Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

29 
 Mai 
 
2016

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

 

Trotz alledem! (0:00)
Ferdinand Freiligrath (1810 – 1876)
Das war ne heiße Märzenzeit,
Trotz Regen, Schnee und alledem!
Nun aber, da es Blüten schneit,
Nun ist es kalt, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem –
Trotz Wien, Berlin und alledem –
Ein schnöder, scharfer Winterwind
Durchfröstelt uns trotz alledem!

Das ist der Wind der Reaktion
Mit Mehltau, Reif und alledem!
Das ist die Bourgeoisie vorm Thron –
Der wieder steht, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Blutschuld, Trug und alledem –
Er steht noch und er hudelt uns
Wie früher fast, trotz alledem!

Denn ob der Reichstag sich blamiert
Wie immer schon und alledem!
Und ob der Teufel uns regiert
Mit Huf und Horn und alledem –
Trotz alledem und alledem,
Trotz Dummheit, List und alledem,
Wir wissen doch: die Menschlichkeit
Behält den Sieg trotz alledem!

Das Alte nur vertretet ihr!
Seid Kasten nur, trotz alledem!
Wir sind das Volk! Die Menschheit wir,
Sind ewig drum, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem:
So kommt denn her, trotz alledem!
Ihr hemmt uns, doch ihr zwingt uns nicht!
Unser die Welt, trotz alledem!

Prinz Eugen (4:14)
Ferdinand Freiligrath (1810 – 1876)
Zelte, Posten, Werda-Rufer!
Lustge Nacht am Donauufer!
Pferde stehn im Kreis umher,
Angebunden an den Pflöcken.
An den engen Sattelböcken
Hängen Karabiner schwer.

Um das Feuer auf der Erde,
Vor den Hufen seiner Pferde
Liegt das österreichische Pikett.
Auf dem Mantel liegt ein jeder.
Von den Tschakos weht die Feder.
Leutnant würfelt und Kornett.

Neben seinem müden Schecken
Ruht auf einer wollnen Decken
Der Trompeter ganz allein:
»Lasst die Würfel, lasst die Karten!
Kaiserliche Feldstandarten
Wird ein Reiterlied erfreun!

Vor acht Tagen die Affäre
Habe ich, zu Nutz dem Heere,
In gehörgen Reim gebracht.
Selber auch gesetzt die Noten.
Drum, ihr Weißen und ihr Roten!
Merket auf und gebet acht!«
Und er singt die neue Weise
Einmal, zweimal, dreimal leise
Allen Reitersleuten vor.
Und wie er zuletzt geendet
Bricht als wie zum Feind gesendet
Los der volle kräftge Chor:
»Prinz Eugen, der edle Ritter!«
Hei, das klang wie Ungewitter
Weit ins Türkenlager hin.
Der Trompeter tät den Schnurrbart streichen
Und sich auf die Seite schleichen
Zu der Marketenderin.

 
 
9 
 April 
 
2016

abgelegt in
09 → Romantik | Novalis

 

DICHTUNG Novalis
LESUNG Christian Brückner
BEREITSTELLUNG LYRIK & MUSIK


 

Muß immer der Morgen wiederkommen? Endet nie des Irdischen Gewalt? Unselige Geschäftigkeit verzehrt den himmlischen Anflug der Nacht. Wird nie der Liebe geheimes Opfer ewig brennen? Zugemessen ward dem Lichte seine Zeit; aber zeitlos und raumlos ist der Nacht Herrschaft. – Ewig ist die Dauer des Schlafs. Heiliger Schlaf – beglücke zu selten nicht der Nacht Geweihte in diesem irdischen Tagewerk. Nur die Thoren verkennen dich und wissen von keinem Schlafe, als den Schatten, den du in jener Dämmerung der wahrhaften Nacht mitleidig auf uns wirfst. Sie fühlen dich nicht in der goldnen Flut der Trauben – in des Mandelbaums Wunderöl, und dem braunen Safte des Mohns. Sie wissen nicht, daß du es bist der des zarten Mädchens Busen umschwebt und zum Himmel den Schoß macht – ahnden nicht, daß aus alten Geschichten du himmelöffnend entgegentrittst und den Schlüssel trägst zu den Wohnungen der Seligen, unendlicher Geheimnisse schweigender Bote.

 
 
15 
 März 
 
2016


 

Ehret die Frauen! Sie flechten und weben
Himmlische Rosen ins irdische Leben,
Flechten der Liebe beglückendes Band.
Und in der Grazie züchtigem Schleier
Nähren sie wachsam das ewige Feuer
Schöner Gefühle mit heiliger Hand

Ewig aus der Wahrheit Schranken
Schweift des Mannes wilde Kraft,
Und die irren Tritte wanken
Auf dem Meer der Leidenschaft.
Gierig greift er in die Ferne,
Nimmer wird sein Herz gestillt,
Rastlos durch entlegne Sterne
Jagt er seines Traumes Bild.

 

Dichtung Friedrich Schiller
Lesung Jürgen Goslar