6 April 2018 | |
DICHTUNG | Gottfried Benn | |
LESUNG | Fritz Stavenhagen |
I
Die trunkenen Fluten fallen –
die Stunde des sterbenden Blau
und der erblassten Korallen
um die Insel von Palau.
Die trunkenen Fluten enden
als Fremdes, nicht dein, nicht mein,
sie lassen dir nichts in Händen
als der Bilder schweigendes Sein.
Die Fluten, die Flammen, die Fragen –
und dann auf Asche sehn:
„Leben ist Brückenschlagen
über Ströme, die vergehn.“
II
Ein breiter Graben aus Schweigen,
eine hohe Mauer aus Nacht
zieht um die Stuben, die Steigen,
wo du gewohnt, gewacht.
In Vor- und Nachgefühlen
hält noch die Strophe sich:
„auf welchen schwarzen Stühlen
woben die Parzen dich,
aus wo gefüllten Krügen
erströmst du und verrinnst
auf den verzehrten Zügen
ein altes Traumgespinst.“
Bis sich die Reime schließen,
die sich der Vers erfand,
und Stein und Graben fließen
in das weite, graue Land.
III
Ein Grab am Fjord, ein Kreuz am goldenen Tore,
ein Stein im Wald und zwei an einem See -:
ein ganzes Lied, ein Ruf im Chore:
„Die Himmel wechseln ihre Sterne – geh.“
Das du dir trugst, dies Bild, halb Wahn, halb Wende,
das trägt sich selbst, du musst nicht bange sein
und Schmetterlinge, März bis Sommerende,
das wird noch lange sein.
Und sinkt der letzte Falter in die Tiefe,
die letzte Neige und das letzte Weh,
bleibt doch der große Chor, der weiterriefe:
die Himmel wechseln ihre Sterne – geh.
IV
Es ist ein Garten, den ich manchmal sehe
östlich der Oder, wo die Ebenen weit,
ein Graben, eine Brücke, und ich stehe
an Fliederbüschen, blau und rauschbereit.
Es ist ein Knabe, dem ich manchmal trauere,
der sich am See in Schilf und Wogen ließ,
noch strömte nicht der Fluss, vor dem ich schauere,
der erst wie Glück und dann Vergessen hieß.
Es ist ein Spruch, dem oftmals ich gesonnen,
der alles sagt, da er dir nichts verheißt –
ich habe ihn auch in dies Buch versponnen,
er stand auf einem Grab: „tu sais“ – du weißt.
V
Die vielen Dinge, die du tief versiegelt
durch deine Tage trägst in dir allein,
die du auch im Gespräche nie entriegelt,
in keinen Brief und Blick sie ließest ein,
die schweigenden, die guten und die bösen,
die so erlittenen, darin du gehst,
die kannst du erst in jener Sphäre lösen,
in der du stirbst und endend auferstehst.
4 August 2015 | |
Meine Soldaten
Verzeih‘ …
Du stemmtest den harten Granit der kühlen Verwehrung
und sprenge die Brücken,
und stürztest erhabenen Himmelsbau,
lass‘ systematisch jeden Gedanken an Dich unterdrücken,
du stutztest des kühnen Flügelschlags bläulicher Hoffnung,
die Fotos verbrennen
machtest welk der Erinn’rung Blumengekränze
und die Lieder zensieren,
und stumm der Leier süßes Gelaute,
komme was wolle, ich darf die Kontrolle nie wieder verlieren.
wahrtest die Grenzen des Reichs deiner Liebe!
Du flautest der Liebe milder Winde, des Herzens Gespielinnen,
verdächtige Elemente sofort unschädlich machen,
gebotest der Leidenschaft Stürme gar Einhalt,
denn es reicht ein Zeichen der Schwäche, ein Zittern der Finger,
und meidend des Wimpernschlags Scheue
Ich brauch‘ kühles Blut,
stähltest den Blick du Dir, den einst zartschmelzen,
denn es tut mir nicht gut, mich an Dich zu erinnern.
des Herzens Regentschaft sei Dein nun allein!
denn es tut mir nicht gut, mich an Dich zu erinnern.
des Herzens Regentschaft sei Dein nun allein!
Und nährtest der Sehnsucht Herzensglut Du,
und das Chaos ausbricht in mir drin,
so drohte auch schon der Flammen Verheerung,
schicke ich meine Soldaten los,
und decktest erstickend den Mantel des Schweigens
um den Widerstand niederzuzwingen.
über des Herzens wildlodernder Flamm‘.
