden”

Zenon

  • Im Gegensatz zu Epikur ist nicht die Lust, sondern die Pflicht oberste Maxime.
  • Die sittliche Aufgabe des Menschen ist es, nicht eine allgemeine Tugend, sondern die in ihm als Individuum liegende besondere Idee des Menschen zu verwirklichen.
  • Der Mensch kommt übereinstimmend mit sich selbst, indem er übereinstimmend mit der Natur lebt.
    Die Selbstverwirklichung ist also keine Sache der subjektiven Willkür, sondern gebunden an ein Gesetz, die Natur im Menschen. Diese steht mit der großen Natur draußen im Einklang: Wer mit sich selbst übereinstimmend handelt und so die Natur in seinem Innern verwirklicht, der handelt zugleich in Übereinstimmung mit den umfassenden Gesetzen des Kosmos.
    Daraus entspringt das Interesse der Stoiker an der Erfassung der Natur. Es erwächst nicht aus reinem Wissensdrang, es dient vielmehr der Selbsterkenntnis des Menschen.
  • Es gibt ein mächtiges Naturprinzip, das viele Namen trägt: Feuer heißt es und Lebenshauch, aber auch Geist, Vernunft und Schicksal. Schließlich wird es als die Gottheit bezeichnet und mit dem obersten Gott identifiziert. Eins ist Gott und der Geist und das Schicksal und Zeus und es gibt noch viele andere Namen. Gott ist ein unsterbliches, mit Vernunft und Geist begabtes Lebewesen, vollkommen in seiner Glückseligkeit, unzugänglich für alles Schlechte, vorsorgend für die Welt und für das, was in der Welt ist.
    Die Götter hausen dementsprechend auch nicht fern von der Welt, sondern sie sind gegenwärtig und sie sind wirksam. Durch ihre Vorsehung wird die Welt regiert, sie kümmern sich um die menschlichen Dinge und zwar nicht nur um die der Gesamtheit, sondern auch um die der Einzelnen.
  • Freiheit ist nicht blanke Willkür, sondern sein aus eigenem Ursprung. Frei ist nur der Mensch, der innerlich frei ist und nur das tut, was seine Vernunft wählt.
    Freiheit ist somit freiheitliche Fügung in die göttliche Ordnung.
    Es kommt darauf an, dass der Mensch der Vernunft in seinem Innern gehorche.
  • Der Mensch darf sich nicht von seinen Leidenschaften unterjochen lassen, denn diese sind darauf aus, ihn von seinem innersten Prinzip abzubringen.
  • Die Affekte stören uns an vernunftgeleitetem Handeln und stören die Harmonie der Seele. Sie sind die Krankheiten der Seele.
  • Das Lebensideal des Stoikers ist daher die Leidenschaftslosigkeit, die Unerschütterlichkeit auch und gerade gegenüber den Schlägen des Schicksals.
  • Über allem steht der Gedanke der Pflicht, des Geziemenden.
    Die Pflicht erfüllen aber heißt, der göttlichen Stimme im Innern gehorchen.
    Daraus erwächst eine allgemeine Menschenliebe, eine naturhafte Zuneigung, die alle Menschen als Menschen miteinander verbindet.

Fußnoten[+]

 
 
19 
 August 
 
2012


 

Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand
Dir Lesbie mit der Zeit um deine Brüste streichen,
Der liebliche Korall der Lippen wird verbleichen;
Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand.

Der Augen süßer Blitz, die Kräfte deiner Hand;
Für welchen solches fällt, die werden zeitlich weichen.
Das Haar, das itzund kann des Goldes Glanz erreichen,
Tilgt endlich Tag und Jahr als ein gemeines Band.

Der wohlgesetzte Fuß, die lieblichen Gebärden,
Die werden teils zu Staub, teils nichts und nichtig werden;
Dann opfert keiner mehr der Gottheit deiner Pracht.

Dies und noch mehr als dies muss endlich untergehen.
Dein Herze kann allein zu aller Zeit bestehen,
Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht.

 

Dichtung Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
Vertonung Literaturtoene
Bereitstellung Literaturtoene

 
 
10 
 Juni 
 
2012

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

Tausend Dank an Lutz Görner für die Einstellung auf YouTube!
Eventuelle Kommentare zum Video-Clip bitte direkt auf YouTube!

 

 
Sehr lange her ist es gewesen (0:24)
Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799 – 1837)

Sehr lange her ist es gewesen,
Da tanzten wir in diesem Saal.
Doch dann entflogst du Wunderwesen,
Der reinen Schönheit Ideal.

Im schmerzlich hoffnungslosen Sehnen,
Im ewgen Lärm der Menschenschar,
Hört deine süße Stimm ich tönen,
Träumt ich dein mildes Augenpaar.

Allein, im Kampf mit dem Geschicke
Und in der Jahre düsterm Gang
Vergaß ich deine Engelsblicke
Und deiner süßen Stimme Klang.

