Lyrik ~ Klinge
    Versuch einer Dichtung            

28 
 Juli 
 
2017


 

Der Grabstein gelebter Güte

 
Musik
Ludwig van Beethoven [1]Klavierkonzert Nr. 5, Op. 73, II. Adagio

[ Bemerkung zum Text ] [2] Ich distanziere mich explit zu Bezügen aus meinem privaten Umfeld, die rein zufällig wären und der Text darüberhinaus dem Jahre 1999(?) entstammt. Lediglich die Verortung im Gedichtezyklus “Mnemosynes Geleit” war angedacht.

Orpheus’ Trost

Im tanzenden gleisen Morgenlichte
des munteren Lebenstaumels
schimmert silberner Inschrift
kühl der Marmor:

Heil der schönen Trösterseele,
dein wahrer Glanz verblasset nie!

Dein Erdenstreif umging den Pfad
der unbeschwerten Sinneslust,
beschritt getreu den Dornenweg,
den schmalen Steig der Tugendlast.


Allzu früh im Jugendgarten
flammte dir der Toteninsel
Fackelruf! Ein köstlich Los ward
dir zuteil, der Götter Liebling,
die treu die Ihren im Schoße empfangen.

Wohlan, Teure, Morpheus’ Lager rufet dich,
hebe dich getrost in Charons sich’ren Kahn!

* * *

Eines Wanderers forschendes Auge
streifet über die flüsternden Lettern
und wieget bedächtig das Herz.

Der stählerne Blick, er zerbricht
und schmilzt bestürmt zur Tränensaat.

Die heilige Erde,
benetzt von dem salzigen Kleinod,
sie atmet und haucht der Verstorbenen Geist
mit rankem Bemüh’n in das Ohr:

„Siehe,
wie rings umher auf lichtgeschwellter Heide
der reichen Apfelbäume Blütenschar
an Helios’ Liebesstreiche sich erlabt,
dass jedes weilend Auge sich
mit trunk’nem Sinn daran erfreuet.

Auch dieses Schmuckgewande welkt,
entweicht und muss entweichen höher’m Glücke,
das waltende Zepter dazureichen
der eigentlichen Segensfrucht.

Wenn des Samens fahle Hülle nicht erstirbt,
vermag der Spross aus ewigem Schattenreiche
nimmer sich erheben.

Es ziert der Venus wahre Gunst,
wenn flücht’ger Dunst der nieder’n Kunst
entflieht und Schönes Schöneres gebiert.“
→ zu Mnemosynes Geleit
Eherne Welt

Fußnoten[+]

 
 
3 
 Juni 
 
2016

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Lutz Görner lädt uns zu einer literarischen Reise ein

 

Die wilden Gänse (1:15)
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Ihr wilden Gänse habt es gut,
Ihr ziehet frei und wohlgemut
Von einem Strand zum andern Strand
Durchs ganze liebe deutsche Land.

Uns zahmen Menschen gehts nicht so:
Wir reisten gern auch frei und froh
Ununtersucht und unbekannt
Durchs ganze liebe deutsche Land.

Kaum sind wir aber fort von Haus,
So muss auch schon der Pass heraus.
Wir werden niemals sorgenfrei
Vor lauter Maut und Polizei.

O dass doch einer es erdenkt,
Wie man den Luftball sicher lenkt!
Hier hört nicht auf die Hudelei –
Nur in den Lüften sind wir frei.

Mein Vaterland (2:50)
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Meine Liebe, du mein Vaterland,
Wie könnt ich dein vergessen!
Ich weiß, was du mir bist,
Wenn auch die Welt ihr Liebstes
Und Bestes bald vergisst.
Ich sing es hell und ruf es laut:
Mein Vaterland ist meine Braut!
Wie könnt ich dein vergessen!
Ich weiß, was du mir bist.

Wie könnt ich dein vergessen!
Dein denk ich allezeit!
Ich bin mit dir verbunden,
Mit dir in Freud und Leid.
Ich will für dich im Kampfe stehn,
Und sollt es sein, mit dir vergehn.
Wie könnt ich dein vergessen!
Dein denk ich allezeit.

Wie könnt ich dein vergessen!
Ich weiß, was du mir bist,
So lang ein Hauch von Liebe
Und Leben in mir ist.
Ich suche nichts als dich allein,
Als deiner Liebe wert zu sein.
Wie könnt ich dein vergessen!
Ich weiß, was du mir bist.

Treue Liebe bis zum Grabe
Schwör ich dir mit Herz und Hand.
Was ich bin und was ich habe,
Dank ich dir, mein Vaterland!

Nicht in Worten nur und Liedern
Ist mein Herz zum Dank bereit,
Mit der Tat will ich erwidern
Dir in Not, in Kampf und Streit.
Treue Liebe bis zum Grabe
Schwör ich dir mit Herz und Hand.
Was ich bin und was ich habe,
Dank ich dir, mein Vaterland!

Das Lied der Deutschen (5:42)
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt,
Wenn es stets zu Schutz und Trutze
Brüderlich zusammenhält.
Von der Maas bis an die Memel,
Von der Etsch bis an den Belt –

Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten schönen Klang.
Uns zu edler Tat begeistern
Unser ganzes Leben lang –

Einigkeit und Recht und Freiheit
Für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
Brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
Sind des Glückes Unterpfand –
Blüh im Glanze dieses Glückes,
Blühe, deutsches Vaterland!

Gründers Mittagslied (1:15)
Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874)
Ich bin ein Gründer, froh und frisch,
Schon heute setz ich mich zu Tisch,
Als dürft ich weiter mich nicht quälen,
Als meine Zinsen nur zu zählen.

Gottlob, ich weiß mir selber Rat,
Nichts soll mich kümmern, Stadt noch Staat:
Dem Gründerleben treu ergeben,
Verschaff ich mir ein würdig Leben.

Was gehet das Verdienst mich an?
Nur der Verdienst ist doch mein Mann:
So flecht ich mir zum eignen Lohne
Aus Aktien eine Bürgerkrone.

 
 
19 
 März 
 
2016


 

Ich habe dich gewählt
Unter allen Sternen.

Und bin wach – eine lauschende Blume
Im summenden Laub.

Unsere Lippen wollen Honig bereiten,
Unsere schimmernden Nächte sind aufgeblüht.

An dem seligen Glanz deines Leibes
Zündet mein Herz seine Himmel an –

Alle meine Träume hängen an deinem Golde,
Ich habe dich gewählt unter allen Sternen.

 

Dichtung Else Lasker-Schüler
Lesung Donata Höffer