Immer, wenn mein Herz nach Dir ruft,
Wenn immer der Sehnsucht Glut aufglimmte,
und es brennt in den Straßen in mir drin,
entfachte der Weltbrand in Dir,
befehle ich meiner Armee, alles zu tun,
so schriest zu den Himmeln Du,
um es wieder zum Schweigen zu bringen,
zu wehren des Flammenheers Derbnis
es geknebelt, gebrochen ist und weggesperrt,
zu bänd’gen, zu begrenzen des Feuers wütenden Raub,
und mir endlich gehorcht, mein armes Herz.
gefügig zu machen des Herzens verzehrender Flamm‘.
Erduldend stemmt auch der Hoplit wehrhaft den Schild,
er läuft Runden im Park bis die Beine versagen.
und rammt ihn in feindische Reihen bis der Schritt ihn ermattet.
Die Stirn in den Staub für ein Ja und ein Amen,
Entschlossen gefurcht ist die Stirn mit ehernem Willen,
ein Soldat vergisst alles,
im Kriegsmarsch blind um sich schlagend
im Falle des Falles auch den eigenen Namen.
und selbst sich dabei gar vergessend.
Es bedarf einer Kriegslist nur, für die steinerne Festung,
eine winzigen Stein für eine gewaltige Welle,
ein Einlasstor für ein einströmendes Heer,
ein Funken im Zunder
ein hölzernes Pferd hinter sicheren Mauern
und alles steht wieder in Flammen,
und Feuerbrunst walzt über Troja hinweg,
die ganze Fassade klappt wie ein Kartenhaus in sich zusammen,
reisst nieder den Prunk der Palläste,
klappt wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
und aschet den Glanz der Häuser und Straßen.
Und nährtest der Sehnsucht Herzensglut Du,
und das Chaos ausbricht in mir drin,
so drohte auch schon der Flammen Verheerung,
schicke ich meine Soldaten los,
und decktest erstickend den Mantel des Schweigens
um den Widerstand niederzuzwingen.
über des Herzens wildlodernder Flamm‘.
Wenn immer der Sehnsucht Glut aufglimmte,
und es brennt in den Straßen in mir drin,
entfachte der Weltbrand in Dir,
befehle ich meiner Armee, alles zu tun,
so schriest zu den Himmeln Du,
um es wieder zum Schweigen zu bringen,
zu wehren des Flammenheers Derbnis.
Und nährtest der Sehnsucht Herzensglut Du,
und das Chaos ausbricht in mir drin,
so drohte auch schon der Flammen Verheerung,
schicke ich meine Soldaten los,
und decktest erstickend den Mantel des Schweigens
um es wieder zum Schweigen zu bringen,
zu wehren des Flammenheers Derbnis.
es geknebelt, gebrochen ist und weggesperrt,
zu bänd’gen, zu begrenzen des Feuers wütenden Raub,
und endlich gehorcht mein armes Herz.
gefügig zu machen des Herzens verzehrender Flamm‘.
und stürztest erhabenen Himmelsbau,
du stutztest des kühnen Flügelschlags bläulicher Hoffnung,
machtest welk der Erinn’rung Blumengekränze
und stumm der Leier süßes Gelaute,
wahrtest die Grenzen des Reichs deiner Liebe!
Du flautest der Liebe milder Winde, des Herzens Gespielinnen,
gebotest der Leidenschaft Stürme gar Einhalt,
und meidend des Wimpernschlags Scheue
stähltest den Blick du Dir, den einst zartschmelzen,
des Herzens Regentschaft sei Dein nun allein!
des Herzens Regentschaft sei Dein nun allein!
Und nährtest der Sehnsucht Herzensglut Du,
so drohte auch schon der Flammen Verheerung,
und decktest erstickend den Mantel des Schweigens
über des Herzens wildlodernder Flamm‘.
Wenn immer der Sehnsucht Glut aufglimmte,
entfachte der Weltbrand in Dir,
so schriest zu den Himmeln Du,
zu wehren des Flammenheers Derbnis
zu bänd’gen, zu begrenzen des Feuers wütenden Raub,
gefügig zu machen des Herzens verzehrender Flamm‘.
Erduldend stemmt auch der Hoplit wehrhaft den Schild,
und rammt ihn in feindische Reihen bis der Schritt ihn ermattet.
Entschlossen gefurcht ist die Stirn mit ehernem Willen,
im Kriegsmarsch blind um sich schlagend
und selbst sich dabei gar vergessend.