Denn lange Jahre war verbannt ich.
Es war die Brust mir stumm und leer.
Für keine Gottheit mehr entbrannt ich.
Nicht weint ich, lebt ich, liebt ich mehr.

Es darf die Seele nun genesen.
Denn du erscheinst zum zweitenmal,
Ein rasch entfliegend Wunderwesen,
Der reinen Schönheit Ideal.

Und wieder schlägt das Herz voll Weihe.
Sein Todesschlummer ist vorbei.
Für eine Gottheit glühts aufs neue.
Es lebt, es weint, es liebt aufs neu.

 

 
Gnädiges Fräulein, ich fuhr neulich (2:20)
Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799 – 1837)

Gnädiges Fräulein, ich fuhr neulich
An ihrem Haus vorüber, Sie verzeihn.
Nun, ich hatte es sehr eilig,
Kehrte nicht bei Ihnen ein.
Hatte Angst vor Ihren schönen,
Blauen Augen allzu sehr.

Ich, den längst Vampir schon nennen,
Alle im Distrikt von Twer,
Fürchtete, es könnt geschehen,
Dass ich falle auf die Knie.
Und so glaubt ich, durch mein Flehen
Störe und schockier ich Sie.

Im Gedächtnis wird inzwischen
Sich vielleicht zu meinem Leid
Ihrer Schönheit Bild verwischen.
Durch des Tags Geschäftigkeit.
Aber nein! Nichts kann zerstören
Die Erinnerung an Sie.

Weiterhin werd ich verehren
Ihres Wesens Harmonie.
Kommt es anders, werd einstweilen
Anderswo ich trösten mich,
Doch zu Ihnen werd ich eilen
Ein Jahr später sicherlich.

 

 
Was tut man auf dem Land an trüben Wintertagen (3:47)
Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799 – 1837)

Was tut man auf dem Land an trüben Wintertagen?
Als erstes wird man früh beim Tee den Diener fragen:
»Wie wird das Wetter heut? Gabs Neuschnee? Ists sehr kalt?«
Ich greif zu einem Buch, doch lesen kann ich nicht.
Was macht mich so zerstreut? – Ich leg das Buch beiseite.
Zur Feder greife ich, doch nichts gelingt mir heute.
Die Muse döst wie ich, umsonst beschwör ich sie,
Wirr reihn die Worte sich und ohne Melodie …
Mein treuer Diener selbst, der Reim, will mir nicht dienen,
So dass die Verse blass wie Nebelschwaden rinnen.
Verzweifelt stelle ich den Kampf mit ihnen ein.
Die Köchin lärmt und schreit! Ich geh zu ihr hinein.
Man macht ums Rübenkochen, das Silberzeug, sich Sorgen,
Vom Wetter spricht man und, obs Schneesturm gibt auch morgen.
Ja, ja, so interessant ists hier an trüben Wintertagen.

Doch welche Sensation, wenn plötzlich mal ein Wagen,
Ein Reiseschlitten vor dem Tor des Hofs sich zeigt,
Und eine Dame mit zwei hübschen Töchtern daraus steigt.
Wie kann sich dann – gefügt durch Gottes Willen –
Das ganze öde Haus sogleich mit Leben füllen!
Mit Blicken fängt es an, anfangs versteckt und scheu,
Und Worte folgen drauf, Gespräche, bald ganz frei.
Gemeinsamer Gesang, des Abends dann Gesellschaftsspiele,
Bis durch den Tanz sich lockern die Gefühle.
Die Worte werden kühn, Begier verrät der Blick,
Trifft man die Holde unverhofft auf schmalen Treppenstieg.
Wenns dunkelt, sieht man sie erregt von Lustgefühlen
Wohl unterm Vordach stehn, die heiße Stirn zu kühlen.
Die halbentblößte Brust gibt sie dem Schneesturm preis.
Der Frost macht ihr nichts aus, ihr Kuss brennt doppelt heiß!
Wie frisch sind Russlands Fraun, vom Schneestaub weiß gepudert!

 

 
Liebeserklärung an seine Frau (7:02)
Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799 – 1837)

Fürwahr, ich bin kein Freund von stürmischen Genüssen,
Von Zügellosigkeit und hemmungslosen Küssen.
Mag die Bacchantin nicht, die sich mit brünst’gem Schrei
Wie eine Schlange krümmt in wilder Raserei,
Sich selbst nur steigern will mit krampfhaftem Bemühen,
In letzten Zuckungen der Wollust zu erglühen.

Ach, wie viel lieber ist doch deine Sanftheit mir!
Welch schmerzlich-tiefe Lust empfind ich stets bei dir,
Wenn ich nach langem Flehn mich über dich darf neigen,
Und du dich ohne Rausch mir zögernd gibst zu eigen.

Wie sehr beglückt mich stets deine Verhaltenheit!
Stumm, schamhaft nimmst du hin all meine Zärtlichkeit,
Wirst lebhaft ohne Hast, pflegst nichts zu übereilen,
Um im Zusammenklang das Glück mit mir zu teilen.