Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

6 
 September 
 
2012

abgelegt in
Jürges, Holger

 

 

Ihr Wälder meiner Kindheit,
wenn ich einmal wiederkehre,
gebt in aller Traulichkeit,
was ich so tief begehre:

Die Stille einer Linde,
die all die Leiden heilte,
als ich in sanftem Winde
so gern darunter weilte.

Wachst du noch, mein Lindenbaum?
Ach, dann würd ich gerne träumen –
würd an deinem Rindensaum
alle Sorgen, Pein versäumen.

 

Textdichter Holger Jürges
Lesung Holger Jürges
Bereitstellung wortlover

 
 
29 
 Juni 
 
2012

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DICHTUNG Andreas Gryphius
LESUNG Ritter von Schönhering
BEREITSTELLUNG Ritter von Schönhering


 

AVff Todten! auff! die Welt verkracht in letztem Brande!
Der Sternen Heer vergeht! der Mond ist dunckel-rott /
Die Sonn’ ohn allen Schein! Auff / ihr die Grab vnd Kott
Auff! ihr die Erd vnd See vnd Hellen hilt zu pfande!

Ihr die ihr / lebt komm’t an: der HErr / der vor in Schande
Sich richten ließ / erscheint / vor Ihm laufft Flamm’ vnd Roth
Bey Ihm steht Majestätt / nach ihm / folgt Blitz vnd Tod /
Vmb ihn / mehr Cherubim als Sand an Pontus Strande.
Wie lieblich spricht Er an / die seine Recht’ erkohren.

Wie schrecklich donnert Er / auff diese / die verlohren
Vnwiderrufflich Wort / kommt Freunde / Feinde fliht!
Der Himmel schleußt sich auff! O GOtt! welch frölich scheiden!
Die Erden reist entzwey. Welch Weh / welch schrecklich Leiden.
Weh / Weh dem / der verdamm’t: wol dem / der JEsum siht!

 
 
28 
 Juni 
 
2012

Schlagwörter

0

 

DICHTUNG Gottfried Benn
LESUNG Fritz Stavenhagen



I
Ich trete in die dunkelblaue Stunde –
da ist der Flur, die Kette schließt sich zu
und nun im Raum ein Rot auf einem Munde
und eine Schale später Rosen — Du!

Wir wissen beide, jene Worte,
die jeder oft zu anderen sprach und trug,
sind zwischen uns wie nichts und fehl am Orte:
dies ist das Ganze und der letzte Zug.

Das Schweigende ist so weit fortgeschritten
und füllt den Raum und denkt sich selber zu
die Stunde — nichts gehofft und nichts gelitten —
mit ihrer Schale später Rosen — Du.

II
Dein Haupt verfließt, ist weiß und will sich hüten,
indessen sammelt sich auf deinem Mund
die ganze Lust, der Purpur und die Blüten
aus deinem angestammten Ahnengrund.

Du bist so weiß, man denkt, du wirst zerfallen
vor lauter Schnee, vor lauter Blütenlos,
totweiße Rosen, Glied für Glied — Korallen
nur auf den Lippen, schwer und wundengroß.

Du bist so weich, du gibst von etwas Kunde,
von einem Glück aus Sinken und Gefahr
in einer blauen, dunkelblauen Stunde
und wenn sie ging, weiß keiner, ob sie war.

III
Ich frage dich, du bist doch eines andern,
was trägst du mir die späten Rosen zu?
Du sagst, die Träume gehn, die Stunden wandern,
was ist das alles: er und ich und du?

«Was sich erhebt, das will auch wieder enden,
was sich erlebt — wer weiß denn das genau,
die Kette schließt, man schweigt in diesen Wänden
und dort die Weite, hoch und dunkelblau.»