Es bedarf einer Kriegslist nur, für die steinerne Festung,
ein Einlasstor für ein einströmendes Heer,
ein hölzernes Pferd hinter sicheren Mauern
und Feuerbrunst walzt über Troja hinweg,
reisst nieder den Prunk der Palläste,
und aschet den Glanz der Häuser und Straßen.
Und nährtest der Sehnsucht Herzensglut Du,
so drohte auch schon der Flammen Verheerung,
und decktest erstickend den Mantel des Schweigens
über des Herzens wildlodernder Flamm‘.
Wenn immer der Sehnsucht Glut aufglimmte,
entfachte der Weltbrand in Dir,
so schriest zu den Himmeln Du,
zu wehren des Flammenheers Derbnis.
Und nährtest der Sehnsucht Herzensglut Du,
so drohte auch schon der Flammen Verheerung,
und decktest erstickend den Mantel des Schweigens
zu wehren des Flammenheers Derbnis.
zu bänd’gen, zu begrenzen des Feuers wütenden Raub,
gefügig zu machen des Herzens verzehrender Flamm‘.
20 Oktober 2012 | |
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Die Kapelle (0:07)
Ludwig Uhland (1787 – 1862)
Droben stehet die Kapelle,
Schauet still ins Tal hinab.
Drunten singt bei Wies und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab.
Traurig tönt das Glöcklein nieder,
Schauerlich der Leichenchor.
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht empor.
Droben bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten in dem Tal.
Hirtenknabe, Hirtenknabe!
Dir auch singt man dort einmal.
Das Schloss am Meere (2:55)
Ludwig Uhland (1787 – 1862)
»Hast du das Schloss gesehen,
Das hohe Schloss am Meer?
Golden und rosig wehen
Die Wolken drüber her.
Es möchte sich niederneigen
In die spiegelklare Flut.
Es möchte streben und steigen
In der Abendwolken Glut.«
»Wohl hab ich es gesehen,
Das hohe Schloss am Meer,
Und den Mond darüber stehen
Und Nebel weit umher.«
»Der Wind und des Meeres Wallen,
Gaben sie frischen Klang?
Vernahmst du aus hohen Hallen
Saiten und Festgesang?«
»Die Winde, die Wogen alle
Lagen in tiefer Ruh.
Einem Klagelied aus der Halle
Hört ich mit Tränen zu.« –
»Sahst du oben gehen
Den König und sein Gemahl?
Der roten Mäntel Wehen,
Der goldnen Kronen Strahl?
Führten Sie nicht mit Wonne
Eine schöne Jungfrau dar?
Herrlich wie eine Sonne,
Strahlend im goldenen Haar?«
»Wohl sah ich die Eltern beide,
Doch ohne der Kronen Licht.
Sah sie im Trauerkleide –
Die Jungfrau sah ich nicht.«
Die Rache (5:21)
Ludwig Uhland (1787 – 1862)
Der Knecht hat erstochen den edlen Herrn.
Der Knecht wäre selber ein Ritter gern.
Er hat ihn erstochen im dunklen Hain
Und den Leib versenket im tiefen Rhein.
Hat angelegt dessen Rüstung blank,
Auf des Herren Ross sich geschwungen frank.
Und als er sprengen will über die Brück,
Da stutzet das Ross und bäumt sich zurück.
Und als er die güldnen Sporen ihm gab,
Da schleuderts ihn wild in den Strom hinab.
Mit Arm, mit Fuß er rudert und ringt.
Der schwere Panzer ihn niederzwingt.
Des Sängers Fluch(t) (7:36)
Heinz Erhardt (1909 – 1979)
frei nach Ludwig Uhland,
dem Erfinder der gleichnamigen Straße
Der Ritter sprach zum Knappen Heiner:
»Nanu, da draußen singt ja einer?!
Gib ihm zwei Groschen, und er möge
Bald sehen, dass er weiterzöge!
Und sag ihm, dass hier niemand wohne,
Für den zu singen es sich lohne!«
Der Knappe tat, wie man befahl.
Da trat der Sänger in den Saal,
Warf ihm die Groschen ins Gesicht:
»Den Dank, Herr Ritt, begehr ich nicht!
Du bist ein Geizhals! Bist verrucht!«
Und ging. Das war des Sängers Fluch(t).
Moral:
Man gebe Sängern für die Lieder
Nie zu viel Geld. Sonst kommse wieder.
Frühlingsglaube (9:12)
Ludwig Uhland (1787 – 1862)
Die linden Lüfte sind erwacht.
Sie säuseln und weben Tag und Nacht.
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag.
Man weiß nicht, was noch werden mag.
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal!
Nun, armes Herz, vergiss die Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.